Ich teile Tordaniks Einschätzung, dass irgendwas am Ende rauskommen wird, und wenn das dann nur von lauter amerikanischen “be more professional”-Leuten und deren internationalen Nacheiferern geschrieben ist, dann findet halt nur eine Seite Gehör.
Viel zu oft wird von diesen Leuten ein verquast-puritanischer konfliktscheuer Umgang miteinander propagiert. Wer ab und zu mal amerikanische Talkshows guckt, der kennt diese Oberflächlichkeiten - ein offen ausgesprochenes “Fuck” wird über-piepst und ein Stinkefinger wird verpixelt, aber solang Tucker Carlson auf Fox News seine Hassbotschaften formal respektvoll vorträgt, ist Alles super, Meinungsfreiheit und man wird ja mal fragen dürfen. Jede Frage ist eine “good question!!!” und auf OSM übertragen ist jeder erste Edit erstmal ein “great edit”, und danach erst darf man vorsichtig fragen, was der Mapper sich denn dabei bloß gedacht hat 
Christoph schreibt, man solle die OSMF in dieser Sache lieber verloren geben und sich um nicht-OSMF-kontrollierte Kommunikationsmedien kümmern. Ich bin da skeptisch; die OSMF kann letzten Endes qua Markenrecht auf allem, was irgendwie OSM im Namen hat, ihre Regeln durchzudrücken versuchen, und überdies ihre Höflichkeitsregeln auch auf ausser-OSMF-Medien anwenden. Selbst wenn auf solchen Medien die Möglichkeiten der OSMF zur Einflussnahme geringer sind, so kann die OSMF trotzdem Beschwerdeverfahren zulassen (“der woodpeck hat mich auf Twitter beleidigt”) und im ggf. Sanktionen im Projekt erteilen (also einen Account sperren für Sachen, die ausserhalb gesagt wurden).
Das wird alles nicht morgen passieren. Aber schon heute ist es so, dass ein Teil der amerikanischen Community gern in der Öffentlichkeit Galle über die Mailinglisten oder Foren auskippt - als ob diese das letzte Refugium der ekligen, ungewaschenen Männer wären, die bei jeder Gelegenheit der Kellnerin an den Arsch grabschen.
Dass das nicht so ist, das wissen wir, aber wenn wir denen erlauben, einen sachlich-kritischen Umgangston, wie wir ihn hier pflegen, auf eine Stufe mit unflätigem Danebenbenehmen, Sexismus und Rassismus zu stellen, dann sind wir immer in der Schmuddelecke. Wenn wir dann ein eigenes Forum aufmachen und das an geeigneter Stelle bewerben wollen, dann heisst es “nee, da gilt unser Code of Conduct nicht, da wird Frauen an den Arsch gegrabscht”. (Tatsächlich kam von einem unserer amerikanischen Freunde der Spruch, er könne einen bestimmten Stammtisch leider Frauen nicht empfehlen, weil dieser Stammtisch keinen Code of Conduct habe.)
Es gilt also meiner Ansicht nach in dieser Sache, den Amerikanern gegenüber zu vertreten, dass “immer höflich und respektvoll” kein geeigneter Grundatz für unser Projekt ist, dass es völlig normal ist, wenn Höflichkeit und Respekt reduziert werden, nachdem jemand zum dritten Mal das gleiche kaputt gemacht hat, und dass sowas nicht heisst, dass wir alle Neanderthaler sind.
Es gilt, den selbsternannten Vertretern kultureller Diversität begreiflich zu machen, dass auch die Methoden zur Konfliktbewältigung kulturell divers sind und amerikanische Regeln - viele Leute sagen, es seien vorallem die Regeln weißer amerikanischer Männer - eben nicht unbedingt für die ganze Welt gelten und das auch nicht erstrebenswert ist. Christoph zieht m.E. übertrieben fundamentalistische Schlüsse - nach dem Motto, solang die Foundation nicht alle X-hundert Sprachen gleichberechtigt unterstützt, brauchen wir mit der Diskussion gar nicht erst anzufangen. Ich denke, dass man selbst dann, wenn man sich auf Englisch als die lingua franca im Projekt einigt, Rücksicht auf verschiedene Kulturen nehmen kann.
Simon fragt, ob das bloße Mitmachen der ganzen Sache nicht die Legitimität gibt, die es ohne das nicht hätte. Ich habe mich genau das vor über 10 Jahren über die OSMF gefragt
ich denke, dass, wenn man nicht mitmacht, die Gefahr besteht, dass die irgendwas ohne einen beschliessen und es dann später heisst “wir hätten ihnen ja zugehört, aber die wollten ja nicht”. Das schlimmste ist sicher: Mitmachen und zu allem nicken (bzw. sich als Karteileiche in der Liste führen lassen). Dann trägt man es mit, ohne es zu beeinflussen. Aber besser als “gar nichts” zu machen, wäre es schon, mitzumachen und dafür zu sorgen, dass in dieser Arbeitsgruppe nicht Annahmen getroffen werden, die komplett an dem vorbeigehen, wie wir deutschen Craft-Mapper arbeiten und miteinander umgehen.
aeonesa schreibt, dass das Projekt im Moment ganz gut aufgestellt sei. Das mag sein, aber die Arbeitsgruppe will “neu definieren”, wie man kommuniziert, also müsste man dafür sorgen, das diese “Neudefinition” nichts von dem kaputt macht, was wir schätzen.