"Fahrradfreundliche Straßen" in Wien

Hallo!

Ich wollte vor ein paar Tagen endlich einmal die vermeintlichen Fahrradstraßen in meinem Grätzel taggen und musste dabei feststellen, dass es – wirklich, allen Ernstes – neben Fahrradstraßen auch sogenannte “fahrradfreundliche Straßen” in Wien gibt. Der Unterschied laut wien.gv.at:

Rechtlich unterscheiden sich Fahrradstraßen und fahrradfreundliche Straßen darin, dass fahrradfreundliche Straßen nicht Teil der Straßenverkehrsordnung sind. Damit sind die Bestimmungen der StVO zu Fahrradstraßen hier nicht gültig: Das Nebeneinanderfahren mit dem Rad ist nicht gestattet und die Zu- und Durchfahrt ist für Kfz rechtlich möglich, soll aber weitgehend unterbunden werden.

Fahrradstraßen und fahrradfreundliche Straßen sollen so gestaltet werden, dass der Vorrang für den Radverkehr klar erkennbar ist. Dabei soll zwischen Fahrradstraße und fahrradfreundlicher Straße nicht unterschieden werden.

Bevor ich das herausgefunden hatte, habe ich unter Zuhilfenahme des Wiki-Artikels zu bicycle_roads den Straßen folgende tags hinzugefügt:

  • bicycle_road=yes
  • vehicle=destination
  • bicycle=designated
  • maxspeed=30
  • source:maxspeed=AT:bicycle_road

So, danach hab ich nach den Schildern der Fahrradstraße gesucht, keine gefunden und realisiert, dass das gar keine echte Fahrradstraße ist; dass sie da offenbar einfach schöne Radl-Piktogramme auf die Fahrbahn gemalt haben. Nach ein bisschen mehr Recherche war dann klar: es sind eben “fahrradfreundliche Straßen”. Was nun? Also wie würdet ihr so eine Straße taggen?

Die Sache ist nicht so einfach, weil es eben weder lane noch track gibt… Es wäre am ehesten cycleway=shared, der Standardwert. Aber die Fahrradpiktogramme machen eben doch einen Unterschied… NIemand weiß wirklich was das soll, aber irgendwie meinen wohl die meisten (egal ob sie mit dem Radl oder mit dem Auto unterwegs sind), es könnte eine Fahrradstraße sein.

Ich habe das jetzt bei Mittersteig / Kleine Neugasse so gelöst, dass ich ausschließlich bicycle_road=yes hinzugefügt habe. Also eben ohne vehicle=destination, bicycle=designated und ohne source:maxspeed=AT:bicycle_road. Wenn ich wirklich glücklich damit wäre, würde ich hier nicht posten :slight_smile:

Hat jemand eine bessere Idee?

Ich finde die Idee gut , eventuell noch note=“unechte Fahrradstraße” oder so ergänzen.

Stimmt, so eine note ist sicher eine gute Idee – einfach um deutlich zu machen, dass das Tagging bewusst so (“unvollständig”) vorgenommen wurde, weil es eben keine echte Fahrradstraße ist.

Ach das sollte das also beim Hauptbahnhof (Schelleingasse) sein? Da dachte ich mir einmal, da fehlt irgendwie noch etwas nach dem Umbau. Ist natürlich wahnsinnig hilfreich, nachdem die meisten Autofahrer sowieso schon nicht wissen, was sie bei einer Fahrradstraße dürfen oder v.a. nicht dürfen…

Was zeichnet diese fahrradfreundliche Straßen aus? Sind es nur die großen Piktogramme oder wurden sie auch umgestaltet? Viele dieser Straßen haben nach wie vor Parkstreifen für Autos und sind alles andere als perfekt für den Radverkehr.

Ich finde, die Stadt Wien hat hier einen Marketing-Begriff erfunden, der rechtlich keine Implikationen hat. Ich würde es nicht mit bicycle_road taggen.

Meistens werden solche Straßen ggü Querstraßen bevorrangt. Das kann man in OSM eintragen.

Übrigens: Der zitierte Text der Stadt ist übrigens veraltet. Seit einem knappen Jahr darf man überall bei Tempo 30 nebeneinander fahren (aber man muss ausweichen wenn jemand überholen will). Quelle: Allgemeine Verhaltensregeln für Radfahrer

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Für einfach nur Fahrradpiktogramme auf der Fahrbahn verwendet man

cycleway=shared_lane
cycleway:lane=pictogram

cycleway=shared sollte man nicht verwenden weil es mehrdeutig ist (shared mit wem?)

Siehe

https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Tag:cycleway%3Dshared_lane

und

https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Key:cycleway:lane

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Ja, auch die Schelleingasse (von der Blechturmgasse bis zur Graf-Starhemberg-Gasse) ist so eine fahrradfreundliche Straße, siehe dazu Radwegoffensive 2022 unter “Neue Fahrradstraßen und fahrradfreundliche Straßen”.

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Es sind nicht nur die Piktogramme, die Straßen wurden schon auch umgestaltet. Eigentlich nicht speziell für den Radverkehr. Es ist einfach klar spürbar, dass der Raum nicht mehr ausschließlich als Autofahrbahn und -parkplatz gedacht ist. Es gibt neben den Piktogrammen breitere Gehsteige, mehr Grünflächen und Bäume, Trinkbrunnen, Sitzmöglichkeiten und so.

Leute, die mit dem Auto unterwegs sind, fahren meiner Erfahrung nach (bei Mittersteig / Kleine Neugasse) etwas vorsichtiger und zurückhaltender. Leute, die mit dem Rad unterwegs sind, neigen weniger dazu, aus falscher Rücksicht so weit rechts zu fahren, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie eine plötzlich aufspringende Autotür erwischt.

Es geht ja stark ums Kulturelle, das Selbstverständnis der Verkehrsbeteiligten in ihren jeweiligen Rollen, nicht nur ums Juristische. Ich bin immer wieder schockiert, wenn ich aufs Land fahr und einen Zebrastreifen benutze. In weiten Teilen Österreichs glauben die Leute offenbar, man müsste da geduldig stehen und warten, bis jemand so großzügig ist, sich einzubremsen. Wer gut erzogen ist, bedankt sich dann noch unterwürfig.

Also kurz gesagt: Ich glaube schon, dass diese fahrradfreundlichen Straßen was bringen. Ich fühl mich auf dem Rad dort definitiv wohler als vorher. Für schwierig halte ich ganz einfach die Abgrenzung der fahrradfreundlichen Straße von der Fahrradstraße.

Aja, stimmt – danke für den Hinweis! Das mit dem Ausweichen, wenn jemand überholen will, macht die ganze Sache eigentlich unnötig. Wenn ich die ganze Zeit darauf achten muss, ob eh kein leises Auto von hinten daherkommt, dann spar ich mir den Stress mit dem Nebeneinanderfahren lieber gleich…

Oh, das kannte ich nicht. Damit ist meine Frage beantwortet – danke!

Hier ein paar Fotos von der Schelleingasse: https://twitter.com/WSchauen/status/1634965089752326144

Rein optisch hebt sich die mit den riesigen Piktogrammen sogar stärker ab, als das bspw. bei der Kuchelauer Hafenstraße der Fall war. Kommt dort jetzt eigentlich wieder eine Fahrradstraße? Das war ja die erste in Wien und wurde dann irgendwann wegen irgendwelche Bauarbeiten wieder für den Autoverkehr freigegeben.

Ich war da etwas vorschnell, deine Antwort als Lösung zu markieren. Hat etwas gedauert bis ich drauf gekommen bin…

Zumindest in Wien gibt es zwei völlig unterschiedliche Fälle, in denen man nach deinem Vorschlag (wenn ichs richtig verstehe) dieselben Tags verwenden würde:

  • Straßen, die keine cycleway:lane=exclusive und nicht einmal eine cycleway:lane=advisory haben, sondern nur Piktogramme. In diesen Fällen sind die Piktogramme relativ klein. Hier ein Beispiel (das ist in der Graf-Starhemberg-Gasse):

  • Straßen, auf denen Fahrrad-Piktogramme in der Breite fast des gesamten Fahrstreifens zu finden sind. Diese Piktogramme findet man in Wien eben nur auf Fahrradstraßen und den hier erwähnten “fahrradfreundlichen Straßen”. Hier wieder ein Beispiel (ein anderes ist auch auf den von Luzerando im letzten Posting verlinkten Fotos von der Schelleingasse auf Twitter zu sehen):

Mein ursprüngliches Problem ist also leider doch nicht gelöst :expressionless:

Für diese Fälle gibt es kein gesondertes Tagging. Rechtlich haben keine der beiden Varianten eine Bewandnis, oder?

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Also ich bin kein Jurist und soweit ich das verstehe, wenn ich die Straßenverkehrsordnung lese, dann gibt es in Österreich auf der Fahrbahn nur genau zwei unterschiedliche Radfahranlagen:

Radfahrstreifen: ein für den Fahrradverkehr bestimmter und besonders gekennzeichneter Teil der Fahrbahn, wobei der Verlauf durch wiederholte Markierung mit Fahrradsymbolen angezeigt wird

Mehrzweckstreifen: ein Radfahrstreifen oder ein Abschnitt eines Radfahrstreifens, der unter besonderer Rücksichtnahme auf die Radfahrer von anderen Fahrzeugen befahren werden darf, wenn für diese der links an den Mehrzweckstreifen angrenzende Fahrstreifen nicht breit genug ist oder wenn das Befahren durch Richtungspfeile auf der Fahrbahn für das Einordnen zur Weiterfahrt angeordnet ist.

Was die Bodenmarkierungen betrifft, habe ich den Eindruck, dass das Gesetz nur sehr wenig klar regelt und den Ausführenden Ländern, Gemeinden, etc. (warum auch immer) sehr viel Freiheit lässt… Zurück zu deiner Frage: Nein, soweit ich das nachvollziehen kann, haben beide Varianten rechtlich keinerlei Bedeutung.

Denn ich vermute ein echter Radfahrstreifen braucht eine Sperrlinie – es ist ja ein Teil der Fahrbahn, der dem Radverkehr vorbehalten ist. Und ich vermute ein echter Mehrzweckstreifen braucht eine Leitlinie, damit die anderen Fahrzeuge überhaupt mitbekommen, dass da ein solcher Streifen ist, den sie in bestimmten Fällen auch nutzen dürfen (nämlich wenn der angrenzende Fahrstreifen nicht breit genug ist usw. usf., s. o.).

Noch ein Zitat aus dem Gesetzestext:

Radfahranlage: ein Radfahrstreifen, ein Mehrzweckstreifen, ein Radweg, Geh- und Radweg oder eine Radfahrerüberfahrt

Ich glaube, wir haben es im rechtlichen Sinne hier gar nicht mit Radfahranlagen zu tun… Kann das sein?

Edit:

Die beste Quelle, die ich finden konnte, ist eine Erläuterung der Anlagearten von der Radlobby. Und laut der sieht es wirklich so aus, wie ich dachte: Es sind beides keine Radfahranlagen. Der erste Fall ist dort dokumentiert als Sharrow, der zweite Fall noch gar nicht.

Weil das aus der StVO allein nicht klar ist ob sharrows (shared_lane?) ausreichen, laut ARBÖ muss schon eine Längsmarkierung her für so einen Radfahrstreifen (lane).

Wäre es vielleicht denkbar, im Falle von “fahrradfreundlichen Straßen” zusätzlich zu

cycleway=shared_lane
cycleway:lane=pictogram

zur Abgrenzung von Straßen mit kleinen Fahrrad-Piktogrammen (die einfach zu eng für eine Radfahranlage sind) noch

vehicle=yes
bicycle=designated

zu setzen? Macht das irgendwie Sinn?

Sieht man eigentlich irgendwo vor Ort das Wort “fahrradfreundliche Straße”? Wenn ja, könnte man das irgendwie taggen.

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Persönlich ist es mir bisher noch nirgends aufgefallen, ich hatte eher den Eindruck einer Fahrradstraße, die noch nicht fertig ist, wo die Beschilderung fehlt und nicht ganz klar ist, wo sie anfängt und endet.
Offenbar gibt es aber durchaus auch Schilder, die darauf hinweisen, aber keine Ahnung, wie verbreitet die sind. Siehe auch

Mit einer “fahrradfreundlichen Straße” geht kaum etwas einher, das die Straße von einer herkömmlichen “Radroute” unterscheidet. Die Wortfolge dieses Straßentypes ist (mit Ausnahme der allerersten, Hasnerstraße) vor Ort auch nicht zu finden. Auch im Online-Stadtplan der Stadt Wien sind diese Straßen - blau strichliert - als “Radrouten” verzeichnet, wenn keine speziellere Kategorie (RgE, vkber. Bereich) zutrifft. Siehe auch ähnliche Diskussionen zu Bike Boulevards, wenn sie rechtlich normale Straßen sind.

Ich schlage daher vor, sie zu mappen wie andere Radrouten auch, die bloß durch Wegweiser vor Ort auffindbar sind.

Das Zusatzmerkmal der Radpiktogramme in diesem Straßenzug kann man mit dem Sharrow-Tagging abbilden (siehe auch @westnordost oben).

cycleway = shared_lane
cycleway:lane = pictogram

Ob es jetzt “große” Piktogramme der fahrradfreundlichen Straßen sind oder “kleine” Piktogramme wie in der Alser Straße, Gumpendorfer Straße, Nußdorfer Straße oder Wilhelmstraße, das wird in der OSM mWn bisher nicht unterschieden.

Das Zusatzmerkmal “Vorrang” ist je Kreuzung anders (daher ist auch Anfang und Ende so einer fahrradfreundlichen Straße unklar) und kann separat in die OSM eingetragen werden.

Tags die meiner Meinung nach nicht passen, weil keine rechtliche Fahrradstraße, keine legale Beschränkung auf Erschließungsverkehr, keine legale Festlegung auf Radverkehr:

    bicycle_road=yes
    vehicle=destination
    bicycle=designated

Ja, bicycle_road=yes wird nur getaggt wenn ein Fahrradstraßen-Schild vorhanden ist.

Dies kommt mit weiteren Einschränkungen einher. Aktuelle Gesetzeslage in Österreich schreibt z.B. vor, dass kein Durchgangsverkehr für Autos erlaubt ist (außer per Zusatztafeln explizit erlaubt).

Siehe Tag:bicycle_road=yes - OpenStreetMap Wiki

Die aktuelle Version des Wiki-Artikels wurde leider noch nicht ins deutsche übersetzt.

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Das erste Beispiel (Graf-Starhemberg-Gasse) ist ein Piktogramm eines “Radfahren gegen die Einbahn”, dies wird mWn pauschalisiert per Einbahn-Ausnahme in die OSM eingetragen. Ob in diesen Fällen Piktogramme vorhanden sind bzw. eine zusätzliche Leitlinie unmittelbar an Kreuzungen (wie Graf-Starhemberg-Gasse # Waltergasse drei Mal) wird bisher nicht separat erfasst.

Das zweite Beispiel (Kaistraße) ist bezüglich Radstreifen gegen die Einbahn bereits getaggt,

oneway:bicycle=no
cycleway:left=lane
cycleway:left:lane=advisory

die größeren Radpiktogramme in Fahrtrichtung hat noch niemand eingetragen. Das könnte man nach obigem Vorschlag so ergänzen.

cycleway:right=shared_lane
cycleway:right:lane=pictogram