OSM als Alternative für die öffentliche Verwaltung

Hallo,

ich hatte heute ein inoffizielles Gespräch mit einem Mitarbeiter meiner Gemeinde, in dem ich unter anderem auch das Thema OSM ansprach und vorschlug, die OSM-Karte auf deren Internetseite als Navigation einzubauen und in der Verwaltung zu nutzen. (Derzeit wird das GEO-Portal von NRW genutzt.) Dies war natürlich auch mit dem Hintergedanken verbunden, ein paar Leute für unser Projekt zu rekrutieren :wink:

Das OSM ein Begriff war, fand ich schon sehr positiv aber die nun folgenden Punkte, weshalb das für unsere Verwaltung im Moment nicht relevant ist, möchte ich hier auflisten und mit euch besprechen:

  • fehlende Straßen und falsche Straßenbezeichnungen
  • Grundstücksgrenzen und deren Bezeichnung muss man erkennen können
  • Straßenlaternen müssen einzeln eingezeichnet und nummeriert (mit der an der Laterne aufgeklebten Nummer) sein
  • einzelne Bäume und Baumgruppen müssen erfasst werden um ein Baumkataster (http://de.wikipedia.org/wiki/Baumkataster) anlegen zu können, bzw. es auf OSM übertragen zu können
    Als Hauptproblem sieht man aber wohl, dass jeder „Hinz und Kunz" die Karte bearbeiten und manipulieren (im negativen Sinne) kann.

Positiv fand er, dass Dinge wie Glascontainerplätze, Mülleimer und Wanderhütten in OSM eingetragen sind und Bereiche in der Karte – wenn sie denn vollständig und korrekt ist – aktueller sind, als das GEO-Portal.

Gegen fehlende Straßen und Straßennamen kann man etwas tun (was ich praktisch jeden Tag mache) aber Straßenlaternen und Baumkataster halte ich für etwas fragwürdig.
Wie seht ihr das? Ist es sinnvoll die oben angesprochenen Dinge umzusetzen oder sollte man sich eher auf andere Bereiche konzentrieren?
Wer von euch hatte schon ähnliche Kontakte mit öffentlichen Verwaltungen und wie war dort die Resonanz?

Grüße
Rob

Hallo littleRob,

schön das du die Dinge offensive vertrittst.
Ich stimme dir sehr gerne zu, dass es unglaublich aufwendig erscheint Bäume und Laternen zu erfassen. Aber mit Hausnummern ist es doch sehr ähnlich oder?
Genau so wie ÖPNV Linien im übrigen. Jeder soll machen was ihm Spaß macht.
Ich habe auch angefangen Laternen und Bäume zu erfassen, wo dies auf dem Luftbild gut möglich war. Dabei hatte ich diese aber nicht nummeriert.

Wie man die OSM Daten durchaus schon jetzt nutzen kann sieht man hier:
www.mittelsachsen-atlas.de
Das Amt könnte wenn es den Veränderungen in OSM nicht vertraut ja auch seine eigene lokale OSM Datenbank pflegen und Änderungen an bestimmten Features erst nach Beschichtigung freigeben und so auch für die Qualität der OSM Datenbank sorgen, in dem offensichtliche Fehler wieder zurückgesetzt werden. Aber das braucht natürlich viel viel mehr Aufwand als einfach das Geoportal zu verwenden.
Aber alleine das Projekt APP für Deutschland zeigt ja wie viele Fehler die offizielle Karte zu enthalten scheint.

Das sind zwei verschiedene Nutzungen mit völlig verschiedenen Anforderungsprofilen. Im internen Gebrauch durch die Verwaltung sind

für viele Zwecke zweifellos ein echtes Problem. Allerdings haben die Behörden hier a) ihre eigenen Daten zur Verfügung, die sie ohnehin verwalten müssen, b) ist es kein spezieller “Mangel” von OSM, daß etwa Grundstücksgrenzen “fehlen”. Die liefert auch kein anderer (kommerzieller) Anbieter, es sei denn er kauft die Daten unmittelbar zuvor bei derselben Gemeinde ein.

Es gibt Verwaltungsaufgaben, wo man eine Karte braucht, aber Grundstücksgrenzen, Laternen und Bäume überflüssig sind. Für fehlende oder falsch benannte Straßen könntest Du Deinem Ansprechpartner ja mal OpenStreetBugs empfehlen.
Als Beispiel, wo eine Karte auch ohne Kaugummiverzeichnis, Pflastersteinregister und Blumenkübelkataster für Zwecke der öffentlichen Verwaltung nützlich gewesen wäre, sei diese Schulbezirkssatzung genannt. Da hat sich jemand ganz schön gequält und Schulbezirke auf 20 Seiten in Textform festgelegt. Spätestens ab dem Lizenzwechsel hätte er das mit einer OSM-basierten Karte einfacher haben können.

Für z.B. einen Online-Stadtplan auf der Website der Gemeinde braucht kein Mensch diese Daten. Wenn Du Deine Gemeinde überzeugen könntest, für diesen Zweck OSM zu nutzen, wäre das schon ein Erfolg.

Ich habe zusammen mit der Stadt und Verbandsgemeinde Montabaur eine größere Mapping-Aktion durchgeführt. Seither nutzt die Verwaltung vermehrt Karten von OpenStreetMap. Eine Dokumentation findet sich unter: http://wiki.openstreetmap.org/wiki/Montabaur

Vielleicht kannst Du das den Leuten in der Verwaltung mal zeigen. Die Tourismus-Beauftragte (Frau Maas, Telefonnummer auf der Internetseite von Montabaur), die meine Aktionen federführend betreut, ist sicher auch bereit, Kollegen aus anderen Städten ihre Erfahrungen mit OSM weiterzugeben.

Thomas

Hallo,
danke für eure Meinungen. Das weißt mir schon etwas den Weg.

@Thomas: Danke für den Hinweis! Tolles Projekt!
Wie seit ihr an die Gerätespenden für die „Belohnung“ gekommen?

Grüße
Rob

Meine Erfahrungen aus MV sind deinen nicht ganz unähnlich. Ich persönlcih würde aber da klar in die Nutzung und die Unterstützung auf der anderen Seite trennen, sonst vermischt man da zu viele Dinge.

OSM als Ersatz zu amtlichen Katastern würde ich nicht empfehlen, da man hoheitliche Aufgaben meiner Meinung nach nicht gut mit VGI realisieren kann (Detailgrad von speziellen Objekten, Haftungsfrage, …). Natürlich kommt dann sehr schnell das Argument der Kostensenkung (was einigen Beamten auch Angst macht) und weckt natürlich Begehrlichkeiten OSM zu nutzen. In Rostock haben wir einen sehr guten Draht zum Kataster und sie helfen uns (Mitteilungen über Straßenänderungen) und wir ihnen (Veränderungen und Sichtung der Hausnummern, Gebäuden,…), dennoch bleiben beide Sachen natürlich eindeutig getrennt. In Schwerin und einem anderen Landkreis haben uns die Kataster extra geholfen die Straßen zu komplettieren und damit OSM für einfache behördliche Aufgaben fit gemacht, denn meistens ist es ein großes Problem fremden Ämtern/Stellen Zugriff auf den Kartenservice zu geben (Behörden mögen ja bekanntlich kompliziert ;))

Eigentlich sollte aber ja jede Stadt daran interessiert sein, möglichst gut auf OSM vertreten zu sein, aber wahrscheintlich sind wir da noch nicht “wichtig” genug. Aber das wird schon, ich bin zuversichtlich, dass die Tourismusvereine (wie immer viel zu spät) merken werden/dazu genötigt werden für OSM aktiv zu werden :slight_smile:

Hallo Rob

OSM ist erst einmal nur als Hintergrund-Karte für den Auftritt nach außen sinnvoll. Daraus ergibt sich dass ein Laternen- oder Baumkataster nicht organisch zu OSM gehören. Man kann Laternen und Bäume ohne weiteres komplett in OSM eintragen. Die Aufzählung jedoch ist kaum sinnvoll in OSM untergebracht.

Als Hintergrundkarte ist sie durchaus auch für Verwaltungszwecke nutzbar. Nicht jedoch als verbindliche Grundlage. Das ist das Geoportal-NRW mit der DGK-10 wegen der Generalisierung letztlich auch nicht.

Wenn man verbindliche Daten braucht, muss man die aus den Daten der Verwaltung entnehmen.
Beim Geoportal NRW wird ja auch nichts anderes gemacht. Die Katasterkarte mit den Grundstücksgrenzen ist nur ein Overlay über der Karte oder dem Orthophoto.

Nach dieser Vorrede zu den einzelnen Punkten:

  • Fehlende/fehlerhafte Straßen:
    Kann man einfach selber erfassen/korrigieren.
  • Grundstücksgrenzen sind hoheitliche Aufgaben:
    → Daten aus dem Katasteramt als Overlay über beliebige (OSM-)Karte.
  • Straßenlaternen
    sinnvoller als die Daten in OSM einzutragen und zu pflegen (was möglich ist),
    wäre auch hier ein eigenes Overlay über OSM-Karte.
  • Baumkataster: wie bei Straßenlaternen. Die Informationen
    zu Bestand, Pflege, Sicherung, … wären ein Fremdkörper in OSM.
    Inwieweit eine Auswahl an ‘wichtigen’/‘markanten’ Bäumen in die
    OSM-Daten eingetragen wird, ist eine andere Frage.

In Summe also:

  • Karte als Hintergrund aus den OSM-Daten
  • Verwaltungsdaten als Overlay über der OSM-Karte.

Für OSM sprechen drei Punkte:

  • Fehler können selber behoben werden.
  • Karten sind stets aktuell
  • Karten können je nach Bedarf unterschiedlich gestaltet werden.

Der letzte Punkt ist nicht zu vernachlässigen. Während auf einem allgemeinem Stadtplan weder Bänke noch Wander-/Radrouten verzeichnet sein müssen, sind solche Informationen für eine touristische Karte durchaus sinnvoll.

Als letztes sei noch erwähnt, dass mit OSM-Karten ein Printing-on Demand realisierbar ist. Das kann Druck- (hohe Auflagen für günstige Preise) und Lagerkosten sparen. Auch ein flexibler Ausdruck von Teilbereichen oder mit speziellen Fragestellungen wäre realisierbar. Spezial-Karten für Großereignisse wie Kirmes/Umzüge/Sport sind schnell erstellt und zeitnah veröffentlicht.

Für OSM muss man kein Geld bezahlen, zumindest nicht direkt.
Aber wer die durch OSM mögliche Flexibilität nutzen will, der muss in Know-How und Entwicklung/Anpassung investieren.

PS:
Man sollte die Verfahrensträgheit (haben wir bisher so gemacht, kennen wir, funktioniert) nicht unterschätzen. Da hilft nur ein Mehrwert, wie z.B. unterschiedliche Darstellungen oder flexible Karten bei Großveranstaltungen.
Manchmal findet man mit seinem Anliegen bei den lokalen/regionalen Tourismussverbänden/-vereinen mehr Gehör, da für diese die mögliche Flexibilität ein erkennbarer Vorteil darstellt. Auch das ist eine Möglichkeit einen ersten Fuß in die Tür zu bekommen.

Hoffe, meine Ausführungen helfen ein wenig.
Edbert (EvanE)

Ein Programmierer für Geo-Software, der in dieser Zeit KOSMAP (ein OSM-Geoviewer für die Verwaltung) schrieb, hat uns das GPS-Gerät zur Verfügung gestellt. War einfach ein glücklicher Zufall.

Thomas

Hallo,

vielen Dank für eure Meinungen!

@Edbert (EvanE): Deine Ausführungen sind sehr hilfreich. Mit dem Prinzip „haben wir bisher so gemacht, kennen wir, funktioniert“ habe ich auch schon Bekanntschaft gemacht. Ich werde mir erst mal eine Liste anlegen, was wie angegangen werden soll und mich dann wieder mit der Verwaltung bzw. mit den Tourismus-Leuten in Verbindung setzen.
Auf jeden Fall muss die Karte in meinem Bereich grundlegend wachsen, denn in einigen Bereichen fehlen diverse Straßen und das halte ich für wichtiger als ein Baumkataster o.Ä.

Grüße
Rob

Also was ich mir schon immer gewünscht habe ist eine Mapping Party mit und durch die betreffenden Personen organisiert/finanziert. So könnten die sich extrem kompakt mit dem Projekt vertraut machen und Mapper könnten auch mal direkt zeigen wie das so abläuft. Das baut bestimmt Hämmungen ab und wer weiß, vielleicht bleibt der ein oder andere ja auch privat bei OSM :slight_smile:

Ist an sich eine gute Idee. Räumlichkeiten sollten die Ämter stellen können. allerdings wäre es blöd, wenn dann ein Mapper zur Party kommt :wink: Sprich da sollte man erstmal Kontakt mit den Mapper aufnehmen und fragen, ob sie daran Interesse hätten. Ansonsten kann auch ein komischer Eindruck entstehen.

Wenn es schlecht gemappte Orte in der Umgebung gibt, dann wären die ein ideales Ziel. Zeichne vorher vom Luftbild die Straßen und evtl. Gebäude ein, dann für jeden ein Walking-Paper, wo er Straßennamen, POI, Wege, Hausnummern etc. eintragen kann. Ist jetzt aber nur meine spontane Idee.