OSMF-Vorstandssitzung heute Abend (15.03.2018)

Hallo,

heute Abend (Do. 15.03.) findet ab 22:00 MEZ online eine öffentliche Sitzung des Vorstands der OpenStreetMap Foundation statt. Der Sitzung könnt ihr über Mumble zuhören (Details). Macht von eurem Recht Gebrauch!

Der vorläufigen Tagesordnung zufolge werden folgende Themen besprochen werden (das Original enthält momentan auch bloß Überschriften):

Zum ersten Punkt habe ich auch schon eine Rückfrage gestellt.

Viele Grüße

Michael

Ging da ein Link auf die Details verloren? Wollte Mich mal informerar, wie das technisch überhaupt ginge…

https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Mumble

ok, technische Info ist da - nur welcher Channel?

Gruss
walter

erst nachsehen dann fragen mumble://talk.hotosm.org/OSMF/OSMF%20Board%20of%20Directors%20(Public)?title=HOT%20Murmur%20Server&version=1.2.0 sollte es wohl sein

Wie du jetzt ja selbst gemerkt hast, sind die Namen der Kanäle auf dem Server eigentlich selbsterklärend. Zudem haben manche Kanäle auch noch Beschreibungen. Es ist ja kein Funkkanal, der nur eine Nummer hat. :wink:

Wird von der Sitzung auch ein Protokoll angefertigt? Ich habe keines gefunden. Das wäre ganz praktisch, wenn man die Sitzung verpasst hat und nochmal eine Zusammenfassung lesen will.

Das wird irgendwann unter https://wiki.osmfoundation.org/wiki/Board/Minutes/2018-03-15 veröffentlicht werden. Ich habe gestern während der Sitzung selber sechs Seiten Notizen geschrieben. Wenn ich dazu Zeit finde, fasse ich diese heute Abend hier auf Deutsch zusammen.

Habs noch nicht durchgelesen/übersetzt, aber Christoph schreibt etwas dazu.

Hallo,

hier ist mein Bericht von der OSMF-Vorstandssitzung vom 15. März 2018. Der Bericht ist chronologisch und basiert auf meinen handschriftlichen Notizen, die auf Anfrage eingesehen werden können. Meine Kommentare sind in kursiver Schrift gesetzt.

Die Tagesordnung war erst veröffentlicht worden, nachdem ich am Tag vor der Sitzung danach gefragt hatte.

Anwesende: Frederik, Heather, Kate, Martijn, Mikel, Peda, Paul, Dorothea
Gäste: Christoph Hormann, sev_osm, Tordanik, Zverik, Nakaner, Nord, Joost, RebeccaF, wambacher (zweitweise), me360t (zeitweise)

Protokoll vom 15. Februar 2018
angenommen

Schriftlichen Beschlüsse seit der letzten Sitzung
Paul merkt an, dass der Beschluss über Dorotheas neuen Vertrag fehlt.

Es gab sonst seit der letzten Sitzung keine weiteren Beschlüsse.

To Dos einzelner Vorstände
Mikel berichtet, dass es Feedback zur SotM-Policy von den Organisatoren regionaler SotMs gab. Er arbeite mit Dorothea an der Einreichtung eines neuen Mailverteilers OSMF-announce. Die Welcome Mat sei auch in Arbeit. Zu Letzterem sagte er aber fast gar nichts.

Martijn berichtete, er habe die Arbeit an der Bewerbung von OSM Belgium als Regionalvertretung wieder aufgenommen. Einige Fragen seien noch zu klären.

Paul wies darauf hin, dass noch eine Aufgabe Ilya zugewiesen sei, der aber aus dem Vorstand ausgeschieden sei. Diese Aufgabe wird wohl aus der Liste entfernt werden.

Die Liste ist in meinen Augen arg voll und könnte man ausgemistet werden (oder das ist ein Zeichen, dass vieles liegen bleibt).

Umfrageplattform
Zu den Hintergründen sei auf eine E-Mail von Joost Schouppe auf der OSMF-Talk-Mailingliste verwiesen.

Der Tagesordnungspunkt wurde mangels Dringlichkeit vertagt.

Die SotM als Mittel zur Vergrößerung der Mitgliederbasis
Der Vorstand hatte außerhalb der Sitzung darüber diskutiert, ob man den Satz “Enjoy discounts to OSM events” (deutsch: “erhalten Rabatte bei OSM-Veranstaltungen”) von join.osmfoundation.org entfernen solle, weil es diese Rabatte in den letzten Jahren nicht gegeben habe. Es gab daraufhin zwei Vorschläge:

  • 15 Pfund Rabatt für alle Mitglieder bei der SotM
  • 12 Monate kostenlose Mitgliedschaft in der OSMF für alle Konferenzteilnehmern und einen Aufschlag von X Euro auf die Eintrittskarten, um das zu decken

Eigentlich ging es in diesem Tagesordnungspunkt um zwei verschiedene Dinge. Einerseits möchte man auf der SotM Mitglieder einwerben, andererseits möchte man OSMF-Mitgliedern einen Rabatt gewähren.

Zuerst ging es in der Diskussion darum, was man vergünstigt, danach, wie man es genau macht. Paul stellte klar, dass man für die Mitgliedsbeiträge in der OSMF keine Rabatte geben könne.

Es gab keinen grundsätzlichen Widerspruch gegen Rabatte. Peda merkte an, dass die Konferenzteilnehmer eher weniger Mapper sind und ein gezieltes Werben auf der SotM den Anteil der Mapper in der OSMF reduzieren würde. Mikel erwiderte, dass die OSMF nicht nur für Mapper sei und sprach sich für einen Rabatt der Teilnehmerbeiträge für Mitglieder aus. Martijn ergänzte, dass diejenigen, die zur SotM kämen, seien auch an einer Mitgliedschaft in der OSMF interessiert.

Paul merkte an, dass man die Rechtslage zu unerwünschter Werbung im Auge haben sollte, wenn man die Mitglieder per E-Mail auf die Rabatte hinweisen wolle. Diesen Einwand wollten die anderen nicht gelten lassen.

Frederik sprach sich für Rabatte für Mitglieder aus, wies jedoch darauf hin, dass der Verkauf für die diesjährige Konferenz schon begonnen habe. Darüber hinaus sprach sich Frederik dafür aus, in der Eröffnungsveranstaltung der OSMF eine Slot zu gewähren, um für sich zu werben. Er schlug vor, wie schon im Jahr 2016 in Brüssel einen Stand auf der Konferenz zu haben, wo man Mitglied werden könne. Der Stand müsse aber nicht dauerhaft besetzt sein.

Mikel schlug vor, dass sie Frederik um die Sache kümmern solle.

Kate und Paul sprachen sich dafür aus, schon dieses Jahr Rabatte zu gewähren.

Frederik schlug 15 Euro als Rabatt vor. Höher als der Mitgliedsbeitrag solle der Rabatt nicht sein. Martijn, Kate und Paul stimmten diesem Vorschlag zu, der Rest bliebt ruhig.

Vielfalt in OSM
Anlass für diesen Tagesordnungspunkt waren zwei Kommentare von Benutzer cray33 (1, 2). Die Kommentare sind kein Aushängeschild für OSM.

Diesen Tagesordnungspunkt hatte Heather vorgebracht. Heather hatte bis zu diesem Zeitpunkt während der Mumble-Sitzung stumm und taub geschaltet und reagierte auch nicht auf die Ansprache von Kate, die die Sitzung leitete. Da sonst niemand wusste, was sie mit dem Tagesordnungspunkt bezwecken wollte, wurde der Tagesordnungspunkt vorerst übersprungen.

Erinnerung/E-Mail des Vorstands an die Etiquette
In diesem Tagesordnungspunkt ging es darum, ob und wie der Vorstand die Nutzer der Mailinglisten an die Etiquette erinnern solle.

Paul meinte, dass jede Mailingliste eine Moderator haben solle und diese auch, falls erforderlich, eingreifen sollen. Er war sich jedoch nicht sicher, wie man geschickt dafür sorgt, dass das auch der Fall ist. Er wolle nämlich keine Diskussion darüber starten, wer Moderator einer bestimmten Mailingliste sein solle.

Mikel erinnerte an die Existenz der Mailingliste für Moderatoren von Mailinglisten und meinte, dass die Nutzer der Mailinglisten sich der Etiquette bewusst sein sollten.

Paul fragte, ob er sich um darum kümmern solle.

Peter (Mitglieder der CWG) meinte, dass er sich nicht sicher wäre, ob die CWG überhaupt die Kapazität habe, sich darum zu kümmern. Er wäre Paul dafür dankbar, wenn dieser sich darum kümmern würde.

An die anderen von der OSMF betriebenen Diskussionskanäle, insbesondere die Foren, wurde nicht gedacht. Dabei hätten diese stellenweise etwas Moderation wirklich verdient.

Datenschutz-Grundverordnung
Diesen Punkt hatte Heather eingebracht, die derzeit als Berichterstatterin im Vorstand dient (obwohl mit Paul sogar ein LWG-Mitglied im Vorstand ist).

Heather berichtet, wenn man ihre Aussagen auf das Essentielle zusammenkürzt, nicht viel Neues. Simon und sein Team arbeiteten weiterhin daran. Großes Thema sei derzeit der Jugendschutz. Bei der nächsten Vorstandssitzung könne sie mehr sagen.

Ihr Bericht war arg knapp und in meinen Augen nicht aktuell. Ich lege euch ans Herz, euch selbst zu informieren, z.B. durch die Lektüre des Protokolls der LWG-Sitzung vom 8. März 2018.

Paul meinte nach ihrem Bericht, dass das Thema nicht jedes Mal auf der Tagesordnung stehen müsse. Heather widersprach ihm, denn es sei eine wirklich wichtige Veränderung. Martijn stellte sich auf Heathers Seite und meinte, dass es kurze Berichte über den aktuellen Stand ja nicht viel Zeit in Anspruch nähmen.

Übersetzungen der OSMF-Website
Die CWG hat in kürzlich von zwei Communitymitgliedern das Angebot erhalten, die OSMF-Website einschließlich der Vorstandssitzungsprotokolle zu übersetzen. Darüber hinaus ging eine Übersetzung der Richtlinie zur Nutzung der Marke “OpenStreetMap” (Trademark Policy) ein.

Die Vorschläge der CWG an den Vorstand waren:

  • Die OSMF-Website um Übersetzungen ergänzen und in einer Informationsbox am Anfang der Seite klarstellen, dass die offiziellen Seiten die englischsprachigen seien.
  • Übersetzungen stattdessen in privaten Blogs oder Benutzer-Blogs zu veröffentlichen
  • für Vorstandssitzungsprotokolle: kurze Zusammenfassungen der Protokolle zu erstellen und in Zusammenarbeit mit WeeklyOSM (einem von der OSMF unabhängigen Projekt) in der WeeklyOSM zu veröffentlichen, falls die Freiwilligen und das Team der WeeklyOSM dem zustimmen

Martijn meinte, dass hauptsächlich allgemeine Seiten über die OSMF übersetzt werden sollen, und fragte, wie eigentlich der rechtliche Status der Vorstandssitzungsprotokolle sei.

Frederik ist kein großer Freund von Übersetzungen, da sie zum Veralten tendieren. Es sei seiner Meinung nach in Ordnung, Beschlüsse zu übersetzen, Richtlinien aber nicht. Man möge beachten, dass man keine Erwartungshaltung schüre. Er sei dem Ganzen gegenüber konservativ eingestellt. Freiwillige Übersetzer sollen nicht einfach aussuchen, was sie übersetzen wollen, sondern man solle aktiv nach Übersetzern für bestimmte Texte suchen.

Peter merkte an, dass Protokolle zu die Kategorie “unveränderliche Texte” gehören. Paul wies darauf hin, dass Übersetzungen von Protokollen kenntlich machen sollten, dass sie nicht offiziell seien. Die meisten Übersetzungen der Contributor Terms (Vereinbarung für Mitwirkende) seien als nicht offizielle Übersetzungen gekennzeichnet.

Martijn war sich nicht sicher, ob Übersetzungen auf die OSMF-Website gehören oder anderswo sein sollten. Prinzipiell sprach er sich aber für Übersetzungen aus.

Peter meinte, Benutzer-Blogs seinen kein guter Ort für Übersetzungen. Übersetzungen würden die Hürden senken.

Mikel erinnerte daran, dass die Qualität nicht außer Acht gelassen werden solle. Er sei sich nicht sicher, ob man Übersetzungen auf osmfoundation.org veröffentlichen oder nur von dort verlinken solle.

Die Diskussion zog sich ein wenig in die Länge, bis Kate fragte, welchen Beschluss man jetzt darüber fassen solle. Peter meinte daraufhin, dass die CWG eine Meinung dazu habe. Heather schlug vor, dass man die Entscheidung der CWG überlassen solle. Mikel sprach sich dafür aus, die Diskussion außerhalb der Sitzung fortzuführen.

Bericht aus dem Advisory Board
Martijn berichtete, dass es nichts zu berichten gebe.

Man war nun mit der Tagesordnung durch und griff die Tagesordnungspunkte auf, die übersprungen worden waren.

Vielfalt/Gleichstellung in OSM (2)
Heather sagte, sie habe diesen Tagesordnungspunkt ergänzt, weil sie einen Eintrag in ihrem Benutzer-Blog veröffentlicht habe und es einige Kommentare gab, die sie sich unwohl haben fühlen lassen.

Kate fragte, ob man das ganze Thema auf dem Vorstandstreffen im April in Karlsruhe diskutieren solle. Heather meinte, dass es wichtig genug sei, es auf dem Vorstandstreffen zu diskutieren.

Bericht aus dem Advisory Board (2)
Martijn berichtete, dass die Mitglieder des Advisory Boards um Kommentare zur neuen SotM-Richtlinie gebeten worden seien. Sie seien außerdem eingeladen worden, sich an der Auswahl der Empfänger der Reisestipendien für die SotM zu beteiligen.

Paul fragte, ob es schon einen formalen Prozess gebe, das Advisory Board um Rat zu fragen. Martijn antwortete, dass es diesen nicht gebe. Paul meinte, dass er einen solchen begrüßen würde.

Frederik merkte an, dass man ursprünglich angedacht habe, dass man die Mitglieder des Advisory Boards einfach frage und sie als Gruppe von Einzelpersonen anspreche und nicht als Gruppe, die einen Vorsitzenden habe. Er wünsche sich keinen demokratischen Meinungsbildungsprozess (mit Abstimmungen und gemeinsamer Antwort), weil das Advisory Board dann mit dem Vorstand konkurrieren würde.

Paul fragte, wie man klarstellen solle, dass es nicht “die Meinung des Advisory Boards” gebe.

Mikel sähe gerne mehr aktive Teilnehmer im Advisory Board. Frederik meinte daraufhin, man könne ja auch die stilleren Mitglieder einfach explizit ansprechen.

Es sieht danach aus, dass diesbezüglich nichts getan werden wird.

Sonstiges – Etiquette
Heather griff noch einmal die Diskussion über die Etiquette auf, die sie verschlafen hatte. Sie meinte, dass der Vorstand klarstellen sollte, dass er hinter der Etiquette stehe. Eine kurze Erinnerung(smail) sein ok und man solle das jährlich wiederholen. Mikel, Kate und Martijn stimmten dem zu. Paul stimmte dem auch zu, merkte jedoch an, dass man über die jährliche Wiederholung separat abstimmen solle, da es andernfalls zur Formsache verkomme. Man solle nicht zu viele Erinnerungsmails versenden.

Mikel meinte draufhin, dass man die Frage der Wiederholung nicht jetzt entscheiden solle.

Peter merkte an, dass ihm die Formulierung dieser Mail wichtig sei. Es solle nicht anklagend wirken. Paul stimmte dem zu. Frederik meinte, dass man in der Erinnerung sich auf eine “alte” Regel beziehen solle und auf Formulierungen wie “angesichts der Geschehnisse in den letzten Monaten” verzichten solle.

Gäste
Die Gäste sagten nichts, als sie am Ende zu Wort kamen.

Meine übrigen Anmerkungen
Es waren viele Gäste dabei. Anders als es Peda vor ein paar Wochen im Podcast ausgedrückt hat, war es nicht nur “Heathers Fanclub”.

Ich habe den Eindruck, dass im Vorstand eine gewisse Lethargie herrscht, sobald Heather wieder über Vielfalt und Verhaltensregeln spricht. Vielleicht ist der Eindruck auch falsch, weil Heather in ihren Beiträgen gefühlt länger mit weniger Inhalt redet und die Beiträge der anderen eher kürzer und knaper sind. Entweder wird man sich auf dem Vorstandstreffen intensiver mit dem Thema beschäftigen oder man möchte es einfach nur auf die lange Bank schieben.

Viele Grüße

Michael

[1] Man müsste mit der Stoppuhr messen, wer wie viel redet. ;

Ich möchte keinesfalls ein großes Fass aufmachen, aber in wie fern ist Diversität der Nutzerschaft ein Problem für eine Karte?
Bei einer Enzyklopädie kann ich ja verstehen, dass manche Darstellungen bei überwiegend männlichenAutoren eben männlich gefärbt sind, aber wie kann sich das bei einer Karte auswirken? Ob jetzt Hans oder Latifah eine Straße eintragen, das Resultat ist doch das gleiche?
Wie gesagt, ich will keine Grundsatzdiskussion abfärben, mich interessiert nur das Problem, dass sich durch mangelnde Diversität auf einer Karte ergibt.

Vielleicht kann man das so sehen: In die Karte kommt, was die Kartierenden interessiert, und somit gibt es hier vermutlich schon einen Einfluss.

Das ist ein sehr schwieriges Thema. Der Hintergrund des ganzen “Diversity”-Themas ist eigentlich der Wunsch nach Chancengleichheit für alle Menschen, egal wie alt, welches Geschlecht, wie reich, welche Nationalität und so weiter. Die mit Abstand größte Teil-Strömung innerhalb der Diversity-Anhänger sind natürlich die, die Chancengleichheit für Frauen fordern. Gerade in amerikanischen IT-Unternehmen kocht das ja dauernd hoch, auch hierzulande liest man von dem Google-Mitarbeiter, der gefeuert wurde, weil er schrieb, dass Frauen schlechtere Programmier seien, oder die Sexismus-Horrorstories von “Uber” und so.

Nun ist OSM kein politisches Projekt zur Verbesserung der Welt; bei uns kann man mit “Diversity” nur landen, wenn man zeigen kann, dass Vielfalt unter den Beitragenden auch die Daten verbessert. Bis zu einem gewissen Grad ist das sicherlich richtig; so wird jemand, der einen Rollstuhl oder Kinderwagen bewegt, viel genauer auf die Höhe einer Bordsteinkante oder den Abstand zwischen irgendwelchen Pollern schauen als ein Fußgänger, ein 60jähriger geht mit anderen Augen durch die Welt als ein 18jähriger, eine Radfahrerin mit anderen Augen als eine Autofahrerin, und so weiter.

Von den Diversity-Anhängern wird leider auch oft geistiger Dünnschiss produziert, indem gezählt wird, wie viele Swingerclubs oder Bordelle und wie viele Kindergärten oder Abtreibungskliniken es in OSM gibt, und daraus wird dann ein “SEXISMUS-BEWEIS”. Dann gibt es Artikel, in denen den Männern bei OSM vorgeworfen wird, sie wollten ja keine Frauen dabeihaben. Viele Diversity-Befürworter verstricken sich dabei selbst in sexistischen Stereotypen (“Frauen interessieren sich für Abtreibungskliniken und Kindergärten”, “Frauen mögen halt lieber soziale Aktivitäten” und so). Oder wie sagte kürzlich eine Frau, mit der ich über das Thema sprach: “Bald werden die Diversity-Leute verlangen, dass in jedem Haus noch per Indoor-Mapping die Küchen eingetragen werden, denn da gehören Frauen ja schliesslich hin,oder?”

Dabei braucht man meines Erachtens gar nicht krampfhaft irgendwelche Features auf der Karte zu suchen, die “typische Frauen-Features” sind: Frauen sind nunmal rund 50% der Bevölkerung, und selbst wenn eine Frau exakt das gleiche mappt wie ein Mann, wäre es trotzdem blöd, Frauen auszuschliessen - da gehen uns ja 50% potentielle Mapper verloren.

Der Hauptvorwurf gegen OSM ist das diffuse “die Community ist nicht freundlich genug” (“not welcoming for women”), angeblich, weil es auf unseren Mailinglisten so harsch zugehe. Der Mangel an konkreten Verhaltensregeln und einem Katalog, wie Verstöße geahndet werden (“Code of Conduct”), schrecke Frauen und Angehörige anderer unterrepräsentierter Gruppen ab. Es gebe unbewusste Voreingenommenheit gegenüber Frauen, deren Beiträge (wie überall in der Tech-Szene) kritischer beäugt würden.

Im weiteren Kontext wird OSM auch vorgeworfen, weiße westliche Standards den Mappern in Entwicklungsländern aufzuoktroyieren; dadurch, dass zum Beispiel nur sehr wenig Leute aus Asien und Afrika international in OSM und der OSMF aktiv sind, werden Regeln eben doch wieder von den Europäern und Nordamerikanern aufgestellt.

Ich finde diese Vorwürfe in vielen Fällen ungerechtfertigt; mir scheint, dass sie meistens nicht von Leuten kommen, die selber betroffen sind, sondern von (männlichen, zumindest aber weissen westlichen) Journalisten oder Aktivisten, die sich dadurch wichtig machen, dass sie Mißstände aufdecken. Da wird dann gern auch mal ein Mißstand konstruiert, der gar keiner ist.

Sicherlich sind wir uns alle einig, dass in OpenStreetMap jede Person willkommen ist, die mithelfen will, unsere Karte zu verbessern. Es mag in OSM, wie überall, den einen oder anderen Sexisten, Rassisten oder Schwulenfeind geben, aber das macht OSM nicht zu einem sexistischen, rassistischen oder schwulenfeindlichen Projekt. Es kann auf jeden Fall nicht schaden, ab und zu zu prüfen, ob man unbewusst Dinge tut, die es bestimmten Bevölkerungsgruppen erschweren, bei OSM mitzumachen oder ihnen den Eindruck geben, nicht willkommen zu sein. Hier gehen dann auch die Meinungen darüber auseinander, wie weit man gehen soll, um “welcoming” zu sein, und da muss man halt einen guten Mittelweg finden.

Oder anders gesagt, viel Spaß dabei, den lokalen Stammtisch so zu gestalten, dass auch ein Misanthrop gerne hinkommt :wink:

Bye
Frederik

Ergänzend zu dem was Frederik gesagt hat sollte man sich auch immer klar machen, das Vielfalt dadurch entsteht, dass sich die Leute unabhängig voneinander unterschiedlich entwickeln. Die kulturelle Vielfalt auf der Welt rührt beispielsweise daher, dass sich die verschiedenen Kulturen auf der Welt mehr oder weniger unabhängig voneinander in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben.

Wenn man jetzt hingeht und sagt: Wir brauchen einheitliche Verhaltensregeln, damit sich alle Menschen überall in OSM gleich wohl fühlen dann ist das der Vielfalt im Grunde alles andere als zuträglich. Wenn OpenStreetMap also Vielfalt im Projekt fördern will, dann funktioniert das vor allem, indem man den Leuten die Möglichkeit gibt, sich mit allem was sie als Menschen ausmacht im Projekt zu beteiligen und sich dabei möglichst wenigen festen Verhaltensregeln unterordnen zu müssen.

Ich selbst würde mich zum Beispiel niemals freiwillig Regeln unterwerfen, wie sie auf der neuen diversity-talk Mailing-Liste gelten. Aber es ist denke ich völlig OK wenn eine Gruppe von Mappern unter einem solchen Regelwerk innerhalb des Projektes kommunizieren. Das ist nicht anders als wenn hier im deutschen Forum gewisse kulturelle Gepflogenheiten existieren, die anderswo nicht gelten.

Die eigentliche Herausforderung besteht am Ende darin, wie man die vielfältigen Stimmen im Projekt in Entscheidungen einfließen lässt, die das Projekt als Ganzes betreffen, also zum Beispiel in der OSMF. Interessanterweise ist meine Beobachtung oft, dass Leute, die öffentlichkeitswirksam für Vielfalt und gegen Diskriminierung eintreten dieses Thema weitgehend ausklammern. Das liegt vermutlich zum Teil auch daran, dass wie Frederik erwähnt hat viele der Aktivisten aus dem Kontext amerikanischer Unternehmen kommen und dort natürlich die Frage der Kontrolle über und das Eigentum an den Unternehmen eigentlich nie Teil der Diskussion ist.

Ein Kollege von mir frotzelt gern, dass für die meisten Diversity-Verfechter eine “Diverstität politischer Systeme” bzw. Gesellschaftsentwürfe nicht wirklich Thema ist. (Wobei man dem auch wieder den häufigen Vorwurf des “whataboutism” entgegenhalten kann - nach dem Motto “ihr setzt Euch hier für die Rechte von weißen Frauen mit Hochschulausbildung ein, während anderswo …” - damit kann man jede Initiative madig machen.)

Oxfam-Studie: 62 Superreiche besitzen so viel wie die halbe Welt! amerikanische Feministin: "solange 31 davon Frauen sind..."

Bye
Frederik

Dass es einen von westlichen Männern geprägten “Bias” in OSM gibt, glaube ich auch, allerdings äußert sich der meiner Meinung nach in aller erster Linie in der Dominanz der europäischen Sprachen auf der Karte, insbesondere Englisch.

Englisch ist im Kartenmaterial extrem überrepräsentiert, speziell in Ländern, wo Englisch nur eine von mehreren Amtssprachen ist. Tagging auf Swahili in Kenia? Fehlanzeige. In welcher Sprache ist Indien getaggt? Englisch, und das bei 0,02% englischen Muttersprachlern in Indien. Die jeweiligen Amtssprachen der Bundesstaaten sind meistens gar nicht in der Datenbank. An sich wird in vielen Regionen, die nicht im lateinischen Alphabet geschrieben wird, die lokale Amtssprache oft nicht richtig berücksichtigt. Algerien ist standardmäßig auf Französisch kartografiert, obwohl es dort seit über einem halben Jahrhundert keine Amtssprache mehr ist.

Ganz Abgesehen von der Dokumentation, der Verfügbarkeit von Tutorials, etc. Menschen, deren Muttersprache nicht Englisch ist oder die die Sprache nicht zumindest auf einem fortgeschrittenen Niveau beherrschen, haben eine massiv höhere Einstiegshürde in OSM. Und das ist eben die weit überwiegende Mehrheit der Menschen. Die somalische Frau oder den indischen Homosexuellen wird man wahrscheinlich wesentlich eher über Angebote in der Muttersprache erreichen, als über Verhaltenskodizes in der Mailingliste.

Ich weiß was du meinst, aber so extrem würde ich es nicht sehen. Der weit überwiegende Teil der Beitragenden schaut (fast) nie ins Wiki, sondern orientiert sich an den Presets der Editoren. Für iD und JOSM liegen beispielsweise Übersetzungen für nicht wenige Sprachen vor, damit dürfte die Einstiegshürde in diesen Sprachen nicht massiv höher liegen.

Ich sehe den Grund für den westlichen Bias eher woanders: Wer auf der Welt kann es sich denn leisten (=ist so privilegiert) genug Freizeit in die Arbeit für OSM zu stecken? Sicher nicht der Bergbauer in Nepal oder die Marktfrau in Somalia…