Grundlegende Probleme von OSM

Jetzt muss ich hier doch mal ein bisschen bremsen, oder das zumindest versuchen.

In diesem Thread haben jetzt schon einige sich gewünscht, dass die OSM-Webseite “konkurrenzfähig” wird, “Endbenutzerfreundlich”, eben eine echte Alternative zu Google Maps.

Man kann mit dem OSM-Werkzeugkasten sicherlich etwas bauen, was mit Google Maps vergleichbar ist, aber das ist 'ne Menge Arbeit - da gehört ja dann zum Beispiel auch sowas wie UMap dazu, und zumindest in Grenzen vom Benutzer definierbares Rendering der Vektorkacheln (Karten, bei denen Süden oben ist etc.), und natürlich: gute Luftbilder. Dem unbedarften Webseiten-Nutzer ist das Fehlen von Luftbildern heute genausowenig vermittelbar wie “wir sind eine Datenbank und keine Karte” - die Antwort ist “bla bla interessiert mich nicht ich will eine nützliche Webseite”. Das Beispiel Luftbilder zeigt, dass wir gegen die “großen” als Vollsortimenter nicht anstinken können. Luftbilder sind nun mal nicht unser Geschäft, Luftbilder sind (derzeit noch…) nichts, wo jeder einzelne Mapper irgendwas zum großen Ganzen beitragen kann, und es wäre absolut albern, jetzt Geld in die Hand zu nehmen, um Luftbildlizenzen zu kaufen, damit wir auch was zu bieten haben auf unserer Startseite, ich hoffe, dass wir uns wenigstens da alle einig sind?

Aber schauen wir auf die Sachen, die möglich sind - es wird zu leicht vergessen, dass all diese coolen Features erstmal Entwicklungsaufwand bedeuten, danach Installations- und Wartungsaufwand, und natürlich auch Hardware-Ressourcen fressen. Den Entwicklungsaufwand muss man mit etwas Glück nicht bezahlen, das machen noch Hobbyisten. Bei der Wartung wird es schon schwieriger - wir haben ein freiwilliges Sysadmin-Team in OSM, aber die haben schon ganz schön viel zu tun (Liste von Servern hier https://munin.openstreetmap.org/)). Wir betreiben nicht nur die zentrale Datenbank und Webseite dreimal (zur Sicherheit), sondern auch Wiki, Email, das Forum, help.openstreetmap.org, einen User-Rechner, das CiviCRM zur Mitgliederverwaltung, Tile-Server und Proxies auf der ganzen Welt, Nominatim… (übrigens, wenn jemand fit in Linux, Sysadmin und Englisch ist, die suchen auch immer Nachwuchs…). Langer Rede kurzer Sinn, irgendwann kommt der Punkt, wo wir bezahlte Sysadmins einstellen müssen, wenn das so weiter geht. Und mit Hardware- und Hostingkosten genauso.

Immer weitere Forderungen nach immer mehr End-User-Features auf unseren Seiten bedeuten also mehr Kosten. Das ist im Grunde kein Beinbruch, OpenStreetMap ist ja eine bekannte “Marke”, wenn uns ein bisschen Mühe geben, können wir bestimmt Förderungen von diversen Stellen bekommen. Notfalls stellen wir einen Fundrasing-Manager ein und zahlen dessen Gehalt dann aus den Einnahmen :wink: - was ich sagen will, das führt alles in die Richtung einer “dicken” OSMF, die massiv Gelder einsammelt und die Manager und Sysadmins und Programmierer bezahlt, und Fundraiser, um mehr Geld einzusammeln. Das aber wiederum führt zu größerer Abhängigkeit von Drittinteressen (die, die uns das Geld geben, wollen damit ja auch was erreichen). Bevor wir’s uns versehen, müssen wir auf unserer Webseite Marketing-Phrasen dreschen und der Welt ständig erzählen, was wir für tolle Sachen machen, damit der Geldhahn weiter offen bleibt, usw. usf.

Umgekehrt überlassen wir Firmen wie Mapbox oder maps.me (oder Mapquest, falls sich noch jemand erinnert) das Feld, wenn wir selbst keine eierlegende Wollmilchsau-Webseite anbieten. Wer weiss, vielleicht hat Google irgendwann auch einen OSM-Layer. Nachteil: Wir kriegen nicht so viel von dem Prestige. Vorteil: Wir können weiter das machen, was für uns wichtig ist, und wir können eine kleine Organisation bleiben, ohne Verwaltungswasserkopf.

Vielleicht male ich das zu drastisch, und es gibt vernünftige Mittelwege, aber für mich hängt die Forderung nach immer mehr Services für die Endbenutzer schon irgendwie auch damit zusammen, ob die OSMF eine kleine Organisation im Hintergrund bleibt oder sich zu einer Wikimedia-Foundation aufbläht.

Denkt mal drüber nach, was für eine OSMF ihr wollt, bevor großartige Forderungen gestellt werden.

Trivial ist das auch nicht, aber es ist ziemlich sicher, dass das zentrale Rendering irgendwann auf Vektorkacheln umgestellt wird, vorallem wegen der Beschriftungen. Da aber Vektorkachel nicht gleich Vektorkachel ist, ist völlig unklar, welche anderen Styles dann auch funktionieren würden und wo noch wieviel Aufwand reingesteckt werden muss.

Bye
Frederik