Waldflächen in Deutschland sind zum größten bewirtschaftet und von einem dichten Wegenetz durchzogen. Eine Beschilderung der Zugangsbeschränkungen findet man im Normalfall nur an den Zufahrten von öffentlichen Straßen und Wegen, die von diesen Zufahrten abzweigenden Forststraßen und sonstigen Wege sind nur in seltenen Ausnahmefällen zusätzlich beschildert.
Hier in Nordhessen ist die Standardbeschilderung “Privatweg gesperrt für Kraftfahrzeuge außer Forstbetrieb”, also motor_vehicle=forestry. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass diese Beschilderung auch an alle abzweigenden Wege “vererbt” wird und habe diese genauso getaggt, auch wenn eine separate Beschilderung am Abzweig nicht vorhanden war.
Mittlerweile habe ich aber diverse Abweichungen feststellen müssen:
Es gibt Zufahrten, bei denen das Standardschild fehlt. Manchmal liegt es irgendwo im Gestrüpp, machmal ist es einfach weg. Wenn ich nun über so eine Zufahrt komme, kann ich im Prinzip das ganze Wegenetz mit dem Auto befahren, bis ich irgendwo aus dem Wald rausfahre und im Rückspiegel das Standardschild sehe, das dort die Einfahrt verbietet.
Manchmal erreicht man den Waldrand erst über vorgelagerte Feldwege. Diese sind hier leider, wie an vielen anderen Stellen auch, fälschlicherweise mit Zeichen 250 + “ausgenommen land- und forstwirschaftlicher Verkehr” beschildert, also vehicle=agricultural;forestry.
Wenn dann am Waldrand kein Standardschild steht (und das ist in diesem Fall häufg so), müsste sich das vehicle=agricultural;forestry auf das gesamte darauf folgende Wegenetz “vererben”, das aber von anderer Seite her schon das motor_vehicle=forestry “geerbet” hat. Was gilt?
Bisher bin ich so vorgegangen, dass ich das Wegenetz im Wald überall mit motor_vehicle=forestry getaggt habe, auch dort, wo schon mal ein Schild abhanden gekommen ist oder geklaut wurde. Und da, wo es vom Wald auf die Felder geht, eben vehicle=agricultural;forestry, wenn es an der Zufahrt von der Straße so beschildert ist. Aber 100%ig schlüssig lässt sich das so eben nicht an allen Wegen verifizieren.
Zusätzlich zu der Standardbeschränkung für Motorfahrzeuge ist an manchen Zufahrten desselben Waldgebietes ein zusätzliches Verbot für Reiter und/oder Pferdefuhrwerke beschildert. Eine Aufhebung dieser Beschränkung an den abzweigenden Wegen habe ich noch nie gesehen, also müsste sich diese Beschränkung ebenfalls auf alle abzweigenden Wege “vererben”, die von einer anderen Zufahrt her bereits motor_vehicle=forestry ohne diese Zusatzbeschränkung “geerbt” haben. Auch hier “beissen” sich die Beschränkungen genauso wie im Fall Nr. 2.
Wie sind diese unterschiedlichen Beschränkungen, die alle dasselbe Wegenetz betreffen, am sinnvollsten zu taggen??
Genau dazu wollte ich auch ein Thema machen. Diese widersprüchliche Beschilderung gibt es nicht nur an Waldwegen, sondern auch an Feldwegen generell. Da steht an einer Zufahrt 250 + Anlieger frei, an der nächsten 250 + Landwirtschaftlicher Verkehr / Anlieger frei. Ich persönlich würde vorschlagen, an jeder Zufahrt am ersten Way den Access mit forward oder backward für das jeweilige Schild zu setzen. Wenn eine Behörde es versäumt das passende Schild aufzustellen, kann auch kein Bußgeld verhängt werden. Einen Bereich zu taggen ist praktisch unmöglich. Bei den Waldwegen weis ich aber nicht genau, ob es auch ohne Schilder generell gesetzlich verboten ist, sie mit Kraftfahrzeugen zu befahren.
Mammi71
(One feature, Six mappers and still More ways to map it)
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das dürfte lt. diverser Waldgesetze in allen Bundesländern verboten sein. Ich wüsste nicht, dass davorn irgendwo (allgemein) abgewichen wird. Einzelne Ausnahmen müssten ausgeschildert sein.
Was forestry und agricultural angeht, da bin ich ziemlich schmerzfrei. Denn wir mappen für die Allgemeinheit. Förster und Landwirte als spezielle Nutzergruppen wissen auch ohne OSM, wo sie lang dürfen und wo nicht, und wenn zwei Äcker durch einen track durch ein Waldgebiet verbunden sind, wird wohl kein Landwirt außen rum tuckern, nur weil in OSM kein agricultural dran steht.
Bei fehlenden Schildern würde ich auch keine Ausnahmen machen, und kein richtungsbezogenes Tagging (rein darfste, raus nicht). Grund: Wer pflegt das? Also wenn das Schild nächstes Jahr wieder steht, wer kümmert sich in OSM dann um die zeitnahe Beseitigung des Ausnahmetaggings? Ohne ausdrückliche Freigaben wird ein unbeschilderter Feldweg bei mir getaggt wie seine Kollegen nebenan.
Bei bicycle oder horse sieht es natürlich anders aus, dass ist bei Freizeitaktivitäten für die Allgemeinheit interessant.
Genauso sieht aber die Realität häufig aus. Ein Bereich mit Feldwege hat 5 Zufahrten, bei einer steht kein Schild, bei drei darf man mit dem Fahrrad einfahren, bei einer nicht. Wie will man das sonst darstellen?
Mit *:forward/backward wäre ich da vorsichtig, da ich ja kurz vor der Rückseite des Schildes wenden kann. Wenn sich also auf Grund von unterschiedlichen Beschilderungen keine Zonen ergeben, bleibt eigentlich nur die Möglichkeit no_entry Beschränkungen mit entsprechenden Ausnahmen als Relationen einzutragen und natürlich die Schilder, wo sie stehen mit direction=*.
Ja, stimmt. Ich tagge an den Weg noch traffic_sign:forward/backward. Damit ist das immerhin klar erfasst. Und Router können das auswerten. Müssen die sich überlegen wie sie das handhaben. Z.B. einfach nur ein Hinweis geben: “Unklare rechtliche Situation. Trotzdem diesen Weg benutzen?” Ich denke darüber nach die access-Tags ganz sein zu lassen. Bei solchen undefinierten Verkehrszeichen-Situationen kann man eh kein access korrekt ableiten.
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Mammi71
(One feature, Six mappers and still More ways to map it)
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abgesehen von der Antwort von FraukeLeo ist in weiten Teilen von BaWü eher die frage wie man einen asphaltierten Feldweg von einer normalen Straße unterscheidet.
ich bin bei der Verkehrsverbots-Problematik (VZ 250 statt 260 bzw. fehlende Freigabe für Radverkehr) pragmatisch und tagge an Feld- und Waldwegen selten Access-Tags, sondern lasse einfach den Standardwert gelten. Das ist ein noch viel größeres – oft rechtswidriges – Schilder-Chaos als bei Radweg(benutzungspflichten). Letztere versuche ich wenigstens so gut wie möglich zu taggen.
Wenn man der Sache auf den Grund geht, wird man vermutlich in vielen Fällen darauf stoßen, dass entweder die zugrunde liegende verkehrsrechtliche Anordnung nie erfolgt ist oder die Akte nicht existiert. Und sollte sie existieren, müsste sich das Radfahrverbot an den hohen Maßstäben den § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO messen (beispielhaft ein Urteil des VG Augsburg). Die meisten Feldwege sind aber weniger gefährlich als der allgemeine Straßenverkehr …
Manchmal schreibe ich auch Behörden wegen der Verwechslung von VZ 250 und 260 freundlich an. Ein paar Fälle, teilweise sogar noch nicht abgelaufenden laufenden Widerspruchsfristen (falls die Behörde unwillig ist), sind da noch in der Warteschlange.
Ich kenne eine Gemeinde, die sich sogar das Zusatzzeichen für Land- bzw. Forstwirtschaft frei spart.
Forstarbeiter und Schäfer (Radfahrer sowieso) fahren da trotzdem munter rauf und runter, kürzlich sogar eine Ministerin zu Besuch auf der Schafweide.
Da macht ein korrektes access-Tagging kaum noch Sinn.
Ich kenne viele Stellen, wo Leute sich regelmäßig nicht an die Verkehrsregeln, Verbote und Gebote halten. Das halte ich für kein gutes Argument, diese dann nicht trotzdem so zu erfassen.
Die OSM Datenbank (!) kann durchaus auch dazu dienen falsche VZ aufzuspüren. Der Druck endlich richtige Schilder aufzustellen wird nur dann größer, wenn auch Router oder Apps wie Komoot nicht mehr “richtig funktionieren”, weil sie sich an die Verkehrsregeln halten.
Das Problem ist aber nicht nur auf Waldwege begrenzt, sondern auf jeden Weg und jede Straße, wo je nach Richtung, von der man kommt, verschiedene Ver- und Gebote gelten. Da hilft es auch nichts, ortskundig zu sein.
Wir haben hier in Hannover, ganz neu, eine neue Fußgängerzone, wo nur auf einer Seite „Fahrradfahrer frei“ ergänzt ist. Und das bewusst! War auch schon in der Zeitung, aber scheinbar ist man sich in der Verwaltung keines Fehlers bewusst
Es ist halt immer schwierig herauszufinden, ob ein Schild rechtswidrig bzw. so vorgesehen ist oder nicht. In Hessen kann man ja in der Regel keine IFG-Anfragen an Kommunen senden, da sie dafür eine entsprechende Satzung erlassen müssen. Da bleibt einem ja eigentlich nix anderes übrig als wegen jedem Schild nachzufragen. Kennt jemand noch andere Wege um an die Anordnungen zu kommen?
Träum weiter. Die Nutzer werden den Weg des kleinsten Widerstandes nehmen, auf Apps ausweichen, die “richtig funktionieren” und nicht jedes Verbot so päpstlich beachten, und OSM hat verloren.
abgesehen von der Antwort von FraukeLeo ist in weiten Teilen von BaWü eher die frage wie man einen asphaltierten Feldweg von einer normalen Straße unterscheidet
ja, in BaWü fand ich das schon immer unklar, dass Feldwege unabhängig von der Beschilderung verboten sind, aber es auch schmale Straßen gibt, die physisch wie Feldwege aussehen, auch weil alle größeren Feldwege asphaltiert sind. Manche Wege die vor 30 Jahren noch legale Abkürzungen waren sind mittlerweile auch klar beschildert als verboten, aber ich wurde auch schon über Wege geleitet die ich selbst nicht mehr als Straßen gesehen hätte
Ich kenne Router, die für ihre Berechnung die Existenz von markierten Radrouten mit bicycle=yes gleichsetzen, weil sie fehlertolerant sein müssen, um brauchbare Ergebnisse zu liefern.
Selbst habe ich schon etliche Feld- und Waldwege an der ersten Kreuzung geteilt und auf dem “neuen” inneren Abschnitt access entfernt, weil ich auf gleichwertigen Waldwegen ohne Einschränkungen diesen Abschnitt erreicht habe.
In meinem Heimatbereich gibt es auch eine Reihe von Waldwegen, deren Benutzung durch eine Schranke aber ohne Beschilderung eingeschränkt ist.
Forst- und Waldwege gibt es hier zwar nicht so sehr - aber größere Wohnbereiche ohne KFZ- Verkehr.
An den Einfahrten dieser Bereiche steht eine bunte Mischung aus 239, 240, ganz selten ein 241 - ich habe auch schon ein 237 gesichtet.
Spätestens an der nächsten Kreuzung (wie gesagt: alles ohne KFZ)) oder Einmündung kann man sich dann aussuchen was denn nun gilt. Auch der Belag - mal gepflastert, mal asphaltiert oder die Breite läßt keine eindeutige Unterscheidung zu.
Ich habe mich entschieden, gar nicht erst zu versuchen da irgendetwas sinnvolles mit access zu machen sondern beschränke mich darauf die entsprechenden Verkehrszeichen mit Richtung zu erfassen.
Die Beschilderung dürfte den Gemeinden ähnlich wichtig sein wie die der Forst- und Waldwege.
Man könnte natürlich auch versuchen, die Gemeinde auf das Chaos aufmerksam zu machen und eine logische Beschilderung zu erwirken. Das ist dann aber ein zusätzliches Hobby und hat mit OSM nur sehr bedingt zu tun…
Ich habe für einen Geofabrik-Kunden die Graphhopper-Fahrrad-Profile angepasst (z.B. stärkere Präferenz für Asphalt). Der Kunde beschwerte sich, dass ein augenscheinlich kürzerer und günstigerer asphaltierter/betonierter Weg durch die Weinberge nicht benutzt wurde. Versursacht hat das ein vehicle=agricultural (vermutlich VZ 250 mit Freigabe für landwirtschaftlichen Verkehr aber ohne Radverkehrsfreigabe). Ich habe daraufhin vehicle=agricultural/forestry als Äquivalente von bicycle=yes betrachtet. Was blieb mir und meinem Kunden anderes übrig?
Es setzt sich auf dem Markt der durch, der ein Produkt anbietet, das die Kundenwünsche befriedigt. Ob das Routing bei straßenbegleitenden Radwegen auf den Radweg oder die Fahrbahn zeigt, ist ein geringer Fehler. Wenn aber die Radroute seltsame Umwege nimmt oder außerorts auf Straßen ohne Radwege führt, obwohl es ein attraktives Feldwegenetz gibt und ggf. sogar die grün-weißen Wegweiser am VZ 250 vorbeiweisen, wird der Durchschnittskunde das Produkt als “untauglicher Schrott” bezeichnen.
Ich erfasse abseits von Feld-/Waldwegen die Verkehrsverbote entsprechend der Beschilderung.
Daher mein Vorschlag: Schilder als Nodes auf dem Way erfassen (traffic_sign:(forward|backward)=* oder was für ein Tagging man bevorzugt) und parallel dazu bei der Anwendung auf die routingrelevanten Access-Tags am Way rechtswidrig erscheinende VZ 250 im Geiste als 260 anwenden.
Ich gehe mal davon aus, dass der Konsens, diese Verbote in OSM präzise zu erfassen, existiert, während es bei den Feldweg-Radfahrverboten hier im Forum die Lage der ganz genauen Mapper und der Mansiehtdochwasgemeintist-Mapper gibt.
Wenn uns der Markt dazu zwingt, Verbote falsch zu erfassen, wie soll man dann die Verbote in Schutzgebieten ernst nehmen? Als Datennutzer kann man die Grundlage/Motivation eines Verkehrsverbots schwerlich ermitteln. Dabei macht es bei der strenge des Radfahrverbots schon einen Unterschied, ob es sich um einen falsch beschilderten Feldweg oder ein Naturschutzgebiet handelt.
Ich selbst nehme aus der Diskussion und den obigen Gedanken die Botschaft mit, gründlicher und systematischer gegen die VZ 250 an Feldwege vorzugehen, die mir auf meinen Radtouren und Wanderungen begegnen. Ich werde bei Gelegenheit über meine Erlebnisse berichten …