Radfahren/Reiten auf niedersächsischen Waldwegen

Ich würde gerne mal disktutieren wie ihr das niedersächsische Landeswaldgesetz (NWaldLG) bzgl. Radfahren interpretiert.

§25 NWaldLG

(1) Das Fahren mit Fahrrädern ohne Motorkraft und mit Krankenfahrstühlen mit Motorkraft ist auf tatsächlich öffentlichen Wegen gestattet. Tatsächlich öffentliche Wege sind private Straßen und Wege, die mit Zustimmung oder Duldung der Grundeigentümerin, des Grundeigentümers oder der sonstigen berechtigten Person tatsächlich für den öffentlichen Verkehr genutzt werden; dazu gehören Wanderwege, Radwege, Fahrwege (Absatz 2 Satz 2), Reitwege und Freizeitwege (§ 37).

(2) Außerhalb von Fahrwegen ist das Fahren mit Kraftfahrzeugen sowie mit von Zugtieren gezogenen Fuhrwerken oder Schlitten nicht gestattet. Fahrwege sind befestigte oder naturfeste Wirtschaftswege, die von zweispurigen nicht geländegängigen Kraftfahrzeugen ganzjährig befahren werden können. Das Fahren mit den in Satz 1 genannten Fahrzeugen auf Fahrwegen wird durch dieses Gesetz nicht geregelt.

§26 Reiten

(1) Das Reiten ist auf gekennzeichneten Reitwegen und auf Fahrwegen (§ 25 Abs. 2 Satz 2) gestattet. Die Gestattung erstreckt sich nicht auf Fahrwege, die durch Beschilderung als Radwege gekennzeichnet sind.

ich lese daraus:
Radfahren ist im nds. Wald nur erlaubt

auf “tatsächlich öffentlichen Wegen”: Das sind:

  • Radwege, Wanderwege, Reitwege und Freizeitwege sowie
  • Fahrwege, das sind breite naturfeste oder befestigte Wege (quasi tracktype 1-3)

Reiten ist nur auf Fahr- oder Reitwegen erlaubt.

Woran erkennt man “tatsächlich öffentliche Wege” (insbesondere die Rad- Wanderwege, Freizeitwege)?

Hier haben z.b. die Gemeinden im Deister bekanntgegeben:
Erlaubte Nutzung der Wege im Deister | Stadt Barsinghausen

Die tatsächlich öffentlichen Wege sind im Deister durch entsprechende Schilder gekennzeichnet. Liegt keine Kennzeichnung vor, handelt es sich nicht um einen tatsächlich öffentlichen Weg. Somit ist eine Nutzung auch nicht erlaubt.

Wie ist das sonst so in Niedersachsen?

Wie erfasst man die Pfade die nicht befahren/beritten werden dürfen?
path/track mit bicycle=no, horse=no oder falls path gleich footway?

Zusammenfassung der gefundenen Reglungen hier:
Radfahren/Reiten auf niedersächsischen Waldwegen - #93 by Langlaeufer

Beides halte ich für legitim. Ich würde highway=footway bevorzugen.

1 Like

Ganz allgemein war ich bisher immer der Auffassung, dass (unbefestigte) Wege in einem Wald “niemals” highway=footway sein können bzw. sollen. Ähnlich war das doch auch um die internationale Diskussion zu highway=path und highway=cycleway. Bei den mittlerweile unendlichen vielen Themen zu path generell finde ich ihn auf die schnelle nicht mehr.
Aus dem Kopf heraus ging es darum, dass ein perfekt asphaltierter Radweg mit gefühlt 6 Meter breite auf gar keinen Fall path sein darf, weil man sich darunter ausschließlich Singletrails im Wald vorstellt.

Im englischen Wiki zu footway heißt es

Footways tend to be constructed and either paved or with smooth surface (compacted, wood or similar). The elderly and small children and quite often also wheelchair users can use them with ease. They tend to be in urban settings, but not always.

Paths kept mainly by the fact of people walking on them or paths that are only minimally constructed are usually tagged as highway=path. Their surface might be uneven (typically ground) and one might need to be physically fit and situationally aware to use them. They tend to be located outside of urban environment.

Im deutschen heißt es

Ihr Vorhandensein wird durch entsprechende Beschilderung oder durch die bauliche Gestaltung (insbesondere im Fall von Gehsteigen) erkennbar. Gehwege befinden sich meist innerhalb geschlossener Ortschaften, teilweise auch außerorts z.B. in Parks und Freizeiteinrichtungen.

Ich habe in meinen OSM Anfängen des Öfteren highway=footway in Wäldern zu highway=path umgeändert - genau aus dem oben genannten Verständnis. Das mag aber auch durchaus falsch gewesen sein :person_shrugging:

Da haben wir ja in Deutschland auf jeden Fall eine andere Auffassung, weil wir path als generellen Mehrzweckweg, der für die Nutzung durch mehrspurige Kfz nicht geeingnet oder zugelassen ist interpretieren und nicht als Trampelpfad, Wanderweg oder Singeltrail.

Im englischen Wiki zu footway heißt es “Footways tend to be constructed”

Gegen die kürzliche Einführung dieser Passage hatte ich auch protestiert, weil die Häufigkeit der Tags im Datensatz hängt auch der Verbeitung der Wegetypen ab, und das sagt nichts über die legitime Verwendung von approved Tags aus.

Aber auch ich würde bei Singeltrails und Trampelpfaden eher immer zu path tendieren, notfalls mit access=no + foot/bicycle/horse=yes

1 Like

Weil es da unterschiedliche Auffassungen gibt, schrieb ich auch, dass beides legitim ist. Zum Glück haben wir Tags wie width, surface, traffic_sign, lit etc., mit denen man die Wege genauer beschreiben kann und access-Tags für die rechtlichen Einschränkungen und Gebote. Damit ist der highway-Wert nicht mehr so relevant.

1 Like

Unbedingt, deshalb hatte ich auch betont, dass die Diskussion international war :slight_smile:

Faktisch wohl nicht falsch, sieht access=no + F/B/H/...=yes in den meisten Karten und Editoren einfach falsch aus. Bin mir auch gerade unsicher wie das StreetComplete annimmt, ich glaube access~private|no wird immer ignoriert. Komoot zeigt ein großes Verbotsschild auf dem Weg, JOSM eine gelb/rot markierte Linie - sieht immer aus wie ein Flatterband :slight_smile:
highway=path + vehicle=no + horse=no braucht mehr Tags, halte ich aber für optimaler.

1 Like

Auf highway=path wird es immer ignoriert.

Code (Zeile 3)
ways with highway ~ ${prefs.getString("${questPrefix(prefs)}qs_${name}_highway_selection", HIGHWAY_TYPES)}
        and segregated != yes
        and access !~ private|no
        and (!conveying or conveying = no)
        and (!indoor or indoor = no)
        and (
          !surface
          or surface ~ ${INVALID_SURFACES.joinToString("|")}
          or (
            surface ~ paved|unpaved
            and !surface:note
            and !note:surface
            and !check_date:surface
          )
          or surface older today -8 years
        )
        and ~path|footway|cycleway|bridleway !~ link

Bei highway=footway (natürlich) nur wenn ohne foot:

Code
ways with (
          highway = footway
          or highway = path and foot != no
          or (highway ~ cycleway|bridleway and foot and foot != no)
        )
        and segregated = yes
        and !(sidewalk or sidewalk:left or sidewalk:right or sidewalk:both)
        and (
          !footway:surface
          or footway:surface ~ ${INVALID_SURFACES.joinToString("|")}
          or (
            footway:surface ~ paved|unpaved
            and !footway:surface:note
            and !check_date:footway:surface
          )
          or footway:surface older today -8 years
        )
        and (
          access !~ private|no
          or (foot and foot !~ private|no)
        )
        and ~path|footway|cycleway|bridleway !~ link
1 Like

Ich halte es für müßig, jetzt in diesem Thread darüber zu diskutieren, ob wir Waldwege als path oder footway erfassen, solange die daraus resultierenden access-Tags stimmen.
Es sollte vielmehr darum gehen, ob die Interpretation von @Langlaeufer korrekt ist. Das würde durchaus eine ganze Menge arbeit bedeuten, weil vermutlich die meisten Waldwege (vor allem Trampelpfade) einfach nur highway=path haben, ohne zusätzliche Access-Tags.

2 Likes

Der Gesetzgeber hat hier, wie so oft, einen gewissen Interpretationsspielraum gelassen. Der Begriff ist nicht definiert, man muss also tief graben und entsprechende Urteile finden, in denen eine Klage die Terminologie in Frage gestellt hat. Je höher das Gericht, desto besser :wink:

Der BGH hat vor über 60 Jahren klargestellt:

Ein Weg ist - ohne Rücksicht auf die Eigentumsver­hältnisse oder eine verwaltungsrechtliche Widmung i.S. des öffentlichen Wegerechts - Öffentlich i.S. des Verkehrs­rechts, wenn er entweder ausdrücklich oder mit still­schweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jeder­mann zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird.

Entgegen der Meinung der Revision genügt der tatsächliche Zugang für die Allgemeinheit allein nicht als Voraussetzung für die Bewertung eines Weges als eines öffentlichen. Hinzukommen muß die Zweckbestimmung zum öffentlichen Weg durch den Verfügungsberechtigten, die auch in einer stillschweigenden Duldung einer tatsächlich erfol­genden Benutzung durch die Allgemeinheit erblickt werden kann. Hieran hat es aber nach der Darstellung des Beru­fungsgerichts gefehlt, das ausdrücklich eine begrenzte Zweckbestimmung und eine Benutzung des Weges lediglich als Grundstücksausfahrt feststellt.

Nur tangierend, da Bayern, wurde in Bay. VollzBek-StVO AllMBl 1991, 650 festgestellt:

Forststraßen, auch wenn sie Privatstraßen sind, unterliegen in aller Regel dem Straßenverkehrsrecht, weil sie tatsächlich einem unbegrenzbaren Personenkreis (wenn auch zum Teil nur in beschränkter Weise) zur Benutzung offen stehen.

Konkreter wird es dann mit einem Urteil des VG Braunschweig (Niedersachsen) vom 18.02.2004 - 6 A 586/02

Ein Weg oder Wegstück ist als tatsächlich öffentlicher Weg anzusehen, wenn der Verkehrsgrund mit ausdrücklicher Billigung oder stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten von einem nicht näher bestimmten Personenkreis genutzt wird, ohne dass der Verfügungsberechtigte Vorsorge getroffen hat, dass nur ein beschränkter Kreis von Personen Zutritt erhält (vgl. OVG Nordrh.-Westf., Beschl. vom 04.08.1999, NJW 2000, 602; Sauthoff, aaO.).

Ergänzung: Das OVG Niedersachsen geht in 4 LB 63/14 noch weiter und meint “dass ein Waldeigentümer tatsächlich öffentliche Wege nach jahrelanger Duldung nicht mehr beliebig sperren könne.”
Aussagen wie “nicht unerheblich erschwert worden”, “[nicht] schwerer zu befahren sei”, “ungesperrten Weg weiterhin möglich” oder “keine Schikane darstellen dürfe” erweitern die bereits beschriebene Definition um wichtige Faktoren.


Interpretation ist bekanntlich subjektiv. Nach meiner Auffassung ist ein Weg “tatsächlich öffentlich”, wenn er für jedermann zugelassen ist und diese Nutzung geduldet wird. Der bloße physische Zugang reicht nicht aus – entscheidend ist die stillschweigende oder ausdrückliche Zustimmung des Eigentümers.

Das dürften also alle Wege sein, die über lange Zeit von der Allgemeinheit, also Wanderern, Radfahrern oder anderen Waldnutzern, genutzt wurden und bei denen der Eigentümer dies wissentlich duldet.
Wenn ein Eigentümer jedoch Schilder aufstellt oder Maßnahmen trifft, um die Nutzung einzuschränken, wäre dies ein Hinweis darauf, dass der Weg nicht tatsächlich öffentlich ist. Solche Maßnahmen wären auch Schranken oder angebrachte Nutzungshinweise. Im Prinzip würde ein handschriftlicher Zettel in einer Klarsichtfolie ausreichen.

Die Konkretisierung von nachweislich tatsächlich öffentlich dürften damit jegliche Gebotsschilder, Karten oder offizielle Aussagen von Gemeinden sein. Der Graubereich umfasst jegliche unbeschilderte Wege, die wie oben beschreiben, “regelmäßig” von der Allgemeinheit genutzt werden und wo keine Einschränkungen erkennbar sind.
Argumentativ wäre man hier in einer Position, dass man als Nutzender eines Weges, davon ausgehen kann, dass solange keine Sperrmaßnahmen bestehen, ein Weg öffentlich sein muss bzw. die öffentliche Nutzung geduldet wird.

1 Like

Das ist sehr weit gefasst. Die Frage wäre ob die Aufzählung im NWaldLG nur beispielhaft oder bzgl. “tatsächlich öffentliche Wege” vollumfänglich ist.

Tatsächlich öffentliche Wege sind private Straßen und Wege, die mit Zustimmung oder Duldung der Grundeigentümerin, des Grundeigentümers oder der sonstigen berechtigten Person tatsächlich für den öffentlichen Verkehr genutzt werden; dazu gehören Wanderwege, Radwege, Fahrwege (Absatz 2 Satz 2), Reitwege und Freizeitwege.

Nach meinem Verständnis nur beispielhaft, vor allem wegen der Formulierung “dazu gehören” im letzten Satz.

1 Like

Ohne konkretes Urteil schwer einzuschätzen.
Eine eindeutig nicht abschließende Aufzählung (also beispielhaft) enthält in deutschen Gesetzen und Verordnungen i.d.R. ein Wort wie “dazu gehören auch” oder “dazu gehören insbesondere

Genausogut ließe sich interpretieren, dass diese Formulierung eine (abschließende?) klarstellende Erweiterung zu unstrittig geltenden tatsächlich öffentlichen Wegen darstellt.

2 Likes

Unbestritten. Welche Antwort gibt im Jurastudium am meisten Punkte in der Klausur? “Es kommt darauf an”

Bei der grammatikalischen Auslegung des Textes deutet für mich das “dazu gehören” auf eine Untermenge von etwas hin. Einschließende Formulierungen hätten sein können “sind ausschließlich” oder “definiert als” oder “umfassen nur” etc. Das schließt für mich auf eine nicht abschließende Aufzählung hin.

Wenn der Gesetzgeber etwas nicht offen lassen will, dann verwendet er das Wort “sind” also “tatsächlich öffentliche Wege sind …”.
Des Weiteren definiert § 25 Abs. 1 NWaldLG diese “tatsächlich öffentliche Wege” über die tatsächliche Nutzung und Duldung durch den Eigentümer – unabhängig von einer bestimmten Wegkategorie. Die Aufzählung folgt erst danach, was eher auf eine Konkretisierung als eine exklusive Definition schließen lässt. Andernfalls würde die nachträgliche Aufzählung den ersten Satz untergraben.

Aber unabhängig der Definition der Aufzählung bedeutet es juristisch nicht automatisch, dass etwas einen bestimmten Zustand hat, nur weil es nicht explizit aufgezählt wird. Ansonsten gäbe es keine OLG oder VG-Urteile, die die Definition von “tatsächlich öffentlichen Wegen” behandelt hätten.
Die tatsächliche Nutzung durch die Allgemeinheit ist entscheidend, nicht die formale Kategorisierung des Weges.

Ich verstehe die Aufzählung eher als Orientierung und nicht als Einschränkung. Aber wir könnten eine gofundme-Aktion daraus machen und es einfach mal darauf ankommen lassen :wink:

Ein bisschen lockere Lektüre, ohne juristischen Anspruch – dafür aber auch aus der “gegnerischen” Perspektive: Vorfahrt auf Forstwegen | Parey Jagdausbildung

Openstreetmap Good Practice:
Erfasse keine Vorschriften, die nicht durch Gegenstände vor Ort repräsentiert werden

Also, keine Schilder vor Ort → keine Einschränkungen

Ich finde das schon krass von der Stadt Barsinghausen, mittels irgeneiner Verordnung, die vor Ort niemand einsehen kann, alle Wege ohne Beschilderung zu sperren.

Das funktioniert aber nur, wenn der access sich aus der Wegeart schließen lässt. Sonst müsstest man zusätzlich “tatsächlich_öffentlich”=yes/no erfassen.

Die internationale Formulierung liest sich da deutlich anders.
Good practice - OpenStreetMap Wiki

Das funktioniert nicht. Auf einem Gehweg an der Straße darf man auch bei fehlendem 239 nicht mit dem Rad fahren oder Reiten.

Es geht hier um Waldwege. Da würde ich aus der Wegart und dem allgemeinen Betretungsrecht erst mal schließen, dass da auf jeden Fall Fußgänger und Radfahrer berechtigt sind. Ausnahmen müssen dann halt explizit beschildert werden.
Wenn wir da jetzt anfangen, alle möglichen schwammigen Bekanntmachungen und lokale Verordnungen von Städten, Kreisen usw. zu mappen, wird das kein Ende finden. Wer will das alles nachhalten?!

Das Beispiel im internationelen WIki passt hier mMn nicht ganz. Da geht es um landesweite gesetzliche Regelungen.

Das ist auch gesetzlich geregelt und jedes Mal explizit mappen wirst Du das sicher auch nicht, oder?

Radfahrer sind durch das allgemeine Betretungsrecht eben nicht unbedingt abgedeckt. Die dürfen nur auf tatsächlich öffentliche Wege und was das in Niedersachsen ist, das versuchen wir gerade herauszubekommen (insbesondere für unbefestigte Wege und Pfade).

§23

(1) Jeder Mensch darf die freie Landschaft (§ 2 Abs. 1) betreten und sich dort erholen. Dieses Recht findet seine Grenze in einer für die Grundbesitzenden unzumutbaren Nutzung, insbesondere durch öffentliche Veranstaltungen oder eine gewerbsmäßige Nutzung.

(3) Betreten im Sinne dieses Gesetzes ist das Begehen, das Fahren in den Fällen des § 25 Abs. 1 und das Reiten.