Verlust öffentlicher Wege in Sachsen / Mapper gesucht

Ich wurde von https://www.sachsenswege.de/ mit einigen Fragen zu OSM kontaktiert. Daraus haben sich zwei Anfragen hier im Forum ergeben.

Durch eine Gesetzesänderung in Sachsen werden 2023 alle Wege zu Privatwegen, die bis dahin nicht als öffentlich genutzte Wege erfaßt/gemeldet sind. Ich weiß nicht ob das allgemein bekannt ist, mir war es völlig neu. Das dürfte aber massive Konsequenzen für alle Wanderer, Radler, Reiter und sonstige Freizeitnutzer von Feld- und Waldwegen dort bedeuten. Bzw. ich sehe schon zahlreiche Diskussionen “ich will meinen Privatweg aus OSM löschen” auf uns zu kommen.

Konkret ging es bei den Fragen an mich um ein Teilprojekt für die systematische Erfassung und Abbildung von offiziellen Reitwegen in OSM für die “Erlebnisregion Dresden”. In dem Zusammenhang wurde ich nach einem örtlichen Ansprechpartner gefragt, der sich mit den Gegebenheiten auskennt und dort beratend mithelfen könnte. Falls jemand Lust hat, bitte Bescheid sagen, dann stelle ich den Kontakt her.

Allgemein frage ich mich ob es nicht im Interesse des einen oder anderen örtlichen Mappers ist, zur Erfassung und Erhaltung der Nutzungsrechte an “seinen” Wegen beizutragen. Und ob OSM generell für das Projekt hilfreich sein kann, z.B. mit gezielten Mapathons, und ob gleichzeitig die systematische Erfassung und Pflege zusammen mit dem Verein was für OSM bringen kann.

Das war schon einmal als Thema hier angerissen, allerdings auf Radwege bezogen:
https://forum.openstreetmap.org/viewtopic.php?id=72443

Waldgesetz für den Freistaat Sachsen:

Bundeswaldgesetz:

Diese gesetzliche Regelungen treffen sowohl auf privaten also auch auf staatlichen Wald zu. Auch die in diesen Gesetzen genannten Wege werden nicht nach privat oder öffentlich unterschieden. Die Benutzung privater Waldwege kann nicht allein deswegen untersagt werden, weil es sich um einen privaten Weg handelt.

Allein dies spricht schon dafür, dass niemand verlangen kann, dass private Waldwege aus der OSM-Datenbank gelöscht werden. Etwas anderes ist es, wenn der Besitzer eines privaten Waldweges diesen on-the-ground entfernt, also z.B. umpflügt.

Ich denke, dass aufgrund des allgemeinen Waldbetretungsrechts auch von Privatwaldflächen Wanderer und Spaziergänger am wenigsten davon betroffen sein werden, wenn Wege nicht als öffentlicher Weg eingeordnet sind. Wahrscheinlich wird es Privatwaldbesitzer geben, die einen geänderten Status für sich so interpretieren, dass sie Radfahrern und Fußgängern die Nutzung “ihrer” Wege verbieten. Da wird dann wohl nichts anderes übrig bleiben, als sich in diesen Fällen an die zuständige Behörde zu wenden und überprüfen zu lassen, ob den die vom Gesetz vorgesehenen berechtigten Gründe für eine Sperrung bestehen:

Waldgesetz Sachsen:

Sachsen hat nur 28% Waldfläche. Weniger noch als der Bundesdurchschnitt.

Es geht m. E. gar nicht mal so sehr um Waldwege. Die Problematik geht auch tief in den urbanen Bereich und entlang von Fluss- und Seeufern, all da, wo das Waldgesetz nicht gilt.

Vielen Dank @NOP für Ihre Antwort per E-Mail und den Eintrag hier im Forum! Ihr Hinweis war gut. ich habe dann gemerkt, dass eine Abfrage in QGIS ins Leere lief und daher ich nur 329 Reitwege in Sachsen gefunden habe. Jetzt habe ich einen neuen Datensatz von der Geofabrik geladen und neu ausgewertet. Einmal aus den einzelnen Linien, wenn “highway = bridleway” oder wenn in den “other_tags” der Vermerk “horse=>yes” steht, dann ist es ein Reitweg. Weiterhin gibt es einen eigenen Layer mit Multilinien, wenn hier in den “other_tags” “route=>horse” steht, habe ich die Wege auch als Reitwege übernommen. Jetzt habe ich für gesamt Sachsen ca. 7600 Einzelobjekte mit “Pferdebezug”. Vielen Dank noch mal.

Unser Verein setzt sich dafür ein, dass alle heute öffentlich gewidmeten Wege in die Bestandsverzeichnisse der jeweiligen Gemeinden eingetragen werden. Es geht uns nicht um Privatwege. Waldwege sind Privatwege, es gibt aber sehr viele Wege im Wald die öffentlich gewidmet sind, aber nicht im Bestandsverzeichnis stehen. Das allgemeine Betretungsrecht im Wald, wie in der Feldlage ist dabei für uns nicht von Relevanz, denn es betrifft nur Privatwege. Das allgemeine Betretungsrecht ist ein wichtiges, aber ein “niedriges” Recht, denn es sichert nicht den Bestand von Wegen. Der Privateigentümer entscheidet allein. Weitere Infos auf unserer Homepage und auf unserem YouTube Kanal. Hier gehen wir rechtlich auch auf Waldwege und das allg. Betretungsrecht ein.

Entgegen der Auffassung im anderen Thread kommen rechtlich gesehen auch keine zusätzlichen Kosten auf die Gemeinden hinzu, weil SEIT 1993 die Gemeinden für diese Wege die Unterhaltungspflicht haben.

Wie richtig geschrieben, betrifft es nicht nur Radfahrer oder Wanderer, sondern auch die Landwirtschaft und Forstwirtschaft, Pendler, Fahrradfahrer, Angler, Hundeführer, Schuldkinder und und und. Gerade die Landwirtschaft und Forstwirtschaft kann sich nicht auf das allgemeine Betretungsrecht berufen, denn es gilt nur für Erholung. Land- und Forstwirtschaftsbetriebe müssten sich dann Notwegerechte vor Gericht erstreiten oder lange Umwege in Kauf nehmen, wenn ein Eigentümer den Weg sperrt oder die Überfahrt untersagt. In der Ortslage gilt erst recht kein allgemeines Betretungsrecht. Hier haben alle Bürger das Nachsehen, wenn Wege gesperrt werden. Das allgemeine Betretungsrecht gibt auch kein Recht, dass eine Kommune oder Wanderverein ein Wanderschild oder Ruhebank aufstellen darf. Es müssen immer individuelle Vereinbarungen getroffen werden und Rechtsnachfolger sind an die Vereinbarungen nicht gebunden. Mit jedem Verkauf und Erbfall beginnt alles wieder von vorn.

Ein wichtiges Ziel was wir haben ist, dass die Bestandsverzeichnisse in digitaler Form geführt werden müssen. Sehr viele Gemeinden haben noch Übersichtskarten aus den 1995er Jahren und Papierkarteikarten. Keiner sieht durch, sehr viele Fehler sind enthalten und der Bürger kann sie nicht auf einfache Art und Weise anschauen. Manchmal wird es auch von der Verwaltung verhindert.

Das auf die Schnelle. Die Unterstützereigenschaft in unserem Verein ist kostenlos und uns ist wichtig, dass die Rechtslage bekannt wird. Hierfür halten wir Vorträge, leisten Pressearbeit und stehen mit Politikern in Kontakt. Gestern war die Schlussabstimmung einer Gesetzesinitiative der Opposition im Landtag, wo wir auch als Sachverständige gehört worden. Nach der gestrigen Rede der Koalitionsabgeordneten ist absehbar, dass am Gesetz noch etwas verbessert wird. Das bedarf aber immer noch viel Aufklärungs- und Informationsaufwand, vor allem bei den Stadt- und Gemeinderäten, denn diese entscheiden und NICHT die Verwaltung.

Da greift dann aber § 59 BNatSchG/§ 27 SächsNatSchG. Und im Innenbereich gibt es meist eh Bebauungspläne, die das regeln.

Das die Gesetzeslage Konsequenzen für Landwirte etc. haben kann, ist mir klar. Das Eingangs-Posting zielte aber von der Argumentation sehr auf Wanderer, Radfahrer, Reiter und allgemein Freizeitnutzer ab.

Das es Probleme geben kann, habe ich selbst an einem Beispiel in Brandenburg beobachtet. Dort verlief am Rudower See bei Lenzen (Elbe) ein Wanderweg quer durch einen Campingplatz. Das war zu DDR-Zeiten und auch einige Jahre danach kein Problem. Dann wurde der Campingplatz eingezäunt und der Wanderweg war unterbrochen. Man konnte nicht mehr um den Rudower See drumherum wandern, da es keine Alternative gab. Irgendwann wurde dann ein steiler und holperiger Behelfsweg außen am Zaun entlang eingerichtet… Das ist insofern im Grunde so ein Beispiel, wie es auch in Sachsen eintreten könnte. Denn auch das allgemeine Betretungsrecht der freien Landschaft bezieht sich nicht auf umfriedete Privatgrundstücke. Da kann es dann durchaus von jetzt auf gleich vorbei sein mit dem Wanderweg am Fluss- oder Seeufer entlang.

Ich kann daher die grundsätzlichen Sorgen wegen des Gesetzes gut nachvollziehen und finde das Engagement von Sachsenwege gut und wichtig.

es geht ja nicht nur um Waldwege sondern auch auf der Flur, und wenn die Besitzer einen Zaun aufstellen (dürfen) bzw. ein Tor auf den Weg machen, erlischt die Betretungserlaubnis weil es nicht mehr offene Landschaft ist.
Das ist ein kulturelles Thema, in vielen Ländern ist es so, dass ein Großteil des Landes eingezäunt und nicht allgemein betretbar ist. Lohnt sich, dafür einzutreten dass es nicht so kommt

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Ich würde vorschlagen, auch die “modernere” Variante der “horse_scale” Gruppe einzubeziehen. Horse=yes ist ein Accesstag und wird nur selten gesetzt und wenn dann oft, das man daraus nicht ableiten kann, dass es sich um einen Reitweg handelt.

Accesstags werden normalerweise nicht gesetzt, wenn sie sich Standartmäßig ergeben. Man darf ja zB auf jeder Dorfstrasse Langreiten, solange es geht und nicht verboten ist. Man kann also überall “horse=yes” setzen, oder es bleiben lassen.

Sehr oft finden sich die “Nutzerspezifischen Informationen” in Relationen wieder. Ist zB ein normaler Waldweg Teil einer Reitroute (oder auch Wanderroute) kommt kein explizites Tag an den Weg, sondern er wird Teil einer Relation, in der die spezifische Info “Teil einer Route” abgelegt wird

Highway=bridleway existiert in Grossbritannien, in Deutschland ist es Wert das Tagging zu überprüfen. Es gibt schlicht und ergreifend sehr wenige mit dem “blauen Schild” ausgewiesene Reitwege, auf denen dann andere Nutzer ausgeschlossen sind.

wackelige Internetverbindung, desswegen die vielen edits

Bebauungspläne gibt es kaum (nur wo neu gebaut wurde) und manche Gemeinden haben nicht mal Flächennutzungspläne. Aber das ist irrelevant, weil allein die Straßen- und Bestandsverzeichnisse festlegen, was öffentlich gewidmet ist. In Sachsen (nur bis Ende 2022), wie auch in vielen anderen Bundesländern, gibt es aber noch die Widmungsfiktion. D.h. Straßen, Wege und Plätze die zu einem bestimmten Stichtag (in Sachsen 16.02.1993) tatsächlich öffentlich waren, sind aktuell auch öffentlich gewidmet und die Unterhaltungslast hat die jeweilige Gemeinde seit diesem Stichtag. Sie stehen nur nicht im Bestandsverzeichnis.

Der rechtliche Status ist also entscheidend, ob ein Weg bestandssicher ist oder ob nur das allgemeine Betretungsrecht gilt. Wenn ich die Attribute in OSM richtig interpretiere und wie mir @NOP beschrieben hat, gibt es in OSM keinen Bezug zum tatsächlichen Rechtsstatus.

Bei insg. 419 sächsischen Gemeinden bedarf es insb. der Aufklärung der Stadt- und Gemeinderäte. Denn allein die politischen Vertreter entscheiden, welche Wege im Wald und Flur, aber auch im Dorf oder Stadt zum öffentlichen Verkehrsnetz weiterhin gehören sollen. Die Räte können auch bewusst entscheiden, dass öffentliche Wege Privatwege werden. Leider wird das allgemeine Betretungsrecht jedoch teilweise überhöht dargestellt und damit entstehen dann eben Sperrungen oder Rückbaumaßnahmen von den Eigentümern.

Als nicht in Sachsen ansässiger Mitwirkender kann ich leider nicht aktiv mithelfen.

@Skinfaxi: Der Hinweis war gut. Der Tag “horse_scale” ist nicht schlecht, weil die Wegesituation gleich beschrieben wird, jedoch im Vergleich zu “horse>=>yes” kommt dieser in Sachsen kaum vor. Gerade mal 219x. Davon haben viele Objekte auch einen zusätzlichen Tag mit “horse>=>yes”. Ich habe dann noch die Objekte gelöscht, wo der Wert “impossible” und “dangerous” ist, dann hatte ich noch 77 Objekte die ich übernehmen konnte. Somit habe ich für gesamt Sachsen 7715 Einzelobjekte mit Pferdebezug mit einer Gesamtlänge von 2535 km.

Das Hauptproblem ist aber immer noch der fehlende Bezug zum rechtlich gewidmeten Stand. Gäbe es die Verpflichtung, digitale Bestandverzeichnisse zu führen, müssten die Städte/Gemeinden diese auch nach dem jeweiligen Landesgeoinformationsgesetz (in Sachsen SächsGDIG) öffentlich zu Verfügung stellen. Wenn dies über ein einheitliches Landesgeoportal geschieht, könnte der Abgleich mit OSM leicht erfolgen und auch die Daten besser auf Plausibilität geprüft werden, denn auf Privatwegen (Waldwege sind Privatwege) darf man nicht Reiten, dies ist nicht vom allgemeinem Betretungsrecht erfasst.

@Galbinus: Schade. :wink: Aber wenn Du aus NRW kommst, dürfte Dich vielleicht interessieren, dass Ihr keine negative Publizität der Straßenbestandsverzeichnisse habt (zumindest wenn ich § 60 StrWG NRW richtig interpretiere und nichts wo anders steht). Alle Wege die 1962 öffentlich waren, sind auch heute öffentlich. Die negative Publizität wird Euer Gesetzgeber aber auch irgendwann einführen. Dann müsst Ihr aufpassen, ob die Gemeinden alle öffentlichen Wege auch ordentlich im Bestandsverzeichnis haben.
Ihr habt auch den Vorteil, dass Euer Bestandsverzeichnis von jedermann gem. § 4 Abs. 1 StrWG NRW eingesehen werden können. Bei uns und auch noch in weiteren Bundesländern braucht man ein “berechtigtes Interesse”. Dies kritisieren wir als Verein ebenso, weil ein Bestandsverzeichnis ÖFFENTLICHE Wege beinhaltet und die Öffentlichkeit Jeder ist. Weitere Infos auf unserem YouTube Kanal “Sachsens Wege”. Die dortigen Informationen können auf alle Bundesländer teilweise projiziert werden. Demnächst kommt auch noch ein Vergleich zu allen anderen Bundesländern.

Nu 219x ist für meine Maßstäbe schon Recht viel.

Relationen mit Route=horse sind auch wichtig.

Den fehlenden rechtlich gewidmeten Standart versteh ich nicht ganz. Für mich sollte dies in der access-tagginggruppe (horse=yes\no) abgebildet werden, die ist doch für die rechtliche Lage (und für sonst nix) da ?

access=yes heißt nur Nutzung erlaubt. Es sagt nichts über die amtliche Widmung des Weges aus.

Moin,

Dafür gäbe es doch eigentlich die Unterscheidung mit =designated (ja ich weiß um die unterschiedlichen Ansichten, das tatsächliche Mapperverhalten diesbezüglich sowie die ausschließende Wirkung, die weitere designated für andere Nutzungsarten nach sich ziehen würde).

Grüße
Georg

Nein. Auch ein als offizieller Reitweg ausgewiesener Weg könnte ein Privatweg sein und es könnte eine Vereinbarung mit dem Besitzer geben, dass dieser öffentlich als Reitweg genutzt wird.

Das sehe ich auch so. Zumindest nicht in Bezug auf Wege. Ich habe aber eine Idee:

Ggf. könnte man überlegen, mit “operator=*” zu arbeiten? https://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE:Key:operator

Schwierig wäre allerdings, wenn man nur weiß, dass ein Weg öffentlich bzw. privat ist, aber den genauen Betreiber nicht kennt oder es Datenschutzgründe gibt, aus denen diese Information nicht in OSM gehört. Bei Privatwegen sind es ja in der Regel keine Firmen sondern Privatleute. Selbst wenn man wüsste, dass Fritz Beispiel der Besitzer eines Waldwegs ist, weiß ich nicht, ob es dem Datenschutz entspräche, wenn man den Weg mit “operator=Fritz Beispiel” versähe.

Interessant finde ich aber https://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE:Key:operator:type
mögliche Werte laut Wiki:
operator:type=public
operator:type=private

Man müsste überlegen, ob es sinnvoll ist "operator:type=" ggf. auch ohne operator= zu verwenden und ob dies genau das abbildet, was in diesem Fall benötigt wird.

Richtig. designated ist leider nicht eindeutig, wie die Antwort von Galbinus sehr schön demonstriert. Und official wäre eindeutig, ist aber nicht allgemein akzeptiert.

Nachdem hier eine eindeutige Abbildung der amtlichen Widmung gefragt ist, sind beide Tags untauglich. Das erste ist unscharf, das zweite selten benutzt.