Zweite Meinung gefragt - Stichwort: Micromapping und Überschneidungen

Ich habe die Diskussion mit Interesse verfolgt und denke, dass es bezüglich der Einbindung von Verkehrswegen in residential (oder andere landuse) areas keinen Konsens geben kann, da die Definitionen nicht eindeutig genug voneinander abgegrenzt sind. Laut Wiki dient der landuse Key dazu

Einen primary use kann es nur einmal geben, nicht mehrfach. Ein Gemeindegebiet, dass “primary humans for residential use” dient, ist in der Gänze nach dieser Definition landuse=residential. Das beinhaltet alle Einrichtungen, die dem residential use dienen, und dazu gehören auch Gärten, Garagen, Kindergärten, Schulen, einzelne Geschäfte, Spielplätze und Anliegerstraßen samt Parkplätzen. Laut OSM Regelwerk steht es jedem Mapper frei, jedes einzelne Grundstück aus der residential area auszuschneiden und einen anderen landuse zuzuteilen, aber ob das einen Mehrwert für die Qualität der Geodaten bringt? Einige Mapper sind dieser Meinung, andere nicht. Daran wird sich nicht ändern, solange es keine absolut verbindliche Regel dazu gibt.

Dasselbe gilt m.E. für die Anliegerstraßen. Sie können sicher Bestandteil der residential areas sein, aber auch überörtliche Bedeutung haben. Ist auch ein Landsträßchen, das weder Bundes- noch Landes- oder Kreisstraße ist, eine Durchgangsstraße, die definitiv nicht zur residential area gehört? Wenn Sie in beiden Richtungen mit anderen Orten verbindet, vermutlich schon. Und ein Nebensträßchen, das durch ein Wohngebiet führt und dann am Friedhof vorbei über die Felder zum Nachbarort (früher ein sogenannter Schleichweg, aber so etwas gibt es ja in Zeiten den gnadenlosen Routings kaum noch)? Und wenn die Anliegerstraße am Ortsrand das bebaute Gebiet von einer Schrebergartenanlage trennt, wohin gehört die Straße dann? Verbindliche Regeln dafür sucht man im Wiki vergeblich.

Vermutlich bringt auch das Ausschneiden dieser Straßen aus den residential areas keinen Mehrwert für die Datenqualität, aber es bringt m.E. auch keinen Minderwert. Orientiert man sich an den von dieterdreist angeführten Katasterplänen, die zumindest in Deutschland als amtlich Darstellung der Flächennutzung angesehen werden können, sind Verkehresflächen in bebauten Gebieten immer und m.W. ohne Ausnahme aus den bebauten Flächen ausgeschnitten (wie im Normalfall auch alle Arten von Wasserwegen). Was spricht dagegen, es in OSM genauso darzustellen? Meine Meinung: Muss nicht aber kann schon.

Hallo Quaternion, vielen Dank für die Einladung. So etwas ist mir hier noch nie untergekommen, die kann ich also nicht ausschlagen.

Vorweg, wenn du mich also fragst: “Möglichst hoher Detailgrad” kann nie die primäre Aufgabenstellung sein, wenn dann “der Sache dienlichem Detailgrad”. Detailgrad ist nie Selbstzweck. Bleibt offen, was “Sache” ist: Ein Interesse, das zum Mappen anregt, ganz grob gesagt.

Oben seh ich zwei Luftbilder mit überlagerten OSM Daten. Als erstes fällt auf, dass der Umriss vom Acker links im unteren mit mindestens zehnmal so vielen Knoten gezeichnet wurde. Wenn das Interesse also das ist, die OSM Standardansicht in Zoom 17 aufwärts dem Luftbild ähnlicher zu machen, dann ist die Aufgabe “möglichst hoher Detailgrad” nur im unteren erfüllt. Für die mir bekannten Anwendungen, Navigation, Orientierung usw. erfüllt die obere Erfassung die Anforderung “dienlicher Detailgrad”.

Auffällig ist noch, dass das Maisfeld oder was das ist weder im einen noch im andren von der Brache daneben unterschieden wird. Alles Farmland?

Was zum Kern der Frage führt: Wenn ich das antreffe, und da ist nur ein “farmland” über den ganzen Ausschnitt mit ein paar Straßen und Baumreihen drauf, dann würde ich nichts ändern. Wenn ich das antreffe so wie es ist auf einem der beiden Bilder, ich würde nichts ändern. In die Verlegenheit, so etwas zu erfassen bin ich nie gekommen. Das ist hier alles schon vor zehn Jahren passiert. Wenn es zu Änderungen vor Ort gekommen ist, dann passe ich Aktualisierungen an den “Stil” an, der vorherrscht, solange das nicht heißt Punkte scheißen wie die Geiß Gageln.

Und zur Antwort auf die Frage führt: Die Lücken dürfen bleiben. Die mit Grasland füllen wäre meines Erachtens falsch.

Das ging noch viel weiter zu reinem Karte bunt anmalen, wie 1m breite Grünstreifen als amenity=school etc
https://pewu.github.io/osm-history/#/way/347375585

Wenn Verkehrsflächen wegen ein wenig grün neben der Fahrbahn großflächig als Rasen ausgegeben werden, ist das mMn. aber nichts viel anderes

Ganz herzlichen Dank für den Hinweis! Die Möglichkeit, verschiedene Kartenmalstile auswählen zu können, hatte ich über die Jahre komplett vergessen und bei der Gelegenheit hab ich auch gleich noch den Schalter für den Expertenmodus entdeckt.

Ebenfalls danke hierfür und für die darauffolgende ausführliche Darlegung deiner Sichtweise. Das ist genau der Stoff zum Nachdenken, den ich mir gewünscht hatte.

ob es mehrere primary landuses geben kann ist nicht ganz klar, es wäre m.E. durchaus denkbar in manchen Fällen. Lass uns nicht vergessen dass “land” immer nur einmal besteht (zumindest nach gegenwärtiger Rechtslage, es gab auch schon Vorschläge für 3D-Parzellen), darauf können aber mehrere Gebäude stehen, und die Gebäude haben oft mehrere Stockwerke, wo durchaus komplett Unterschiedliches stattfinden kann.

Dass “Gemeindegebiet” nicht die Einheit ist, auf die man sich mit landuse bezieht, ist ziemlich klar anhand der Struktur der bisherigen Daten, auch wenn das theoretisch denkbar wäre, so wie die Wikidefinition geschrieben ist (d.h. dann wäre alles residential, das ganze Land, richtig? oder vestehe ich den Begriff Gemeindegebiet hier falsch?).

Dass “residential” nur Flächen betrifft, die tatsächlich dem Wohnen dienen, und nicht solche, die irgendwie damit in Zusammenhang stehen, halte ich auch für die einzig sinnige Interpretation. Sonst wären die Kindergärten und Schulen in mehreren primary landuses (residential und educational), und Geschäfte wären immer residential weil sie was verkaufen das irgendwie mit Wohnen zusammenhängt, vor allem aber Matratzenläden (Schlafzimmer) und Küchenstudios (Küche), Einrichtungshäuser und Elektronikläden (Wohnzimmer) und natürlich auch Supermärkte (ohne Nahrung kann man nicht wohnen), und selbst Bekleidungsläden (oder willst Du nackt wohnen?).
Was ich zeigen will: das führt zu nichts, wenn man diese Flächen auf denen explizit nicht gewohnt wird, dem Wohnen zuschlägt, außer dazu dass man Wohnflächen nicht erkennen kann weil zu viel anderes dabei ist.

M.E. kann “primär” nur eine Nutzung sein, die zweite und dritte, die in der Praxis regelmäßig vorkommt, wäre dann schon “sekundär” und “tertiär”. So verstehe ich die Definition von landuse. Wenn ich ein zusammenhängend bebautes Areal mit sagen wir 50 Wohngebäuden habe und in 3 Gebäuden sind unten Läden drin, in einem Gebäude ist ein Kindergarten untergebracht und vielleicht gibt es auch noch eine Grundschule mitten drin, dann ist der “primary” use dieses Areals ohne Zweifel “residential”, jeder weitere wäre nur noch “secondary” oder darunter.

Das Grundstück auf dem die Schule steht, lässt sich mit amenity=school von den Wohngrundstücken unterscheiden, aber ich würde dieses Grundstück nicht aus dem landuse=residential ausschneiden und einen landuse=education zuordnen. Das letztere wäre für mich erst dann zutreffend, wenn ich ein größeres Areal mit Schul/Universitätsgebäuden und dazugehörenden Freiflächen habe, das wäre dann “primary” landuise=education und ein Gebäude auf diesem Gelände, in dem der Hausmeister wohnt, würde hier wiederum nicht ausschneiden und als landuse=residential taggen.

So verstehe ich die Ausführungen zu landuse im Wiki, wie z.B.

also dass landuse etwas großflächiges, dem kleinteiligen mappen übergeordnetes ist. Einen Mehrwert, landuse auf Ebene einzelner Grundstücke oder Teilen davon (z.B. als flowerbed) zuzuordnen, kann ich nicht erkennen.

Die Flächen für Verkehrswege unterscheiden sich von dem zuvor gesagten insofern, als dass sie selber große zusammenhängende Flächen darstellen, auch wenn diese nicht kompakt, sondern weit auseinandergezogen sind. Von daher könnte ich mir hier wesentlich eher vorstellen, diese grundsätzlich aus den landuse-areas der bebauten Flächen auszuschneiden. Aber eine zwingende Notwendigkeit sehe ich aktuell dafür nicht und geht auch so aus dem Wiki nicht hervor.

Eine Hervorhebung eingefügt

+10 - in jedem einzelnen Punkt

ebenfalls +1
Lasst uns doch eher zusehen, für kleinteiligen Kram wie flowerbed und grass und ähnliches ein eigenes Tagging zu finden.

Ich sehe da auch keine Notwendigkeit. Bisher haben sich weder
landuse=highway
noch
area:highway=*
wirklich durchgesetzt

Ersteres wäre zwar vergleichbar mit landuse=railway, ist aber m.E. nicht so einfach abgrenzbar, was nun alles zum Straßenraum gehören soll. Da haben wir auch hier schon verschiedene Denkansätze gelesen.

Wenn es jemand unbedingt mit dem deutschen Baurecht vergleichen will, dann sehe ich landuse=* etwa auf der Ebene eines Flächennutzungsplanes. Für feinere Unterscheidungen lassen sich für den Straßenraum das area:highway-Modell nutzen und für detailiertes Grundstücksmapping was anderes. Wobei bei place=plot eindeutig im wiki steht, dass OSM kein Kataster sein soll.

-1

mit 191 165 Verwendungen für area:highway kann man nicht wirklich sagen, daß es sich nicht durchgesetzt hat. Es ermangelt eher einem potenten Renderer. Auch wenn es die Straßenraumkarte Neukölln noch nicht direkt rendert, und es da weitere Unzulänglichkeiten gibt, zeigt dieser Ansatz, wo es perspektivisch hingehen wird…

Vergleiche auch https://forum.openstreetmap.org/viewtopic.php?id=74462&p=5

Sven

Ich widerspreche Dir nur ungern, aber wenn man die 190K in Relation setzt zu den weltweit 190 Mio “highway” tags, dann sind die area:highway aktuell doch eher noch etwas exotisches. Den Nutzen will ich keineswegs bestreiten, aber momentag dürfte sich der Anwendungsbereich primär auf die bis zum letzten Pflasterstein durchgemappten Großstädte beschränken. Auf dem Land, wo die meisten Straßen bisher noch nicht mal einen angehefteten Bürgersteig haben, ist das sicher noch kein Thema, was aber nicht heisst, dass es nicht irgendwann eins werden kann.

Streckenkundler, du tust dem Mammi Unrecht.

Der Vergleich mit Neukölln hinkt außerdem. Erstens, nicht überall steht Mapperfleiß dermaßen im Überfluss zur Verfügung. Zweitens, sarkastisch könnt ich anhängen, auch Fleiß allein reicht offensichtlich nicht, s.o.

Hm…

…schau mal über den deutschen Tellerrand hinaus und was sagst du dazu? https://overpass-turbo.eu/s/1fDh

Achtung es sind ein “paar” MB an Daten…

Wie ich schrieb, für mich ermangelt es lediglich an einem potenten Renderer… gute Luftbildqualität hat man…

Sven

@streckenkundler: Fleißarbeit offensichtlich eines Einzelnen. Beschränkt sich aktuell ausschließlich auf Fußwege und ist kombiniert mit hw=footway + area=yes, was dann a) doppeltgemoppelt ist (weil faktisch das gleiche wie area:highway und sowieso zusätzlich zu den linearen highway=footway) und b) Mapping für den Renderer, damit es auch auf der Standardkarte gerendert wird.

Außerdem schafft es neue Probleme:

Und das war nur mal schnell reingezoomt, ohne dass ich irgendwie danach gesucht habe.

Apropo “multipolygonitis extremismus”, weil Du ein so großer Freund davon bist: https://overpass-turbo.eu/s/1fDx mit Mehrfachverwendung von zerstückelten outer.
Das ist der Grund, warum ich in meiner Heimatstadt nicht mehr so viel gemappt habe, da konnte man nämlich fast nix mehr anfassen. Wobei, wenn ich das mal rückblickend vergleiche scheinen mir viele solche MP-Konstrukte der Klasse area:highway bereits gelöscht worden zu sein. In einer Ecke, wo ich noch weiß, dass ich deswegen entnervt aufgegeben habe, sind jetzt keine mehr da. Gar keine

was sich aber auch hier weitestgehend relationsfrei abbilden lässt, wenn man will…

Grundidee von area:highway war die hier: https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Proposed_features/Street_area Na wir werden sehen…zu mindestens in Teilen umgesetzt, ist es für mich aber die logische Folge des Mappings, wenn man einen höheren Detaillierungsgrad erreichen will und wenn wenn man z.B. sinnvoll beim Mapping die Rollstuhlfahrer berücksichtigen will…

Ansonsten müssen wir uns von solchen Dingen verabschieden, klare Detailgrenzen setzen, was sich dann aber mit dem Open-Gedanken widerspricht.

Sven

Nachtrag: Die Entwicklung ist ganz interessant: https://taghistory.raifer.tech/#***/area:highway/&way/area:highway/&relation/area:highway/

Übrigens: das Mapping in Polen (Dein Beispiel) ist gemäß Proposal falsch, da area:highway mir area=yes kombiniert wurde.

das Multipolygon ist wirklich komplett unnötig. Diese Art von MP findet kaum jemand gut, auch wenn man prinzipiell dafür ist, komplexe ways (viele nodes ist gemeint) mehrfach zu verwenden anstatt sie doppelt zu mappen.

Das andere ist eine Grauzone, evtl. kann man einen “Gehweg” um einen Laternenpfosten schon so mappen, solche minimal-Details schaden aber nicht, sonst wäre der Parkplatz halt leer. Das erschwert das Kartieren für niemanden. Man könnte wegen sowas mit dem Mapper diskutieren (aber eher wie man es einträgt, weil solange es dort verifizierbar was gibt kann man es wohl kaum “verbieten”), aber lohnt eher nicht :wink: Löschen weil es einem nicht passt wäre allerdings Vandalismus.

welches Proposal…?

1.https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Proposed_features/area:highway
2.https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Proposed_features/Street_area

Das zweite ist mit sehr vielen Tagging-Beispielen hinterlegt…

…da geht das Chaos schon wieder los… :frowning:

Och man…

klare Detailgrenzen versuchen manche Mapper durchzudrücken, indem sie Details die ihnen nicht passen entfernen. Das widerspricht in der Tat dem open-Gedanken, und es gibt dafür keine Grundlage. Die Grundlage ist die Verifizierbarkeit vor Ort.

Siehe dazu https://wiki.openstreetmap.org/wiki/How_We_Map

Truthful - means that you cannot contribute something you have invented.
    Legal - means that you don't copy copyrighted data without permission.
    Verifiable - means that others can go there and see for themselves if your data is correct.
    Relevant - means that you have to use tags that make clear to others how to re-use the data.

der Abschnitt “Relevant” hat wie man sieht eine interessante Definition, (die m.E. allerdings nicht besonders gut auf das Wort passt)
Was grob anderes würde sich vermutlich nicht durchsetzen lassen. Gerade vor dem Hintergrund des Unmuts, den manche lokalen Wikipedias im Bereich der Relevanzdiskussionen erzeugt haben, würde ich das Wort überhaupt nicht verwenden.

Imagico schlägt z.B. vor, das so zu ersetzen:

Richtig! Also bleibt uns in der Kosequenz nur übrig, sich auch ein stückweit darum zu kümmern, sich die Wege hin zu einem möglichen Micromapping nicht zu verbauen.

Sven

Richtig. Deshalb sollten etabliertr tags aus OSM Anfangszeiten, in denen Micromapping noch gar kein Thema war, nicht für Micromapping missbraucht werden.

Das wäre?