Wie kann in OSM dargestellt werden, dass die Beschaffenheit vieler Wege stark vom Wetter der letzten Wochen abhängt?

(Vorab - ich bin noch neu in der OSM-Community, ich bitte daher um Geduld, falls ich vielleicht Wichtiges noch nicht weiß).
Hier die Vorstellung des von mir gesehenen Problems an einem konkreten Beispiel:
Ein bestimmter Forst-/Waldweg kann in trockeneren Perioden zu Fuß problemlos begangen werden und ist für das Schließen einer Wanderroute auch sehr attraktiv. Aber nach längeren Regenperioden ist dieser Weg definitiv unpassierbar, weil die von schweren Fortfahrzeugen verursachten Reifenrinnen mit Schlamm gefüllt sind und die gesamte Fläche komplett aufgeweicht ist. Das Bild unter File:Very horrible ruts.jpg - OpenStreetMap Wiki gibt ziemlich genau die bei diesem Beispiel gegebenen Verhältnisse wieder.
Wenn dieser Weg sachlich korrekt mit tracktype = grade6 und smoothness=very_horrible getagggt ist, dann routet das von mir verwendete OSMAND Fußwegverbindungen über diesen Weg hinweg. Bei zuvor trockenem Wetter passt das, aber nach längeren Regenperioden oder nach der Schneeschmelze führt das ins Desaster. (Da ich nur mit OSMAND arbeite, kann ich leider nicht sagen, wie andere Routing-Algorithmen hier reagieren würden).
Daher nun die Frage:
Gibt es im System von OSM eine Möglichkeit, diese oft gegebene Wetterabhängigkeit einer Wege-Qualität abzubilden, und zwar auch außerhalb der Freitext-Beschreibung, so dass Routing-Algorithmen das auch berücksichtigen können? (Natürlich bräuchten die Algorithmen dann auch einen Schalter der Art: “Wege, die mit einer (Wetter-)Warnung versehen sind, ausschließen”). Oder mindestens einen Schalter der Art: “Wegewarnungen im Kartenbild anzeigen”.
Falls es so etwas derzeit noch nicht gibt - ist für die Zukunft daran gedacht, eine solche Typisierung von Wegen als stark wetterabhängig einzuführen?
Danke schon mal für jeden Kommentar!

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Die kurze Antwort: Nein.

TL;DR:

Damit irgendein System mit diesem (zumindest bisher) nicht verwendeten Tag arbeiten könnte, müsste OSM an Wetterdaten gekoppelt sein. Nennen wir diesen Tag für das Beispiel weather_dependency. Das heißt, irgendein automatisierter Bot / Software müsste anhand der Wetterdaten der letzten 7-14 Tage voraussagen können, ob ein Weg gerade genutzt werden kann oder nicht.
Wenn die letzten 14 Tage kein Niederschlag stattgefunden hat und nur die Sonne schien bei 35°C, dann würde der Bot den Wert in OSM auf weather_dependency=dust ändern. Wenn es die letzten Tage nur geregnet hat, dann auf weather_dependency=wet. Und so weiter.
Was der Bot aber nicht weiß ist, ob da gerade als es heftig geregnet hat auch noch ein Forstfahrzeug durchgefahren ist. Dann ist es nicht mehr weather_dependency=wet sondern weather_dependency=super_muddy.

Eine solche Beurteilung müsste deshalb anhand von bereits bestehendem Tagging außerhalb durchgeführt werden. Bei einem highway=track mit den weiteren Attributen tracktype=grade5 und surface=ground könnte eine eigenständige Routingsoftware zusätzlich das vergangene Wetter berücksichtigen und bei diesem Weg sagen: “Dieser Weg wird nach den letzten Tagen Dauerregen vermutlich matschig sein”.
Wichtig ist, dass dort steht vermutlich. Denn mit Sicherheit kann das keine Software ohne Bodensensoren vor Ort bestimmen.

Komoot gibt bereits Tipps wie: “Es soll auf deiner Tour regnen, nimm einen Regenschirm mit” oder “Es wird auf deiner Tour dunkel, nimm eine Taschenlampe mit”.
Hier könnte Komoot beispielsweise als “Tipp” angeben: “Es hat geregnet, nimm mindestens Gummistiefel mit”.

Man könnte auch eine neue Zugangsbeschränkung ergänzen mit einem conditional. Ähnlich wie ein maxspeed-conditional bei Regen. Könnte also heißen access:conditional=4wd_only @ wet. Bei einem Fußweg natürlich unpassend, aber so ähnlich könnte es gehen. Aber auch das wertet (meines Wissens) aktuell noch keine Software aus.

OsmAnd hat seit der Version 4 ja bereits Wetterdaten integriert. Du könntest in deren Repo ein Ticket mit einem Feature-Wish erstellen:

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grade6 ist nicht definiert:
https://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE:Key:tracktype
Folglich wertet das OsmAnd auch nicht aus:
https://github.com/osmandapp/OsmAnd-resources/blob/master/obf_creation/rendering_types.xml
Versuche es mit grade5.

Zur Wetterabhängigkeit gab es schon Überlegungen. Im Wiki finde ich dazu nichts (bisher nicht dokumentiert?), vielleicht findet sich im alten Forum oder in der Mailing-Liste eine Diskussion dazu.

Der Nutzer könnte auch einfach im Navi angeben (genau so wie die Fortbewegungsart, den gewünschten Fahrstil oder die Leistungsfähigkeit des Bergwanderers), ob gerade (Dauer-)Regenzeit ist. :smiley:

Für überflutungsgefährdete Straßen gibt es übrigens flood_prone:
Key:flood_prone - OpenStreetMap Wiki

Danke für die Hinweise!
Im OSM-Editor wird in der Auswahlliste zum tracktype die Option “grade6” aber ganz regulär angeboten. Befürchtest Du, dass (ältere) Routing-Algorithmen damit nicht umgehen können?

Der tracktype sagt das schon indirekt aus. Je höher der tracktype desto mehr Wetterabhängigkeit.

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Vielen Dank für die sehr ausführliche Kommentierung und den kreativen Vorschlag!
Ich wäre aber bereits mit einer sehr viel einfacheren Lösung zufrieden, die auf eine vollständige Automatisierung verzichtet - weil methodisch schwierig, in der Umsetzung aufwändig, in der Funktion fehleranfällig und letztlich auch intransparent.
Mein Vorschlag wäre eher, Wege einfach als “Evtl. wetterabhängig” markieren zu können, meinetwegen auch differenziert nach “Evtl. Probleme bei Nässe”, “Evtl. Probleme bei Schnee”, “Evtl. Probleme bei Frost”, “Evtl. Probleme bei Laubfall”, bei Feldwegen “Evtl. Probleme durch Verschmutzung mit Erde” oder so.
Aber die Entscheidung, ob eine solche Markierung beim Routing beachtet werden soll oder nicht, das würde ich dem User überlassen - so wie es ihm auch überlassen ist, ob er Höhenmeter beachtet haben will oder nicht. Der User weiß ja so ungefähr, welche Probleme evtl. drohen könnten, und welche er ausschließen kann.

In JOSM geht nur 1-5:

O.k. - aber im Browser-Editor gibts auch grade6:

ID ist dafür bekannt sich nicht immer an die Spezifikation im Wiki zu halten.

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O.k. - aber der Informationsgehalt des Tracktype ist in Bezug auf die Wetterabhängigkeit halt sehr unspezifisch. Meiner Beobachtung nach wird das vor allem bei gemischt genutzten Wegearten zum Problem: Ein “Forst-/Waldweg” ist ja von der Kategorie her sehr viel “höher” als ein “Pfad” und wird daher fürs Routen von Fußwegverbindungen unkritisch hergenommen. Denn: “Man kann ja sogar drauf fahren” (… wenn auch nur mit dem Unimog). Aber zu Fuß kann’s genau deswegen zur Hölle werden, wenn nämlich der Weg aufgeweicht ist und Fahrzeuge ihn kreuz und quer und tief zerfurcht haben. Dann ist dieser Weg für die Fußgänger also schlimmer als ein “Pfad” der untersten Kategorie.

Bei mir zeigt iD nur 1-5:

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OSRM (Auto) (einer der Online-Router auf openstreetmap.org) zB. routet über tracktype6 aber nicht über tracktype4.

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Ich hatte das umgekehrt vermutet - dass nämlich die Dokumentation (also das Wiki, insbesondere auch das deutschsprachige Wiki) der aktuellen Implementierung gelegentlich hinterherhinkt.

Achso, bei Eigenschaften bist du. Vielleicht werden da alle Werte angezeigt, die Nutzer irgendwann verwendet haben, nach dem Motto “Andere Mapper haben auch folgende Werte verwendet.” (was dann natürlich auch seltsame Werte enthalten kann)? :smiley:

O.k. - aber solange die OSM-Daten keine wetterbezogenen Problemtags enthalten, würde ein solches Routing-Feature ja ohne praktischen Nutzen bleiben, wenn ich das richtig verstehe.

Du kannst dir dafür einen eigenen Tag überlegen und diesen verwenden. Siehe:

https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Any_tags_you_like

Wie bereits geschrieben, mittels vorhandener Tags wie surface und tracktype kann eine Software (theoretisch) mit Wetterdaten eine Prediction berechnen, wie dieser Weg bei entsprechender Wetterlage verwendbar ist. Dafür braucht es keinen eigenen Tag.
Wenn es zwei Wochen lang am Stück geschneit hat, ist ein snow-covered_if_snow=yes überflüssig.

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Ja, das wäre eine plausible Erklärung.
Ich war bei diesem grade-Thema verwirrt - denn in diesem Beitrag (Talk:Key:tracktype - OpenStreetMap Wiki) wurde bereits 2012 quasi angekündigt, dass die grade-Skala über 5 hinaus erweitert werden würde, zur Ablösung von zuvor benutzten Zusätzen:
“Suggest people mapping 4x4 tracks consider marking them as grade6, grade7 or grade8 (ie 4x4 recommended, 4x4 required, extreme 4x4). Maybe, if this becomes more widely used, we can formalize it. I will make a brief suggestion to that effect on the tracktype page if I hear no objections. –Davo 05:02, 29 December 2012 (UTC)”

Ich hätte übrigens auch erwartet, dass der Eintrag eines unzulässigen Parameters (also z.B. “grade6”) von aufmerksamen OSMlern rückgemeldet und berichtigt wird, so wie ich es z.B. kürzlich bei einem unzulässigen Eintrag im Namensfeld erlebt habe.

Sehr guter Hinweis - dem werde ich mal nachgehen.

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