Es heisst auch nicht Entwicklungsimperialismus, sondern Kulturimperialismus, und das ist etwas, das Entwicklungsorganisationen im allgemeinen und HOT im Besonderen durchaus öfters vorgeworfen wird, zuletzt auf der talk-Liste in der “HOT schenkt den Armen dieser Welt Adressen”-Diskussion (OpenLocationCodes a.k.a. Plus Codes) und gleich einen Tag später “HOT mappt Wohngebiete im ländlichen Raum im Kongo” (der “AI detecting of buildings”-Thread).
Es ist sehr leicht, solchen Kulturimperialismus versehentlich zu betreiben - das fängt schon an, wenn ein Westeuropäer, der nie im Senegal war, ein Lufbild interpretiert und nicht zwischen einer Kirche und einer Scheune unterscheiden kann, oder wenn eine US-Amerikanerin einen koreanischen Friiedhof als landwirtschaftliche Anlage interpretiert. Das sind für sich genommen harmlose Fehler, aber wenn ständig wieder neue ahnungslose, aber hilfswillige Nordamerikaner und Westeuropäer angeworben werden, um “den Armen zu helfen”, dann nimmt die Organisation, die das macht, halt auch in Kauf, dass da einem Land eine Karte “aufgedrückt” wird, die dem entspricht, was die Helfer von einer Karte erwarten.
Und wenn dann, um zum eigentlichen Thema zurückzukommen, diese Arbeit auch noch in Form von “Aktivierungen” gemacht wird, die irgendwann dann “abgeschlossen” sind, dann interessiert sich danach halt - wie davor auch - kein Schwein mehr für die Region, und die plakative schnelle Kartographie-Hilfstruppe ist längst zum nächsten Einsatzort weitergezogen.
Es gibt zum Glück auch positive Entwicklungen; auf der SOTM gab es einen Vortrag zur “Sustainability of Development Projects”, in dem dieses Problem diskutiert wurde, und auch in anderen Vorträgen schimmerte durch, dass sich mittlerweile doch auch bei HOT die Erkenntnis breitmacht, dass die Beteiligung der lokalen Community Vorteile hat.
Die Finanzierung der ganzen Projekte kommt natürlich schon immer aus den USA, und ich kann mich manchmal des Verdachts nicht erwehren, dass es da nicht rein um Wohltätigkeit geht - wenn z.B. verschiedene Unternehmen, die an “Machine Learning” arbeiten, hilfreich ihre automatisch erkannten Strassen oder Häuser OSM anbieten oder, wie gerade passiert, wenn die maschinell erkannten Häuser nicht gut genug sind, dann wenigstens vage Landuse-Polygone daraus bilden, die man importieren kann. Alles natürlich immer für die gute Sache.
Aber man kann ja froh sein, dass es sich bei HOT nicht im Ingenieure handelt. So heisst es nur “och, irgendeine Karte ist doch besser als gar keine Karte”. Stellt euch vor, es hiesse: “och, irgendeine Brücke ist doch besser als gar keine Brücke” 
Bye
Frederik