Standortdatenbanken Defibrillatoren: OSM-Verwendung, Lizenzfragen...

Hallo,

ich habe mich in letzter Zeit mit Defibrillatoren/AED‘s beschäftigt, also den zunehmend verbreiteten Erste-Hilfe-Rettungsgeräten für Herznotfälle. Der Kartierungsstand in OSM ist sehr niedrig ausgeprägt, allerdings sind mir eine Reihe von Datenbanken, Katastern bzw. Karten von Vereinen oder Hilfsorganisationen aufgefallen, in denen diese Standortdaten für Defibrillatoren erfassen. Die größte Datensammlung dieser Art dürfte das Defikataster sein, in einigen Bundesländern bzw. Städten gibt es außerdem die „ASB-schockt“-Datenbanken des Arbeiter-Samariter-Bundes; sowie noch ein paar weitere Initiativen, Apps etc. Soweit ich sehe, funktionieren diese Projekte vor allem über freiwillige Standortmeldungen, teilweise mit hauptamtlicher Prüfung, und umfassen mindestens 10- bis 15-mal so viele Standorte wie OSM (Beispiel Berlin: 20 Defis in OSM, 206 beim ASB, überschlagen über 300 im Defikataster, sowie für mich nicht einschätzbare Grauzone gar nicht erfasster Geräte).

Im ersten Affekt ärgere ich mich ja immer, wenn ich auf sowas stoße und es nicht auf OSM basiert :slight_smile: Zumal das Defi-Taggingschema ideal geeignet wäre, alle in den genannten Datenbanken erfassten Informationen wiederzugeben (Zugangsinfos/Öffnungszeiten/genaue Location-Beschreibungen, teilweise Fotos). Mein zweiter Gedanke ist dann: (Wie) lässt sich der Datenschatz für OSM gewinnen? Theoretisch müsste hinter den Datensammlungen ja das Interesse stehen, Menschenleben zu retten und eine Verwendung der Daten in OSM wäre diesem Ziel doch sehr zuträglich.

Nun gehe ich davon aus, dass solche oder ähnliche Kataster ungern direkt auf OSM aufbauen, vor allem wegen des Arguments der Datenpflege und Datenzuverlässigkeit. (BTW: Gibt es eigentlich eine Art Alert-System zur „Überwachung“ ganz konkreter OSM-Daten? Beim verwandten Thema Feuerwehr/Hydranten kam mir sowas mal unter…)
Aber die Daten müssten sich doch trotzdem für OSM nutzbar machen.

Da ich mit Lizenzen, Importen oder „institutioneller Kooperation“ noch keine besonderen Erfahrungen habe, wollte ich daher hier nachfragen, welche Möglichkeiten sich in diesem Fall bieten. Ich frage mich vor allem:

  • Lohnt es sich, die Anbieter anzuschreiben, OSM vorzustellen und um „Datenspende“ zu bitten? (Wie dieser “Import” dann bewerkstelligt werden kann, muss ja hier noch nicht Thema sein)
  • Welche Lizenz-Fallstricke müssten dabei beachtet werden? (Das Defikataster verweist beispielsweise in den FAQ‘s darauf, dass der Verein die Daten Interessierten per „Webinterface“ zur Verfügung stellen kann, für „nichtkommerzielle Anwendungen“ auch „kostenfrei“.)
  • Hat jemand Erfahrungen rund um die Datenpflege – dass es beispielsweise im Idealfall nicht bei einer einmaligen Datenspende bleibt, sondern eine Aktualisierung erfolgen kann?

Ich danke euch schonmal für die Mithilfe!

Viele Defis befinden sich in Firmengebäuden und sind nicht öffentlich zugänglich. Was beinhalten die genannten DB denn? Grundsätzlich würde ich bei diesem Thema die On-The-Ground-Regel anwenden. Also zuerst vorbeigehen und dann erfassen …

Grundsätzlich müssen Daten, die in OSM übernommen werden, frei von jeglichem rechtlichen Anspruch sein. Das heißt kein Anspruch auf Namensnennung, keine Nutzungsbedingungen und absolut nichts, was Ansprüche gegen die Nutzung in OSM begründen könnte. OSM veröffentlicht die Daten quasi unter neuer Lizenz neu. Das muss erlaubt sein, sonst Finger weg.

Immer das Kleingedruckte lesen, ich zitiere:

Die Datenbank sowie die einzelnen Inhalte sind – soweit nicht anders vermerkt – urheberrechtlich geschützt.
Eine Nutzung der im Angebot genutzten Webservices zum Zugriff auf die Datenbank ist ausschließlich für Anwendungen, welche von DCM hierzu autorisiert wurden, zulässig. Andere Zugriffsarten - insbesondere das maschinelle Auslesen der Daten durch nicht zertifizierte Programme oder Anwendungen – stellen eine unzulässige Nutzung der Schnittstelle dar und begründen seitens DCM gegen den Verursacher der Zugriffe einem Vergütungsanspruch […]

*Eine Verwendung der dargestellten Daten in Form von Bildschirmabzügen (Screenshots) sowohl von den Webapplikationen als auch von den Anwendungen auf Smartphones ist zulässig, sofern hierbei als Quelle definetz e.V. für die Daten und/oder DCM für die Art und Aufbereitung der Darstellung genannt wird. *

Ich glaub das lässt gar nicht viel Interpretationsspielraum. Damit fällt der Import weg und auch sonst ist das eine eindeutige Sprache.

Das ist jetzt die einzige Möglichkeit, Daten zu übernehmen. Von “lohnen” kann man daher nicht reden, es muss sogar so gemacht werden. Ohne eine explizite Genehmigung von “Defikataster” dürfen hier keine Daten übernommen werden.

Hallo SupapleX,

ich hatte bereits im Januar 2012 erste Kontakte mit Definetz e.V, dem Betreiber des Defikatasters. Deren Datenqualität war damals in meiner Region katastrophal, da die Standorte von Hilfskräften anhand von Listen mittels Google georeferenziert wurden. Bei Außenstandorten, wie z.B. einem Strandbad, gab es Abweichungen im Kilometerbereich. Inzwischen ist es zwar etwas besser geworden, aber z.B. dieser bei OSM korrekt eingetragene Standort liegt beim Defikataster 60 Meter weiter westlich mitten im Augustasee. Bei weiteren Standorten beträgt die Abweichung mindestens 20 Meter und bei einem Firmendefi gibt es die Firma seit 5 Jahren nicht mehr.

Bei einer solchen Datenqualität lohnt es sich überhaupt nicht, an einen Import zu denken.

Zu der ASB-Datenbank kann ich nichts sagen, da müssten Berliner Mapper für einen ersten Eindruck mal stichprobenartig überprüfen.

Eine weitere Quelle wäre z.B. die Aktion “100.000 Leben zu retten” der Björn Steiger Stiftung mit folgender Karte. Aber die meisten dieser Geräte befinden sich in Schulen, Sportstätten, Einkaufszentren und Supermärkten. Von den derzeit 456 dort aufgeführten Defis sind nur 39 rund um die Uhr zugänglich.

Fazit: Wie auch bei den Rettungspunkten halte ich einen Import nicht sinnvoll. Wer bei den AEDs mithelfen möchte, sollte sich die veröffentlichten Standorte auf den verschiedenen Karten anschauen, vorbeigehen und das selbst gesehene bei OSM eintragen. So gibt es auch überhaupt keine lizenzrechtlichen Probleme.

Am Rande: Ich mache seit Jahren den OSM-Datenabgleich der Notrufsäulen mit freundlicher Unterstützung der Björn Steiger Stiftung. Es war sehr viel Arbeit und selbst heute ist bei ca. einem Prozent der Säulen noch nicht ganz klar, wo die eigentlich stehen.

Viele Grüße
Joachim