highway=tertiary vs highway=unclassified

Hallo zusammen,

gibt es ein gutes Kriterium mit dem man innerorts zwischen highway=tertiary und highway=unclassified unterscheiden kann?

Ich hätte hier zwei Straßen, bei denen ich denke, dass beide beides sein könnten.

  • Hechinger Straße in Tübingen (OSM, Mapillary, derzeit unclassified)
  • Derendinger Straße in Tübingen (OSM, Mapillary, derzeit tertiary)

Viele Grüße
dktue

In Ostwestfalen-Lippe haben wir mal irgendwann uns drauf geeinigt das

  1. Die offizielle Straßenklassifizierung gilt d.h. Kreisstraße → tertiary.
  2. Wenn davon abgewichen wird das mit einem “note” auf der Straße dokumentiert wird warum.

Für mich spielt die übergeordnete Nutzung eine Rolle. Überwiegt der “Wohnverkehr” an DER Straße oder ist das eher ein Zubringer für Wohn oder andere Gebiete. Und ein indikator (Auch wenn das für die Klassifizierung bei OSM ja nicht ausschlaggebend ist) ist der Ausbauzustand. Wenn das “Einspurig” ist, mit Parken an beiden Seiten und kein Begegnungsverkehr möglich ist, halte ich sowas wie tertiary eher für nicht angebracht.

Wenn da explizit dann Parkverbot ist, oder gleich mit Mittellinie, da Buslinien durchgehen etc - Dann ist das ein guter indikator das das “was besseres” ist als residential.

Flo

Danke für die Erläuterung. Im oben genannten Fall sind beide Straßen klar höherranging als residential. Allerdings ist die Frage, ob es ein Kriterium gibt, das eine Straße höherwertiger als die andere macht oder ob beide gleichwertig zu behandeln sind.

Beides sind durchaus Durchgangsstraßen, traditionell sowieso, aber m.E. zumindest die Hechinger Straße auch immer noch, trotz Verkehrsberuhigung, weil es keine Alternativen gibt außer weiträumig zu umfahren. In jedem Fall sind es Zubringer für das Viertel, zumindest Hechinger Straße aber auch darüber hinaus. Tertiary halte ich bei der Hechinger Str. in jedem Fall für gerechtfertigt, bei der Derendinger Straße bin ich am schwanken. Der Unterschied zwischen tertiary und unclassified ist nun auch nicht so groß, es wird kaum einen Unterschied machen, Tempo 30 gilt ja beiden Fällen.

Danke @dieterdreist, das deckt sich mit meiner Einschätzung. Ich hätte auch eher dazu tendiert, beide umzudrehen, also unclassified für die Derendinger Straße und tertiary für die Hechinger Straße.

im Prinzip steht der Bedeutungsunterschied auch schon im Namen, die Hechinger Straße führt nach Hechingen, das ist ein kleines Städtchen, die Derendinger Straße nur nach Derendingen, das ist ein Viertel von Tübingen.
Tübingen ist halt ein bisschen ein Spezialfall, weil das Autofahren überall verleidet werden soll, auch auf den Durchgangsstraßen :wink:

Zur Hechinger Straße (aktuell highway=unclassified):
Diese würde ich als highway=tresidential einordnen.
Die Straße mündet zwar auf beiden Seiten in eine Bundesstraße, man könnte sie also als eine Verbindung zwischen diesen beiden ansehen. Aber sie ist offensichtlich (z.B. durch Tempo 30 und andere verkehrsberuhigende Maßnahmen) nicht als Verbindungsstraße zwischen zwei Orten gedacht sondern lediglich zur Anbindung des Wohngebiets.

Highway=unclassified wird außerorts als untergeordnete Verbindungsstraße zwischen zwei Siedlungszielen genutzt. Innerorts aber nur für untergordnete Straßen außerhalb von Wohngebieten (also z.B. in einem Gewerbegebiet) und insofern von der Verkehrsbedeutung praktisch auf einer Ebene mit highway=tertiary - aber eben außerhalb von Wohnbebauung.

Highway=tertiary würde ich hier auch nicht verwenden. Selbst wenn der eine oder andere Autofahrer diese Straße als Schleichweg von der einen zur anderen Bundesstraße nutzt, ist sie als solche anscheinend nicht vorgesehen (daher auch Tempo 30 und diverse andere verkehrsberuhigende Maßnahmen.) Ich kann auch keinen Unterschied zwischen dieser und den parallel verlaufenden Straßen erkennen, der eine Eingruppierung als Durchgangsstraße rechtfertigte.

Gute Anhaltspunkte zur Eingruppierung bietet z.A. diese Seite: https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Attributierung_von_Stra%C3%9Fen_in_Deutschland

Schwieriger finde ich, die Deringer Straße einzuordnen. Man kann sie (wie aktuell) als highway=tertiary sehen - weil man sie als Verbindungsstraße von Derendingen nach Tübingen ansieht - oder als highway=residential. Aber highway=unclassified ist sie meines Erachtens auf keinen Fall.

Ich weiß, dass früher highway=unclassified oft genutzt wurde, um damit Straßen in Wohngebieten einzugruppieren, die von ihrer Verkehrsbedeutung zwischen highway=tertiary und highway=residential liegen. Das ist aber meiner Kenntnis nach nicht mehr vorgesehen.

Die Hechinger Straße ist kein Schleichweg, zahlreiche Busrouten laufen hier entlang. Trotz Tempo 30 ist das ganz klar eine Straße mit Transit-Charakter.

Diese Route vom Westen Tübingens in den Süden Tübingens halte ich für absolut sinnvoll und für richtig, dass sie über die Hechinger Straße führt.

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Hey, ich möchte auch mal meinen Senf dazu geben, weil ich mich mit Bekannten und Wissenschaftlern bei uns in Magdeburg letztens mit den Daten in OSM dazu auseinandergesetzt habe.

Man unterscheidet von der Verkehrsplanung innerorts eigentlich zwischen drei Stufen in Deutschland:
Hauptverkehrsstraßen (HVS) - in OSM eigentlich primary bis tertiary (mMn nochmals abhängig der Verkehrsbedeutung)
Sammelstraßen, die Quartiere von den HVS aus erschließen
Anwohnerstraßen - was in OSM die residentials wären.

Das stimmt so nicht. Siehe auch in der von dir verlinkten Seite unter “Durchgangsstraßen” →

Ich würde tendenziell alle Durchgangsstraßen eher in den bereich mind. Tertiary schieben. Und eigentlich die unclassified als Sammelstraßen (innerorts) ansehen.
Aber du deutest schon eigentlich mit deiner Aussage an, wir haben für residential eigentlich nichts vergleichbares für Gewerbe/Industriegebiete…

Ich bin der Meinung, dass die Hechinger Straße definitiv als Durchgangsstraße qualifiziert ist.

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Sehe ich nicht so, denn Verkehrstechnisch und Verkehrsplanerisch hast du die zwei sich kreuzenden Bundesstraßen als Durchgangsstraßen.
Der Nordteil der Hechinger Straße hat maximal eine historische Durchgangsfunktion (wo es die Umgehung mittels Bundesstraße nicht gab.
Ich sehe hier viel eher eine Sammelstraße und somit auch den Status unclassified für hier sehr angebracht. V.a. die Tempo 30 zeigen klar, dass es nicht für Durchgangsverkehr gedacht ist.
Was man auch beachten muss: https://www.mapillary.com/app/?lat=48.5082566&lng=9.05953134&z=18.94867304949753&pKey=3862796667139828&focus=photo - effektiv ist hier die Durchfahrt für LKW >7,5t verboten. Spricht auch dafür, dass es kein Durchgangsverkehr geben soll.

Durchfahrtsverbot für LKW ist ein sehr gutes Argument, ja!

Welche Meinung hast Du zur Derendinger Straße, @SafetyIng?

Hat für mich auch einen ähnlichen Verkehrsstatus. Also meine Meinung wäre auch in Richtung “Sammelstraße”.
Was ich auf mapilarry jetzt noch entdeckt habe, aber nicht ganz einordnen kann, ist dieses LKW-Verbot: https://www.mapillary.com/app/?lat=48.49978247999999&lng=9.056640099999981&z=18.63726055619623&pKey=953435432076533&focus=photo&x=0.5056840896897938&y=0.49840666085000007&zoom=0
Auf der anderen Seite hängt es auf dem Wegweise ich finde es aber wieder nicht als Schild nochmals wiederholt… https://www.mapillary.com/app/?lat=48.5143153&lng=9.05186192&z=17&pKey=1408554012815804&focus=photo

stimme voll mit Dir überein. Die Verkehrsberuhigung hat an der Verkehrsbedeutung praktisch nichts geändert, man muss jetzt dort halt 30 fahren.
Wenn andernorts die Bundesstraßendurchfahrten mit 30 beschränkt werden, dann taggen wir auch nicht residential…
Wie gesagt ist Tübingen sowieso ein Sonderfall, langjährige grüne Politik hat dafür gesorgt, dass man auf keiner Straße einfach fahren kann, es wird schön von rot zu rot gefahren, mit max. 40 auf den Hauptstraßen, auch die ursprünglich für 80 geplanten 2+2 Umgehungsstraßen (Nordring und Schnarrenbergstr.) sind auf 50 begrenzt (allerdings schon länger, die 80er-Planung ist glaube ich aus den 60ern oder 70ern).

Mag sein, dass die bekannt “autofahrerfreundliche” Verwaltung in Tü das anders möchte, aber kein halbwegs ortskundiger Fahrer käme auf die Idee, von Norden oder Westen (B296) über die ständig verstopfte Reutlinger (B28) und Stuttgarter Straße (B27) nach Süden zu fahren, umgekehrt genauso. Das geht auch bei Tempo 30 viel problemloser über die Hechinger Straße und so wird sie auch genutzt. Von daher mindestens unclassified.
Die Derendinger Straße wird höchstens als Schleichweg (nomen est omen) genutzt, wenn auf der B27 südlich des Hechinger Dreiecks kilometerlanger Stau ist.

Zusätzlich zum Fall hier eine Anmerkung zu unclassified und tertiary generell: Wenn sie von außerhalb des Ortes kommen, sollen sie innerhalb gleich bis zur nächsten höher- bis gleichwertigen Straße geführt werden.

Eine Bundesstraße als Hauptverkehrsstraße kann aber nur Abschnittsweise als Tempo 30 ausgewiesen werden. Hier ist ja der gesamte Straßenzug zwischen den Bundesstraßen als Tempo 30 durch eine 30er Zone erwirkt. Das heißt, hier soll vorrangig Durchgangsverkehr verhindert werden. Das ist ja keine reine Verkehrsberuhigung mehr, da keine dezidierte Gefahrenstelle vorhanden ist.

Natürlich ist das jetzt ein Thema von Wirkung und Ursache, aber ich möchte gerne folgende Erkenntnis teilen:

Alle genannten Router:

führen über die Hechinger Straße. Keiner über die Derendinger Straße und keiner über die Verbindung von B28 und B27. Und ich empfinde diese Route auch als die beste.

Finde ich witzig, mit den aktuellen Verkehrsdaten führt mich Google nämlich über die Derendinger Straße. Ich habe einfach auf deinen Link geklickt. Strecke ist zwar nur 300m kürzer, dafür aber 2 min Ersparnis.
Sogar die 9km lange Strecke über Weinbergstraße/Real/B28 wird mir als schneller angezeigt.

Ich muss auch sagen, dass ich bei Verkehr immer mich Frage: Was ist denn die wirkliche Verkehrsbedeutung?
Wenn mir eine Stadt in ihren Unterlagen/Verkehrsplanung sagt, das plane ich nicht als Durchgangsstraße, dann kann es maximal eine Sammelstraße sein. Und erst anhand dieser Einstufung wird ein bestimmtes STraßenbild erstellt.
Tempo30-Zonen dürfen garnicht Durchgangsstraßen umfassen. Das verbietet das Gesetz. Und dass anscheinend die Autofahrer aber entgegen der geplanten Verkehrsbedeutung fahren (u.a. haben wir ja schon immer so gemacht), ändert für mich nichts an der eigentlichen Verkehrsbedeutung.

maxspeed d.h. Tempo 30 ist kein Argument. Das kann und wird auch auf Bundesstraßen angeordnet werden wenn dort Altenheime, Schulen oder Kindergärten sind.

Flo

Flo, hier ist es aber eine Tempo-30 Zone und keine Räumlich begrenzte Geschwindigkeitsbegrenzung aufgrund einer Gefährdung