Gedankenspiel: Vorfahrtsregelungen / Validierung

Ja, leider sind sowohl die baulichen Gegebenheiten als auch die Gesetzteslage nicht immer eindeutig und stimmig.
Ich kenne in meiner Kleinstadt auch Straßen, bei denen man die Fahrbahn bewusst so schmal gebaut hat, dass zwei sich begegnende Fahrzeuge nicht aneinander vorbeikommen. Daneben wurde auf einer Seite ein Bürgersteig mit Niederbord gebaut. Niederbord deswegen, damit bei Begegnungsverkehr ein Fahrzeug auf den Gehweg ausweichen kann. Aus meiner Sicht keine gute Lösung, denn eigentlich darf man ja nicht auf dem Bürgersteig fahren. Und was das Parken betrifft: Solche mit Niederbord abgegrenzten Bürgersteige werden von so manchem Autofahrer als Einladung angesehen, auf dem Gehsteig zu parken, als wäre es ein Parkstreifen.
Ok, das ist jetzt alles ziemlich off-topic - aber es verdeutlicht, dass eine Darstellung von Vorfahrtsregelung in OSM mittels Bordstein wenig sinnvoll ist.

habe ich gerade gemacht, die ersten Seiten sind alle ok und dokumentiert, bei 0.02% fängt es an, dass auch unklare Werte wie field_boundary kommen (ca. 3100 Nutzungen), aber einen longtail gibt es immer, das wird dann entweder irgendwann umgetaggt oder es entwickeln sich neue etablierte tags draus. Gerade weil es so viel Unklares jeweils in kleiner Anzahl gibt, würde ich eine Positivliste verwenden, damit kann man fast alles abdecken was Sinn macht, der Rest ist halt „eventuell eine Barrier, sei mal vorsichtig“

Eine Negativliste könnte man ja auch führen (bzw. zu einer „großen Liste“ verschmelzen)

Noch einmal zu §10 der StVO - ich habe ein wenig Übung im Interpretieren von Gesetzestexten und nach meinem Textverständnis ist aus der dortigen Formulierung nicht abzuleiten, dass sich eine Wartepflicht bzw. Vorfahrt-gewähren-Pflicht aus dem Bordstein ergibt. Sondern dort, wo eine solche Wartepflicht bzw. Vorfahrt-gewähren-Pflicht besteht (weil Grundstückseinfahrt, Fußgängerzone, Verkehrsberuhigte Zone) zeigt der Bordstein (sofern vorhanden) lediglich an wo die Grundstückeinfahrt, Fußgängerzone, Verkehrsberuhigte Zone endet und die vorfahrtsberechtigte Straße beginnt. Ist kein Bordstein vorhanden, besteht trotzdem die Warte- bzw. Vorfahrt-gewähren-Pflicht - dann halt an der gedachten Grenzlinie.

Das ist ähnlich wie bei rechts-vor-links-Kreuzungen. An manchen hat man zur Verdeutlichung Haltelinien aufgemalt. Aber auch ohne Haltelinie gilt rechts-vor-links. Die Vorfahrtsregelung wird nicht durch die aufgemalte Linie getroffen sondern die Linie illustriert lediglich eine auch ohne sie bestehende Vorfahrtsregelung. Genau so verstehe ich auch im Kontext der StVO die Formulierungen des §10.

:wink: Aber wäre auch zu einfach, wenn Gesetze eindeutig wären. Dann wäre ja ein ganzer Berufsstand (Fachanwalte für Verkehrsrecht und Fachanwalte für Verwaltungsrecht) massiv in seiner Existenz gefährdet und unsere Gerichte in unverantwortlicher Weise entlastet. :wink:

Verstehe ich Dich richtig, dass ein Poller z.B. kein barrier für Dich ist?

Du als jemand der von irgendwo über einen abgesenkten Bordstein auf eine Straße einfährst musst so fahren das kein andere Gefährdet wird. Ich finde das ziemlich eindeutig eigentlich. Und wie gesagt - Ich kenne das noch aus der Fahrschule deshalb wundere ich mich das ich scheinbar hier so der einzige bin - Und bei mir ist das >25 Jahre und >10 Jahre her …

“Wer … von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren … will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist;”

Und diese Regelung ist eben Fußgängerzone, Verkehrsberuhigt (Z325) und eben Fahrbahnrand und abgesenkter Bordstein gleichermaßen. Selber Paragraf. Wenn du also den Bordstein anzweifelst dann auch die anderen Regelungen?!?!

Flo

Doch - Aber im Algorithmus ist die verarbeitung erstmal das ein barrier=* keine durchfahrt/Nutzung erlaubt und das die weiteren tags dann erlauben können (Auch die impliziten).

Softwareentwicklungsseitig ist der barrier die negativliste die als erstes prozessiert wird, dann folgen access tags die dann eine positivliste darstellen.

Es ist ein Entscheidungsbaum und barrier steht vor den access tags und sagt erstmal “Njet” … Ein foot=yes erlaubt dann irgendwas.

Der Entscheidungsbaum wird durch den missbrauch des barrier tags für einen entrance dann eine dimension komplexer weil für das “Njet” reicht mit einem mal nicht mehr nur die existenz des barrier tags sondern die value spielt auch eine rolle.

Flo

Bist du nicht. Kenne ich auch so.

Seufz, ich zweifele nicht den Bordstein an. Aber lassen wir es auf sich beruhen. Ich bin kein Jurist. Bei OSM wären wir jedenfalls auf der sichereren Seite, wenn wir Bordstein und Vorfahrt nicht gleichsetzten.

Deshalb mein Vorschlag mit highway=give_way - davon ausgehend, dass so ein Bordstein eindeutig Vorfahrt Achten bedeutet. Ob das so ist, überlasse ich euch. Ich denke schon und hab auch im Geltungsbereich der StVO meinen Führerschein gemacht. Wo ich jetzt wohne, gilt aber das reglement verkeersregels en verkeerstekens :slight_smile:

Rechts vor links: Flos Idee, einen passenden value für junction zu finden, finde ich hervorragend. Da gehört das hin, rein von der Systematik her. Ob das jetzt priority_to_right oder unsigned oder default sein muss, dazu bin ich leidenschaftslos. Müsste man ggf. mit einem internationalen Publikum abklären.

Edit: ich kann mir kaum andere Regelungen vorstellen, außer links vor rechts (aber das hab ich im Internet nicht finden können - allerdings kann ich kein Japanisch) oder “wer zuerst kommt, mahlt zuerst” (give_way auf der Kreuzung analog zum 4-way-stop?). ?

Ich finde den Vorschlag gut. Das man Vorfahrt gewähren muss, wenn man z.B. aus einer Verkehrsberuhigten Zone hinausfährt, ist ja unstrittig Und mit einem eigenen Tagging kann man das dann genau da hinpappen, wo es hingehört, egal ob da ein Bordstein ist oder nicht. :slight_smile:

Für die validierung brauchst du das nicht weil du ja den Übergang living_street zu residential o.ä. hast. Da lässt sich das einfach bestimmen.

Der Punkt ist das ich das da noch eintragen wollen würde wo eben das nicht klar ist - d.h. das was wir im moment nicht so explizit mappen.

Also kerb=lowered, oder eben ein junction=whatever (Unsigned ist doof weil es ja Zeichen 106 gibt).

Also sowas wie junction=priority_to_right vielleicht dann doch.

Flo

Man kann es auch übertreiben. :frowning:

Es gibt soviele Straßen, die gleichrangig sind, wenn man an jede solche Kreuzung und Einmündung solch einen Tag ranmacht, ballert man die Datenbank mit IMHO Müll zu. Auch wenn ich von einem Mitglied der DWG in einem anderen Zusammenhang belehrt worden bin, dass genug Speicherplatz da ist. Und dann gibt es auch noch gleichrangige Einmündungen, wo man ggf. durch Winkzeichen Vorfahrt gewähren muss. Gleichrangige Straßen sind IMHO für eine Software auch ohne Tag erkennbar.

Der Tag funktioniert auch nur in Ländern mit Rechtsverkehr. Bei Linksverkehr braucht man dann noch einen zusätzlichen Tag

Jetzt weiß ich wieder, warum ich ein strikter Anhänger des KISS-Prinzips bin. :sunglasses:

je mehr ich darüber nachdenke, desto richtiger ist aeonesas Aussage. Rechts-vor-links ist sozusagen der default-Wert der StVO. Rechts vor links gilt immer, solange nicht durch VZ etwas anderes gelten soll.

schon klar, das ist die alte Diskussion, wieviel default man akzeptieren will, und wo man lieber explizit sein will um sicherzustellen, dass die Stelle nicht vergessen wurde (es also so aussieht als ob der default gälte, aber eigentlich noch tags fehlen. Diese Stellen zu finden ist natürlich leichter, wenn der default ebenfalls explizit getaggt wird). Sozusagen, wozu street complete anstiftet.

Sehe ich völlig anders. Datenbankvolumen ist kein Argument, sagst du ja selbst. Die paar Byte machen den Kohl nicht fett.

Und dass Computer zuverlässig erkennen können, welche Kreuzungen gleichrangig sind, wage ich auch zu bezweifeln. Woran sollen die das festmachen? Am highway Tag? Das mag in einfachen Fällen funktionieren, z.B. residential in einem Wohngebiet. (Die Kreuzungen würde ich auch nicht taggen, dafür ist mir die Zeit zu schade)
Aber was ist hiermit?

https://www.mapillary.com/map/im/kAF0wKV5leQVdzWvmGA93w

Hier trifft secondary auf unclassified, beide korrekt getagged. Rechts vor links. Ist für Ortsunkundige durchaus überraschend und IMHO ein Tag wert.

Oder hier:

https://www.mapillary.com/map/im/uVzC9FvSffOQw9T3QauNHQ

Tertiary meets residential. Rechts vor links.

Für solche Kreuzungen wäre es sehr nützlich, ein passendes Tag zu haben. Gibt es bisher nicht.

Zum Namen: junction=uncontrolled wäre noch ne Möglichkeit. Neutral und durch landesspezifische Defaults zu ergänzen. Löst das Problem, dass es Schilder wie StVO 102 gibt und scheint der auf Englisch gängige Begriff zu sein:
https://en.wikipedia.org/wiki/Uncontrolled_intersection

Das ist Dein gutes Recht :sunglasses:

Nein, das habe nicht ich gesagt, sondern ein DWG-Mitglied hat das behauptet. Bitte genau lesen, bevor Du hier so etwas postest!

Aber der Zahlenraum für CS ist endlich und Geldmittel für Speicher auch. Auch wenn die Festplatten immer preiswerter werden.

Ganz einfach am Nichtvorhandensein von Vorfahrtschildern, von abgesenkten Bordsteinen und dass es keine Einmündungen von verkehrsberuhigten Zonen in normale Straßen gibt.

Ich sehe hier nur zwei gleichrangige Straßen ohne Vorfahrtsschilder; auch im zweiten Beispiel. Wir können hier noch stundenlang Kümmelspalterei betreiben. Das bringt mich nicht von meiner Meinung ab. Gleichrangige Straßen noch extra zu taggen, bläht nur die Datenbank ohne wirklichen Nutzeffekt auf. “Keep it simple, stupid” (KISS) ist ein gutes Prinzip für OSM.

Hachja, die Bordsteinchen … :roll_eyes:
Es gibt im arg verschachtelten § 10 beides:

  • aus Fuzos, vbBs, Grundstücken in die** Straße** einfahren
  • über abgesenkte Bordsteine in die Fahrbahn einfahren

  • In der Realität gibt es
  • Einfahren aus Fuzos, vbBs, Grundstücken UND über abgesenkte Bordsteine
  • Einfahren aus Fuzos, vbBs, Grundstücken OHNE abgesenkte Bordsteine
  • Einfahren über abgesenkte Bordsteine OHNE Fuzos, vbBs, Grundstücken *)
    Und es gibt Einfahren über
  • abgesenkte Bordsteine
  • hohe Bordsteine
  • dauerniedrige Bordsteine
  • zwischen abbiegenden Bordsteinen zusätzlich eingehängte Bordsteine
  • auf der einen Seite abgesenkte, aber auf der anderen Seite verschwindende Bordsteine

Und dann war doch

Also alles nicht so einfach …

Zur Frage, ob abgesenkt oder nicht, gibt es im StVO-Kommentar von Bouska von 1999 folgende Passagen:
Bouskas abgesenkte Bordsteine im OSM-Wiki.
Ob sich diese Meinung irgendwo schon mal gerichtlich niederschlug, ist mir nicht bekannt.
Und wenn man in Kenntnis dieser Spezialitäten die Augen offen hält, findet man immer wieder Stellen, wo kein rechtlich sauber abgesenkter Bordstein vorliegt sondern irgendein Spezialfall Bouskas oder andere, teils sehr kreative Lösungen …

*) Wegen einer solchen Stelle habe ich hier glaub schon mal angefragt, nämlich diese hier, kein 205, nur Rechtsabbiegegebot, aber mustergültig abgesenkter und auch durchgehender Bordstein. Meine damalige provisorische Lösung hat irgendwie noch keine Nachahmer gefunden … :roll_eyes:

Wo wir gerade beim Thema Vorfahrt sind:
Was spräche gegen ein klärendes priority_road=no, außer das es im Wiki nicht erwähnt wird?
Hatte gestern eine Straße so getaggt, die man für eine Vorfahrtstr. halten könnte, auch wegen paralleler Tram, die aber keine solche ist … Sondern RvL, Tram schaltet aber Ampeln (fehlen noch in OSM)

Moin,

ich würde Dir ja prinzipiell recht geben - wenn ich nicht die verkehrsberuhigten Straßen vor Augen hätte, die nur bis zum Schild, aber eben nicht bis zum Kreuzungsnode entsprechend getaggt waren …
Aber man muss ja nur warnen, wenn man kein Vorfahrtsschild und keinen abgesenkten Bordstein nahe im einmündenden highway erkennen kann - dann ist das Finden eines Anfangs der living_street ja auch kein Problem mehr …