“Schreihälse” findet man vor allem im Lager der Ruck-Zuck-Umstellungsbefürworter. Wer viel zu OSM beigetragen hat, darf sich auch mal ein Wort der Kritik erlauben, wenn die Karte durch schnelle und intransparente Umstellungsprozesse beschädigt wird.
Selbst in Deutschland waren die drei Monate zwischen Dezember und März extrem knapp bemessen, um wenigstens die wichtigsten Großstädte wie Hannover in einen halbwegs akzeptablen Zustand zu versetzen. Ich habe diesen Zeitraum jedenfalls als eng empfunden.
Unentschlossene Nutzer anschreiben, zwei Wochen auf Reaktion warten, nach der Zustimmung entdeckt man weitere unentschlossene Nutzer, diese anschreiben, wieder zwei Wochen auf Reaktion warten, und dann kann man die übriggebliebenen Objekte ein bisschen verbessern. Wenn man ablehnende Nutzer anschreibt, dann kommen vielleicht Rückfragen, und nach der dritten Rückfrage erkennt der ablehnende Benutzer, dass die Vorteile einer Zustimmung im Großen und Ganzen doch die Nachteile überwiegen. Die lizenztechnische “Säuberung” der näheren Umgebung dauert also mindestens zwei Monate, wenn nicht länger.
In Polen gab es diese Chance zur leisen und effizienten “Säuberung” nicht, denn die Whitelist ist erst Anfang April fertiggestellt worden. Man kann den Polen vorwerfen, dass sie nicht bereits im Frühjahr 2011 mit der Vorbereitung des Lizenzwechsels begonnen haben. Der Lizenzwechsel ist aber nicht nur ein technischer, sondern auch ein sozialer Prozess, der langsam reifen muss. Die Entscheidung für oder gegen den Lizenzwechsel wird nicht unabhängig getroffen, sondern aufgrund der Mehrheitsverhältnisse innerhalb der Bezugsgruppe (“So wie mein Nachbar sich entscheidet, so entscheide ich mich auch”). Ablehner sind ansteckend, in der unmittelbaren Umgebung eines großen Ablehners gibt es nach meiner Erfahrung deutlich weniger Zustimmungen. Ab April dräute der Bot und drohte mit kurzfristiger Datenlöschung. Es fehlte die Zeit, um verbleibende Mapper mit angemessener Bedenkzeit zu kontaktieren. Die technischen Verzögerungen sind rückblickend ein Geschenk des Himmels, sie haben uns 3000 zusätzliche Zustimmungen beschert.
Die Kosovaren haben im Frühsommer die Chance genutzt, um nachträglich eine Genehmigung für h4ck3rm1k3’s Importe einzuholen. Ich bin angenehm überrascht, dass große Teile des Kosovo bereits lizenztechnisch “gesäubert” sind. Was im Kosovo übrig bleibt, sind im wesentlichen h4ck3rm1k3’s persönliche Beiträge, die ja uneingeschränkt verwendet werden können. Ich möchte nicht Polen und Kosovaren gegeneinander ausspielen - dazu sind die Voraussetzungen viel zu unterschiedlich - aber zumindest die Unterschiede analysieren.
In Japan sind derzeit die meisten Objekte (ca. 7 Mio.) von Löschungen bedroht. Überwiegend Importe, aber in Osaka und Tokyo sind auch einige wichtige Straßen darunter. Benutzer argrath hat die Lizenz abgelehnt, weil er kein Englisch versteht, und Benutzer Tatata ist möglicherweise nicht mehr am Leben.
Polen hat aber im Vergleich eindeutig die schlechtesten Karten, weil in Japan hauptsächlich Wälder, in Polen aber hauptsächlich Straßen betroffen sind. Es ist gut und wichtig, dass Marek dieses Problem anspricht und seine Erfahrungen in die Diskussion einbringt.
Es wäre natürlich perfekt, wenn die Lizenzumstellung noch einmal um sechs Monate verschoben werden würde, damit alle Regionen dieser Erde sich mit der gleichen Sorgfalt auf den Lizenzwechsel vorbereiten können.
Gruß #42429
P.S. @Simon Poole: In den letzten Tagen haben einige Mapper zugestimmt, für deren Beiträge ich sehr dankbar bin.