name:de=Kyjiw ? Oder wie

Weil er nicht an uns gerichtet wurde.

Das ist ein eigenartiges Quellenverständnis. Primärquelle ist der ukrainische Wunsch allenfalls dafür, dass er geäußert wurde, aber nicht dafür, dass die Schreibweise “Kyjiw” im deutschen Sprachraum die übliche wäre. Und wir verwenden in OSM die in der Sprachgemeinschaft üblichen Namen für Objekte.

Wir verweigern uns nicht (1 Punkt für Framing an dich), sondern wir warten ab, ob die Sprachgemeinschaft dem Wunsch Folge leistet. Ebenso wie wir abwarten, bis eine Straße tatsächlich gebaut wird, bevor wir sie mappen. Wir erfüllen keine Wünsche, sondern (ich wiederhole mich) wir bilden Tatsachen ab. Von Frau Baerbock wurde der Wunsch erfüllt, aber von der Sprachgemeinschaft als Ganzes, soweit ich sehe, noch nicht. Du kannst unter deinen Bekannten gern eine schriftliche Umfrage machen, wie die Hauptstadt der Ukraine heißt, und uns das Ergebnis Kyjiw vs. Kiew mitteilen.

Übrigens, wenn du schon mit Wikipedia kommst: beim entsprechenden Wikipedia-Artikel wird dieser Punkt seit 20 Jahren (!) diskutiert (mit wirklich qualifizierten Beiträgen, die durchaus lesenswert sind). Müssen wir das Fass wirklich hier nochmal aufs Neue aufmachen?

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Ich finde Deine Argumentation durchaus berechtigt.

Rückfrage: Ich las an anderer Stelle dieser Diskussion, dass China Deutschland bislang vergeblich gebeten hat, Beijing statt Peking als deutsche Bezeichnung zu verwenden (ich setze jetzt einfach mal voraus, dass dies stimmt, habe es nicht überprüft), Deutschland aber diesem Wunsch offiziell bislang nicht nachkommen mag.

Wir haben also zwei Fälle, in denen ein Land darum bat, in der deutschen Sprache einen anderen Namen zu verwenden. In dem einen hat die deutsche Regierung diesem Wunsch entsprochen, in dem anderen nicht.

Wie sollten wir Deiner Meinung nach damit in OSM umgehen?

Nur als Beispiel
Auf der Karte eine Mitbewerbers sieht das aktuell so aus.

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Wobei bei diesem Mitbewerber auch Stettin, Posen, Breslau, Pilsen und Brünn angezeigt wird, was womöglich in diesen Ländern auch anders gesehen wird

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Das können die Länder gern anders sehen, aber diese Namen sind im deutschen Sprachgebrauch üblich.

Ich hab doch nichts dagegen, die ukrainische Hauptstadt Kyjiw zu nennen. Mein Punkt ist nur der, dass ein Kartenwerk deskriptiv arbeiten sollte und nicht instruktiv. Wir beschreiben die bestehende Wirklichkeit. Das heißt, dass wir Änderungen (egal ob am Straßennetz oder an Namensschreibweisen) dann übernehmen, wenn sie erfolgt sind. Vorher nicht. Orte sollten im Kartenwerk die Bezeichnungen tragen, die allgemein dafür verwendet werden. Damit man sie wiederfindet. Einfach damit die Karte optimal brauchbar ist.

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Danke für den Link … hilft vielleicht, ein wenig mehr Verständnis aufzubringen. Und das bemerkenswerte daran ist, dass hier höflich gebeten und nicht gefordert wird - alleine das ist heutzutage eher eine Seltenheit.

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Nun ja, der Link ist sehr interessant. Verständnis habe ich sowieso schon. Dennoch ist der Link parteiisch und damit für Objektivität nur bedingt geeignet.
Streitpunkt in der Vergangenheit war auch nicht die Bitte, sondern die eigenmächtige Änderung durch Kollegen, ohne dies mit der deutschen Community abzustimmen.

Ob nun Kiew aus einer falschen Transliteration aus dem Russischen abgeleitet wurde oder nicht (auf Karten aus Zeiten bevor Russen die Herrschaft über das Gebiet erlangten, wird die Stadt mit Kiof oder Kiiov bezeichnet) gibt es auch Argumente, dass sich der geografische Name “Kiew” völlig unabhängig von seiner Herkunft zu einem eigenständigen Exonym entwickelt hat. Bei anderen Städten diskutiert man nicht mehr herum, da sind die aus dem ukrainischen abgeleiteten deutschen Bezeichnungen bereits in der deutschen Sprache angekommen: Charkiw (statt Charkow), Dnipro (statt Dnepr). Lwiw hat das vorherige Lwow ebenso abgelöst, auch wenn es an die Verwendung von Lemberg noch nicht heran kommt. Am Festhalten an russisch geprägte Zeiten, wie es gerne mal postuliert wird, kann es also eher nicht liegen. Und diese Veränderung kam auch ohne ausdrückliches Bitten, einfach so weil man es verwendet hat.
Odesa (statt Odessa) und Kyjiw (statt Kiew) werden halt etwas länger brauchen. Ist halt für das deutsche Ohr und Auge und für die deutsche Zunge doch viel Stärker gewöhnungsbedürftig. Sprache ändert sich stetig und lässt sich nicht aufdoktrinieren.

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Das ist absolut richtig, aber hier nicht mehr das Thema, hier geht es um die von der Bundesregierung akzeptierte Änderung der Schreibweise auf Bitte der ukrainischen Regierung, initiiert durch die nicht gerade alltäglichen Rahmenbedingungen.

Wie wir das handhaben, bleibt uns (damit meine ich die deutsche Community, da es lediglich die deutsche Schreibweise betrifft) überlassen. Möglich wäre beides und es gibt wie immer Stimmen pro und contra. Ich selber positioniere mich ganz klar “pro”, gehe aber davon aus, dass die Mehrheit “contra” eingestellt ist.

Lasst uns doch einfach mal unverbindlich drüber abstimmen:

  • Wir sollten bei dem deutschen Namen “Kiew” bleiben.
  • Wir sollten den deutschen Namen in “Kyjiw” ändern.
0 voters

Ich habe die Abstimmung mit Absicht auf “anonym” eingestellt, damit sich niemand in dieser Angelegenheit exponieren muss.

Da kann ich nicht voten, weil ich für beides bin. Wir sollten bei Kiew bleiben, solange dies die allgemein üblichere Schreibweise ist, und wir sollten den Namen in Kyjiw ändern, wenn und sobald sich diese Schreibweise allgemein etabliert hat (sagen wir mal in schriftlichen Veröffentlichungen mehrheitlich verwendet wird).

Ich sehe uns nur nicht als diejenigen, die die neue Schreibweise durchdrücken.

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Ich stimme da @FraukeLeo vollumfänglich zu. Ich hoffe, das hat man auch bereits aus meinen vorherigen Postings herauslesen können. Abgestimmt habe ich trotzdem mit dem Standpunkt von Heute. In zwei, fünf oder 10 Jahren werde ich dann vielleicht anders abstimmen.

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Ein lesenwerter Artikel, den hier alle mal lesen sollten, besonders Diejenigen die in diesem Thread schon mehrfach etwas geschrieben haben.

Die 5. Spalte kann ich teilweise nicht richtig lesen (es kommt dabei nicht “das Richtige” heraus), aber die 1. und 2. quasi problemlos.
(Ich hatte zwei Jahre russisch in der Schule und habe nur Dreien bekommen. Lesen funktioniert noch immer gut, aber meine allgemeine Übersetzungsfähigkeit ist etwas eingerostet.)
Wenn ich die 4. Spalte mit der 2. vergleiche, passt es imho zu 98% .
Ein Screenshot davon (aus dem von dir verlinkten Artikel) :
image

PS:
Mehr schreibe ich zum Thema nicht, da das Ganze von beiden Kriegsparteien (Ukraine und Russland) … :speak_no_evil:

Was meinst du? Das Kyjiw die “richtige” ukrainische Transkription ist bezweifelt glaube ich keiner. Darum geht es aber bei name:de nicht. Für Transkriptionen gibt es ja idR. Regeln. Das könnte jeder Auswerter aus name ableiten, wenn er die Transkription darstellen wollen würde. Bei name:de geht es aber nur darum, worunter das Objekt bei der Mehrheit der Deutschen bekannt ist. Sobald das Kyjiw ist, kann man name:de anpassen.

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Ich weiß nicht, ob das wirklich das Kriterium ist, bzw. sein sollte. Ein Beispiel:

Weil der Name der Stadt Lwiw für viele Leute schwierig auszusprechen ist, wird nun oft in den Nachrichten von „Lemberg“ gesprochen. Und damit setzt sich so langsam dieser Name wieder durch, weil Menschen, die nicht so sprachbegabt sind, immer solche einfach auszusprechenden Namen bevorzugen werden.
Da dieser Name allerdings aus der Habsburger Zeit kommt, würde das Taggen auf name:de=Lemberg durchaus Stirnrunzeln und kein ungeteiltes Wohlwollen hervorrufen. Dasselbe gilt für viele Städte in Ostpreußen (z.B. Memel), die sogar von der dort noch sesshaften deutschsprachigen Bevölkerung so genannt wird.

Was ich damit sagen will: Manche Namen meiden wir, weil deren Benutzung ein „Gschmäckle“ hat. Für uns sind das vor allem Namen aus der NS-, aber auch aus der Habsburger Zeit. Ich kenne auch immer noch extrem viele Leute, die Karl-Marx-Stadt, oder Leningrad sagen. Aus politischen Gründen nennt man diese Namen aber nur im old_name:de und genauso würde ich bei Namen verfahren, die in anderen Ländern unerwünscht sind und dort Naserümpfen verursachen, vor allem wenn die Deutsche Regierung das auch schon anerkannt hat.

Mit „Mehrheit“ hat das nicht immer etwas zu tun, aber es ist ein mögliches Kriterium bei der Bestimmung, welche Namen nun in name:de, old_name:de und alt_name:de gehen sollten. Ich glaube aber nicht, dass man es ausschließlich auf dieses Kriterium reduzieren sollte, sondern ein wenig Fingerspitzengefühl benötigt. Jeder Fall ist anders und Namen sind sehr heikel.

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Es ist allerdings ein Unterschied, ob es um Schreibvarianten desselben Namens geht oder ob ein ausländischer Ort einen komplett anderen deutschen Namen bekommt, wie bei Lwiw = Lemberg. Wer nicht weiß, dass das dieselbe Stadt bezeichnet, finden den Ort auf der Karte nicht.

Das ist mein Denkansatz - der pragmatische. Eine Karte muss vor allem optimal nutzbar sein. Das ist sie dann, wenn man die Namen von Orten auf ihr in einer Form findet, die einem vertraut ist und wo man nicht erst rätseln oder googeln muss, was für alternative Schreibweisen es gibt. Ganz platt: Im name=* steht, wie etwas heißt, und nicht, wie es heißen soll.

Deshalb sollten wir die Entwicklung abwarten, statt ihr vorzugreifen. Ich habe nichts gegen die Schreibweise Kyjiw, sobald sie vom durchschnittlichen Nutzer verstanden wird.

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Das sehe anders. Es geht um eine komplett unterschiedliche Aussprache, in etwa wie Peking vs. Beijing.

Sorry, aber Namen sind ein sehr sensibles Thema. Wenn sich Dir jemand als „Joseph“ vorstellt und Du ihn kontinuierlich „Sepp“ nennst und er Dir mehrere Male sagt, Du mögest ihn bitte doch „Joseph“ nennen und Du ignorierst das, dann ist das in etwa so, wie wenn wir eine Stadt so nennen, wie die Menschen es vor Ort explizit nicht möchten. Das finde ich mehr als nur unhöflich.

Wenn jeder nach OSM-Art verfahren würde und weiterhin „Kiew“ schriebe, dann würde sich der Name auch nie ändern, weil keiner der erste sein möchte, der ihn ändert. Und ich wage zu bezweifeln, dass dieselben Argumente damals bei der Umbenennung von München-Gladbach nach Mönchengladbach gebracht worden wären. Da hätte es vermutlich eher einen Wettlauf im Ändern des Namens gegeben. Gibt es bei Umbenennungen von Gemeinden und Städten/Dörfern ja durchaus (z.B. Bischofsheim i.d.Rhön, oder Stolpe an der Peene). Es hat bisher niemanden interessiert, ob sich der Name „schon durchgesetzt“ hat, warum also auf einmal?

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Keine Frage. Natürlich würde ich mich im persönlichen Kontakt nach seinem Wunsch richten (und eh du jetzt ein völlig falsches Bild von mir bekommst: ich frage sogar ausdrücklich nach, wie ein Name ausgesprochen wird, der mir nicht vertraut ist, weil ich jeden so ansprechen will, wie er es wünscht).

Ich finde das aber nicht gut vergleichbar. name:de=Kiew heißt nicht “Diese Stadt will auf Deutsch Kiew genannt werden”, sondern “Dies ist die Stadt, die man auf Deutsch Kiew nennt”. Es ist eine Abbildung des üblichen Namens, keine Vorgabe. Karten sind deskriptiv, nicht instruktiv.

Vergleichbar ist das allenfalls mit einem Gespräch über Joseph abends in der Kneipe: “Ich hab mich heute mit Joseph unterhalten” - “Mit wem?” - “Mit Sepp.” - “Ah.” Da muss der übliche Name genommen werden, damit man verstanden wird, auch wenn ich selbst ihn Joseph nenne.

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Und woran machen wir das fest, wenn nicht an der Schreibweise im Länderverzeichnis? Wenn’s zum ersten Mal in der Bild so genannt wird? Worauf genau warten wir? Wer muss die Stadt jetzt so nennen? Die „gefühlte Mehrheit“ der Deutschen? Die Zeitungen? Ihr selbst? Für mich fühlt sich das so an, als ob wir hier den Torwächter spielen wollen, wie eine Stadt auf Deutsch heißt. Das ist nicht Aufgabe von OSM.

Glaubt jemand ernsthaft, wenn auf einer Deutschen Karte Kyjiw statt Kiew stünde, verstünde niemand, dass es das alte Kiew ist? Kann ich nicht glauben. Es geht ja nicht um eine Umbenennung wie Leningrad in St. Petersburg, wo man sich tatsächlich wundern würde.

Und soll zukünftig bei allen Änderungen von Ortsnamen so verfahren werden? „Ja, offiziell heißt es Bad Belzig, aber lasst uns erstmal abwarten, bis sich der Name durchgesetzt hat, bevor wir Belzig in OSM umbenennen“

Edit: ich merke, dass ich hier zu emotional bin. Ich nehme mich erstmal aus der Diskussion aus, bevor meine Argumente als beleidigend herüberkommen, denn so sind die nicht gemeint.

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Wie man den Diskussionen auf Wikipedia entnehmen kann, gibt es dafür auch objektivierbare Quellen. Als ersten Anhaltspunkt hatte ich Google Trend (Auswertung der Suchanfragen) bereits genannt. Eine weit wissenschaftlichere Quelle sind Auswertungen einer Einrichtung in Leipzig (ich habe den korrekten Namen nicht parat, m.M.n. müsste es aber das Bibliographische Institut oder sowas sein). Die bilden sogenannte Häufigkeitsklassen. Was sie genau auswerten, weiß ich aus dem Gedächtnis jetzt auch nicht mehr, lässt sich aber sicherlich finden. Jedenfalls wird letzteres gern als Grundlage für Wikipedia genommen.

Wir sind uns wohl einig, dass es nicht ein alleiniges Kriterium gibt, aber hast du einen link zu diesem (offiziellen?) Länderverzeichnis? Das wäre ja womöglich auch eine sinnvolle Quelle von mehreren und wir sprachen IMHO darüber hier noch gar nicht.

Zur historischen Quellen habe ich noch den Ngram Viewer von Google gefunden. Dieser wertet digitalisierte Druckwerke (in Google Books) der letzten ca. 500 Jahre aus. Die Ergebnisse sind ein wenig mit Vorsicht zu genießen, da die Schrifterkennung (insbesondere von angegilbten Büchern in deutscher Frakturschrift) nicht 100prozentig zuverlässig ist. Ich habe jedoch inzwischen eine Chronik gefunden, welche im Jahr 1620 gedruckt wurde. Hierin, soweit ich den Text selbst lesen und entziffern konnte, ein Abschnitt über Oleg (Olech), Olga und Igor, einem Feldzug nach Griechenland und Constantinopel, dass Fürst Oleg enthauptet wurde und Fürstin Olga die Regentschaft übernahm. Die Beschreibung deckt sich in etwa mit der Entstehung der Kiewer Rus, natürlich mit dem Kenntnisstand (der Überlieferungen) des Jahres 1620. In einem Satz wird auch eine Flucht nach (wortwörtlich) Kiew erwähnt - genau in dieser Schreibweise!
Dies war 34 Jahre, bevor die Saporoger Kosaken den Eid auf den Moskauer Zaren schwörten und Kiew damit faktisch unter russische Herrschaft gelangte. Wie 1620 Kiew aus dem Russischen transkribiert werden sollte, erschließt sich mir daraus nicht.

Quellen muss ich heute Abend nachreichen, dafür reicht mir meine Pause jetzt nicht.