Lesesteinplätze

Hallo, ich bin heute über einen offiziell ausgeschilderten Lesesteinplatz gestolpert und habe mich gefragt, ob man das auch in OSM erfassen kann.

Lesesteinplätze sind Plätze, an denen Landwirte die ihre Felder bestellen die dort aufgelesenen, aus dem Boden gelösten Steine abladen können. In der Regel wird der Platz wohl im Besitz der jeweiligen Gemeinde sein. Und zumindest auf einigen Plätzen können wohl Personen, die die Steine gebrauchen können (bspw. für den eigenen Garten) einfach mitnehmen. Andererseits können solche Plätze in der aufgeräumten Flur wohl auch wichtige Biotope für Tiere wie Schlangen und Eidechsen sein.

Steine werden von den Äckern natürlich nicht erst seit kurzem geholt, sondern schon etliche Zeit. Es entstanden mitunter sogar Landschaften, die durch diese Lesesteinriegel geprägt sind. In der Regel wird man die Lesesteine von solchen historischen Häufen nicht einfach mitnehmen dürfen und vielleicht werden sie auch gar nicht mehr bedient.
Folglich geht es mir eher um Lesesteinplätze, die momentan von Landwirten genutzt werden (dürfen), evtl. als solche irgendwie gekennzeichnet sind oder eben “offiziell” sind und ggf. von denen man sich als Privat- oder Geschäftsperson bedienen darf.

Ich habe dies hier auf der Mailingliste gefunden ( https://lists.openstreetmap.org/pipermail/talk-de/2016-July/113230.html ). Was meint ihr?

Wer so was noch nie gesehen hat – ich hab mal den hier fotografiert, weil ich das Schild witzig fand:

Finde ich mappungswürdig. landuse=landfill finde ich grundsätzlich nicht schlecht, es müsste halt noch spezifiziert werden mit waste=fieldstone oder so was.

–ks

Lesesteine entstehen durch Verwitterung und Bodenbildung von Festgesteinen. Qualitativ sind es kantige Gesteinsbruchstücke, die nicht durch Wasser transportiert (und abgerundet) wurden. Wenn man das Rad nicht neu erfinden will, wäre

natural=scree

passend. scree ist ja nicht nur auf Hangschutt begrenzt.

Gruß
geow

Da irrst du gewaltig… Lesesteinhaufen gibt genauso in unseren brandenburischen Grundmoränenbereichen. Hier sind es (entstehungsbedingt) durch Eis transortierte, gerundete Steine (!!). Diese Steine sind SoDa-Steine, Steine die einfach so da sind. Erst der Mensch sammelt hier diese Steine vom Acker ab und sammelt sie am Rande von Äckern…

Ein Tagging mit landuse=landfill + waste=* widerstrebt mit aber…

Sven

Ja, da hast du natürlich Recht, dass es in eiszeitlichen Ablagerungen auch Steine gibt, die der Bauer nicht mag. :slight_smile: Aber das sind streng genommen keine Lesesteine im geologischen Sinn*, sondern entweder Geschiebe (aus Moräne) oder Gerölle (aus Schmelzwasserschottern). Übersetzt nach OSM wäre für solche Haufen vielleicht

natural=shingle

am ehesten treffend.

*Murawski: Geologisches Wörterbuch definiert Lesestein als: *in und auf dem Boden befindliche Gesteinstrümmer, die keine unmittelbare Verbindung mehr zum Anstehendem haben. *

Glückauf
geow

also ich bin mir relativ sicher, dass es dieses Thema hier schonmal gab, leider war ich grad erfolglos beim suchen, vielleicht kennt jemand noch andere stichworte?

Danke für das Bild. Und gerade das auch in deinem Bild dargestellte “Zur freien Verwendung” finde ich schon mappingwürdig. Gerade auch weil es da wohl sonst kaum andere Anwendungen gibt. Den nächsten Supermarkt finde ich auch in Google Maps, aber den nächsten Lesesteinplatz mit Steinen zur freien Verwendung? Schon schwieriger…

Ich habe es jetzt mal als man_made=clearance_cairn eingetragen, auch wenn ich damit nicht wirklich zufrieden bin und es vielleicht sinnvoller wäre einfach einen Haufen zu mappen (man_made=heap), welcher aus Steinen besteht (material=stone) an denen man sich frei bedienen darf (self_service=yes, fee=no) oder so…

Aber auch ein glazial dahingeschobener Stein ist doch ein Gesteinstrümmer und hat keine Verbindung mehr zum Anstehenden. Er hatte nie eine Verbindung zum an Ort und Stelle Anstehenden, aber das fordert die Definition doch nicht - oder?

Auch Glückauf,
gormo

Guter Punkt, ein kurzer Exkurs dazu:

Lesesteine können definitionsgemäß Hinweise auf das örtlich anstehende Gestein geben, insbesondere wenn sie gehäuft auftreten. Bei der sogenannten Lesesteinkartierung können geologische Grenzen abgeschätzt werden, auch wenn keine Gesteine an der Oberfläche direkt anstehen.

Im Gegensatz dazu wurden eiszeitliche Geschiebe über hunderte bis tausende Kilometer transporttiert und haben keinerlei Bezug zur lokalen Geologie. Größere Geschiebe (Findlinge) werden daher auch als Erratika bezeichnet.

Glückauf
geow

Hallo zusammen,

ich belebe diesen alten Thread mal wieder, weil die gleiche Frage wieder aufgekommen ist.

Gibt es mittlerweile eine etablierte Vorgehensweise für das Taggen von Lesesteinplätzen / Steinsammelplätzen?

Zu den hier im Thread vorgeschlagenen Möglichkeiten:

natural:shingle ist definiert alsAn accumulation of rounded rock fragments on a beach or riverbed

natural:scree ist definiert alsUnconsolidated angular rocks formed by rockfall and weathering from adjacent rockfaces.

Beides passt m.E. nicht zu Lesesteinplätzen - diese entstehen ja, wenn Menschen Steine, die sie auf den Feldern finden und die dort bei der Landwirtschaft stören, in Feldnähe anhäufen. Weder sind Lesesteine immer durch Wasser gerundet, noch gibt es immer angrenzende Felswände, von denen sie stammen.

Clearance cairn” ist laut Wikipedia wohl die passende englische Übersetzung für “Lesesteinplatz”. Der Begriff scheint sowohl für historische als auch für aktiv genutzte Lesesteinplätze zu gelten.

Zum Mappen fände ich es besser, wenn man die beiden Kontexte unterscheiden könnte, da dann Nutzerinnen und Nutzer mit unterschiedlichen Interessen schnell die für sie passenden Lesesteinplätze finden könnten:

  • Historisch → Von Interesse z.B. für Biologie (da vermutlich über die Zeit zum Biotop geworden) und Archäologie

  • Aktiv → Von Interesse für z.B. Landwirtschaft und Personen, die kostenlose größere Steine suchen

Das Tag “clearance cairn” wird in OSM bisher sowohl im historischen (verwendeter Key: “historic”) als auch im aktiven Kontext (verwendete Keys: “man_made” / “landfill” / “landuse”) genutzt.

Für den *historischen *Kontext finde ich den Key “historic” passend. Es gibt auch bisher keine konkurrierenden Keys, soweit ich das sehe.

Zum *aktiven *Kontext:
landfill ist definiert alsDeponie, eine Einrichtung für die Entsorgung von Abfallstoffen durch Vergraben”. Das finde ich hier nicht so gut passend, denn die Steine sind kein Abfall und werden auch nicht vergraben.

man_made ist definiert alsvon Menschen erschaffene (künstliche) bauliche Strukturen”. Das finde ich hier auch nicht so passend, da es den schaffenden Menschen beim Lesesteinplatz nicht darum geht, eine bestimmte Struktur zu schaffen, sondern sie einfach nur einen Platz brauchen, auf dem sie die auf dem Feld aufgelesenen Steine ungeordnet ablegen können.

landuse ist definiert alsbeschreibt die überwiegende Nutzung von Gebieten bzw. Flächen”. Das finde ich für Lesesteinplätze am passendsten.

Fürs Erste habe ich die Lesesteinplätze, die ich gemappt habe, als landuse=clearance_cairn getaggt.

Wie seht ihr das?

Hallo andreas3489573, willkommen im Forum!

Ich gebe Dir Recht, dass die “natural” tags hier nicht passen, weil es sich nicht um natürliche Objekte handelt, sondern um von Menschen gemachte. Auch bei der Begrifflichkeit “clearance_cairn” stimme ich Dir zu, das ist die korrekte Bezeichnung.

Landuse=clearance_cairn finde ich dagegen von der Logik her unpassend, da das Land ja nicht als Steinhaufen genutzt wird, sondern als Lagerplatz für die nutzlosen Steine. Es ist also eher eine Art von Depot.

M.E. ist hier “man_made” der richtige Key, auch wenn es bei den Lesesteinhaufen nicht darum geht, eine bauliche Struktur zu schaffen. Im englischen Wiki heisst es dazu “A tag for identifying man-made (artificial) structures added to the landscape.” Das trifft auf einen Lesesteinhaufen durchaus zu, da es sich dabei um ein von Menschen geschaffenes künstliches Gebilde handelt. Von daher würde ich

man_made=clearance_cairn

favorisieren.

Alternativ wäre vielleicht noch landuse=landfill akzeptabel. Im englischen Wiki heisst es dazu “Materials are sometimes buried or covered, sometimes simply piled.” Das letztere gilt durchaus für die Lesesteinhaufen. Und der “waste” in einem “landfill” muss kein Müll im Sinne von Hausmüll sein, z.B. wird mineralischer Abraum von Minentätigkeit ebenfalls als “waste” bezeichnet. Von daher kann auch der Abraum von Äckern in Form von Lesesteinen als “waste” betrachtet werden. Insofern könnte ich mir auch

landuse=landfill
waste=clearance_cairn

vorstellen. Zutreffender ist aber m.E. man_made=clearance_cairn.

Ich würde das bevorzugen, denn man sollte mit dem Einführen neuer Werte auf der obersten Ebene mMn sparsam sein, insbesondere wenn es Spezialfälle sind.
Lieber daher eine Spezialisierung in der zweiten Ebene: “landfill=clearance_cairn” wäre auch eine Möglichkeit dafür.
Zu “landfill”: Vergraben ist (in DACH) nur bei Mülldeponie die Regel, bei Bauschutt z.B. eher nicht, es passt also hier schon.

Hier in der Gegend gibt es häufig schmale Steinriegel am Ackerrand, sie sind aber meist dicht bewachsen und würden daher eher als natural=scrub gemappt.

Da hast Du natürlich Recht, und der landfill Tag ist ja ebenfalls durchaus zutreffend. Wenn man dabei dann auf das missverständliche Waste (was in der Übersetzung häufig als Müll = Hausmüll verstanden wird) verzichten will, ist das von Dir vorgeschlagene

landuse=landfill
landfill=clearance_cairn

m.E. eine gute Lösung, wobei ich selber auch überhaupt kein Problem mit waste=clearance_cairn hätte. Landfill=clearance_cairn ist übrigens schon in Verwendung, bisher zwar erst genau 1x aber kann ja noch werden. :slight_smile:

… und genau so wenig bei mineralischem Abraum, siehe z.B. den “Monte Kali” bei Heringen, eine 500 Meter hohe Abraumdeponie. Hier weicht der deutsche Wikieintrag ( “… die Entsorgung von Abfallstoffen durch Vergraben.”) wieder einmal unnötigerweise vom englischen ab.

Ja, die kenne ich auch. Würde die eher als Knick (hedge_bank) mappen, solange es lineare Objekte sind aber das ist hier off topic. Dort, wo besonders steinige Böden und kleine Ackerflächen bearbeitet werden, werden die Lesesteine auch häufig über Generationen hinweg zu richtigen Mauern aufgeschichtet, hinter denen die kleinen Äcker dann verschwinden. Das sind dann aber definitiv ebenfalls keine Lesesteinplätze, also auch off topic … :sunglasses:

In der Diskussion hier haben wir zwei Dinge vermischt: “Lesesteinplätze” (auch genannt: Steinlagerplatz, Steinsammelplatz; Beispiel hier) und “Lesesteinhaufen” (bei länglicher Geometrie auch z.B. “Lesesteinriegel”).

Ersteres ist die Landfläche, die genutzt wird, um darauf zweiteres aufzuhäufen.

Daher hatte ich mich in meinem Beitrag am 24. April geirrt, als ich geschrieben habe, dass clearance cairn die richtige Übersetzung von Lesesteinplatz wäre - es bedeutet vielmehr Lesesteinhaufen.

Lesesteinplätze und Lesesteinhaufen sind unabhängig voneinander.

Bei einem historischen Lesesteinhaufen würde ich nur den Haufen mappen, nicht aber einen Lesesteinplatz. Für einen solchen Haufen finde ich man_made=clearance_cairn oder historic=clearance_cairn passend.

Bei einem gegenwärtig zur Ablage von Lesesteinen genutzten Lesesteinplatz würde ich den Platz (d.h. die Landnutzung) mappen, nicht aber einen Haufen darauf, da die gesammelten Lesesteine von Zeit zu Zeit vollständig abgeräumt werden. Der Steinhaufen ist also in gewissen Zeitabständen immer mal wieder verschwunden und wird dann nach und nach neu aufgehäuft, die dortige Landfläche hingegen bleibt in ihrer Nutzung als Lesesteinplatz dauerhaft vorhanden.

Es handelt sich dabei also nicht um eine Deponie (laut OSM Wiki: "A site for permanent or long term storage of waste materials), sondern um eine Zwischenlagerung. Dafür finde ich landuse=storage mit storage=fieldstones passend. Landuse=storage wurde auch immerhin schon 421 mal verwendet.

Ausführliche Infos zu Steinhaufen (landwirtschaftlich und kulturellen Ursprungs) kann man übrigens in den Publikationen (1,2) von Mary und James Gage finden.