Friedhöfe mit allen Gräbern als digitale Almenden?

Hallo,

ich habe ein Projekt auf dem Schreibtisch, bei dem eine Kommune ihre Friedhöfe digitalisieren möchte. Beteiligt sind zunächst alle üblichen Verdächtigen, Verwaltung, Gewerke, proprietäre Software und am Anfang steht die Frage nach der Erstellung eines Grab-Katasters.

Neben der Digitalisierung für Verwaltungsaufgaben ist es auch ein Ziel, Friedhöfe und Gräber den Bürgerinnen und Bürgern digital zugänglich zu machen. Die Kommune hat selber einen gewissen Open-Data Anspruch.

Ich bin selber seit 20 Jahren Fan von Open Source/Open Data etc. und frage mich, ob es eine Möglichkeit gibt, OSM und dieses aufzubauende Grab-Kataster zum Nutzen aller Beteiligten zu verbinden.

Wenn in den kommenden Jahren jede Kommune ihre Friedhöfe und Gräber mit eigenen proprietären Anwendungen digitalisiert und die Daten in Oracle- und MSSQL-Servern versenkt, dann hätten wir in meinen Augen eine Chance verpasst. Aktuell sind in OSM ja nur wenige Prominenten-Gräber verzeichnet (QGIS/QuickOSM, “cemetery = grave”).

Mir geht es also um die Frage, ob die Diskussion in der OSM-Community schon geführt wurde, ob es überhaupt wünschenswert ist, Friedhöfe bis auf die Ebene jedes einzelnen Grabes abbilden zu können.

Können wir das hier oder vielleicht auch schon im neuen Forum diskutieren?

Viele Grüße :),
Peer

Edit: Grammatik :wink:

Nachtrag:

Wenn ein Interesse erkennbar wäre (und ein Grabverzeichnis nicht als Spam angesehen würde), dann würde ich mich dafür stark machen, die Community direkt und aktiv in das Projekt einzubinden (größere Stadt im Rheinland).

Wir haben bisher cemetery=grave [1] für einzelne Gräber, und cemetery=sector [2] für einzelne Unterabschnitte größerer Friedhöfe.

Für ein Kataster bräuchte es vermutlich noch etwas zwischen grave und sector für einzelne Grabstellen, da sich auf einer Grabstelle auch mehr ein Grab befinden kann …

Viellecht könnte man da versuchen cemetery=plot zu etablieren, analog zu einzelnen Gartenparzellen in Kleingartenanlagen [3]?

[1] https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Tag:cemetery%3Dgrave
[2] https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Tag:cemetery%3Dsector
[3] https://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE:Tag:allotments%3Dplot

Ich denke nicht, dass OSM selbst die geeignete Datenbank ist, um nicht verifizierbare, verwaltungsinterne Daten abzulegen - auch wenn diese “veröffentlicht” werden. Wenn, dann würde es reichen, bei den jeweiligen Friedhöfen einen Link zu den Daten einzutragen.

Ah, danke für den Hinweis! Ein Plot wäre z.B. ein Familiengrab mit einzelnen zugeordneten Grabstellen.

Was mich aber umtreibt, ist die Detaillierung und wie die Erfassung von so vielen Grabstellen in der Community betrachtet wird. Ähnlich zu den Relevanzkriterien in der WP könnte man ja argumentieren, dass einzelne Gräber in der großen Zahl irrelevant seien.

Andererseits werden die Informationen in den kommenden Jahren mit oder ohne OSM erhoben werden. Wenn sie in den Datenbanken der Friedhofs- und Grünämter verschimmeln würden, wäre das aus meiner Sicht ein Verlust.

2010 wurde die Frage schon einmal kurz diskutiert und negativ beantwortet. Heute sieht es IMO etwas anders aus. Allerdings habe ich keine Ahnung, wo darüber diskutiert wird und wie ein Entscheidungsprozess aussieht.

Dank Dir für das Feedback. Ich denke, hier liegt ein Missverständnis vor:

Es geht nicht um verwaltungsinterne Daten.

Es geht um die Gräber selbst, deren Geokoordinaten und die üblichen, öffentlichen Metadaten aus OSM - sofern sie von jemandem erhoben/bereit gestellt werden. Ich denke auch keinesfalls an einen Single Source: Die Verwaltungen haben andere Prozesse und Ziele, als die Community. Wenn aber Einigkeit über Geodaten, Namen, vielleicht eine ID existiert, dann stellt das Eindeutigkeit her, so dass man z.B. auch auf einem Friedhof routen könnte.

Es geht also darum, auf der Ebene der öffentlichen, georeferenzierten Daten eine Synergie zu nutzen: Wenn die Verwaltung eine Änderung vornimmt, wird das veröffentlicht und ggf. als eine Art “Pull-Request”, GeoRSS, whatever zur Vervügung gestellt, dass es leicht in OSM übernommen werden kann.

Genauso im umgekehrten Fall: Wenn sich im OSM-Datenbestand etwas ändert, bekommt das Kataster einen Hinweis.

In meiner Vorstellung haben Verwaltung und Community am öffentlichen Teil der Daten das gleiche Interesse: Der Öffentlichkeit freie georeferenzierte Daten zur Verfügung zu stellen.

pyram +1

Hi WegefanHB,

das +1 auch mit dem Hinweis, dass es weder um unüberprüfbare, noch um verwaltungsinterne Daten, sondern nur um öffentliche Daten und deren georeferenzierung geht?

Dank Dir

Btw., hier Beispiel aus Wien: Friedhöfe Wien

Zugegeben: Beethoven van, Ludwig war ein Prommi :sunglasses: Aber wie man sieht, sind auch die anderen Gräber verzeichnet. Über die Suchmaske kann man nach Namen suchen, wo jemand liegt.

Das wird zukünftig jede Kommune für sich und “irgendwie anders” oder auch gar nicht machen.

Hier wäre es meiner Meinung nach ein richtiger Gewinn, wenn OSM die Möglichkeit böte, dass Interessierte oder auch Teile der Verwaltung die Infrastruktur nutzen könnten, um mit eigener Kraft ein Minimum öffentlicher Daten bereit zu stellen. Gerade kleinere Kommunen bekämen dadurch die Möglichkeit, sich in diesem Bereich mit geringem Aufwand und gemeinwohl-orientiert zu digitalisieren - und dort dann auch ihre Prozesse un Gewerke anzudocken.

Friedhöfe digitalisieren? Ernsthaft jetzt? Ich stell mir das so vor:
Es gibt dann 'ne App, auf der ich Unkraut jäten kann/muss und meine Giesskanne unter virtuellen Hecken verstecke. Andere User posten Kommentare, wie übel das Grab schon wieder aussieht und wer sich da eigentlich drum kümmert.

Ist halt eine generelle Frage wie detailliert OSM sein soll. Vergleichbar sind ja Zoos und Botanische Gärten. Bei Zoos sind in der Regel die Gehege mit ihren Arten eingetragen. Bei Botanischen Gärten, die meist nach Regionen aufgeteilt sind, sind häufig die Regionen in OSM eingetragen, nicht aber die einzelnen Arten. Wobei man dann auch fragen könnte, warum eigentlich nicht? Straßenbäume haben wir ja auch einzeln drin.

Das mit der Detaillierung treibt mich ja auch um.

Andererseits sehe ich den Nutzen der freien Daten für die Öffentlichkeit und für die öffentliche Verwaltung als ziemlich groß an. So lange noch keine “digitale Kleinstaaterei” eingesetzt hat, könnte man jetzt einen gemeinwohl-orientierten Standard setzen, der allen nützt und der, wie es bei freien Daten nun mal ist, auch ganz anderen später nutzen kann, an die man jetzt noch gar nicht denkt.

Ja leider nimmt der Tag abuse von natural=tree immer mehr zu. Kilometer lang an Strassen, auf Wiesen/Weiden/Streauobstwiesen. :roll_eyes: Von wegen nur Einzelne und Bedeutende.

Zum Thema. Was ist da mit dem Datenschutz? Darf man einfach veröffentlichen Wer an welcher Stelle liegt. Die Toten haben vielleicht keine Rechte aber was ist mit den Angehörigen?

Dank Dir!

Ich denke, das wäre keine Diskussion im OSM-Umfeld. Das ist eher die Frage jeder Kommune, wie sie die Daten dann weiter verwendet. Und wenn man ein Forum zu jedem Grab zulässt, dann wird man vermutlich viel Pflegeaufwand haben, genau solchen Spam zu löschen :smiley:

Nein, im Ernst: Schau Dir doch mal das Wiener Portal an. Ich denke, da kann man gut sehen, wo die Reise hin geht.

Was mich antreibt, diese Diskussion jetzt führen zu wollen ist, dass jetzt offenbar der Druck für die Kommunen wächst, auch die Friedhöfe zu digitalisieren. Ich sehe eine erhebliche Verschwendung von Geld und Lebenszeit, wenn man zulässt, dass die grundlegenden Strukturen dieser Digitalisierung nicht von Anfang an offen sind.

Wenn die Kommunen jetzt aber selbst aktiv werden, dafür Gelder bereit gestellt werden, dann lassen sich mit den Geldern IMHO von Anfang an digitale Almenden aufbauen. Wenn die aber erst einmal in proprietäre Lösungen versenkt werden, dann haben wir alle nichts davon: Weder erheben wir freiwillig die Daten, noch werden die Kommunen die dann teuer erkauften Daten fereiwillig in frei und schutzbedürftig auseinander pfriemeln und in sinnvoller Weise öffentlich stellen.

Wie gesagt: Ich habe das gerade auf dem Schreibtisch liegen und Wien ist ein Vorbild. (Bzgl. Deiner Datenschutz-Bedenken z.B. eine verstorbene Frau Dr. Schulz). Der Name, Geburtstag, Todestag, ggf. ein Spruch, ein Symbol - all das ist ja schon öffentlich.

Wer sich jetzt daran vergehen will, wird das auch jetzt schon tun können. Selbst wenn es negative Vorkommnisse geben wird, bin ich ziemlich zuversichtlich, dass der Nutzen überwiegt und dass man die negative Entwicklungen einfangen können wird.

Moin Peer P King, ich stimme Dir zu, dass es sich bei den Grabstellen um öffentlich zugängliche, georeferenzierbare Plätze handelt, die im Prinzip von jedem Mapper OTG erfasst werden könnten. Das passende Tag dazu gibt es ja bereits, auch wenn es (zumindest in Deutschland) primär für die Gräber von prominenten Persönlichkeiten verwendet wird.

Ich habe jedoch starke Zweifel, was die öffentliche Relevanz privater Grabstellen angeht. Ich kann mir kaum vorstellen, dass irgend jemand sich für eine private Grabstelle interessiert, mit Ausnahme der Angehörigen, und die wissen, wo das Grab sich befindet. Die Idee, private Grabstellen per Router anzusteuern wie eine touristische Sehenswürdigkeit empfinde ich nicht als reizvoll, sondern als absolut abstoßend.

Darüber hinaus gehen private Gräber es m.E. auch keinen Außenstehenden etwas an. Egal ob die persönlichen Daten auf den Grabsteinen irgendeinem Datenschutz unterliegen oder nicht, es sind persönliche Daten und die sollten auch persönlich bleiben. Wir erfassen ja auch nicht die Namen von Privatpersonen auf Briefkästen oder Klingelschildern, obwohl jedermann diese vor Ort jederzeit persönlich ansehen kann.

Für eine Kommune wird eine digitale Grabstellenverwaltung sicher sinnvoll sein. Wenn diese Daten dann von interessierten Bürgern auf der Webseite der jeweiligen Kommune eingesehen werden können, mag das auch noch angehen. In einer öffentlichen Geodatenbank haben diese Informationen m.E. nichts verloren, da es sich um private Daten handelt, auch wenn die betroffenen Personen sich selber gegen eine Veröffentlichung nicht mehr wehren können.

Hi Map_HeRo,

ich finde, dass Du hier schon ein paar Annahmen machst und eine moralische Wertung vornimmst.

Nein. Aber ich stelle Frage ja bewusst: Wollen “wir” und wenn ja in welchem Umfang wollen wir diese Daten ggf. zusammen mit den Verwaltungen erheben und wollen wir Schnittstellen für einen Austausch der beiden Datentöpfe konzipieren, so dass z.B. Änderungen via GeoRSS oder Pull-Request ermöglichen, dass die Community den Verwaltungen Hinweise auf Veränderungen gibt und umgedreht.

Ich denke, das kann im Rahmen einer Diskussion klären. Und die will ich gerade anstoßen :smiley:

Eben weil ich denke dass die Geodaten zu den Gräbern, vollkommen unabhängig davon, wer zum Zeitpunkt x da gelegen hat öffentliche Daten sind sollten wir uns damit befassen, ob wir diesen Teil der Digitalisierung mit gestalten wollen. Wenn die Kommunen jetzt dazu übergehen, die Daten für viel Geld in Eigenregie und “ohne uns” zu erheben, wenn sie dann unterschiedlich damtít umgehen, sie Vertrauliche und öffentliche Daten zusammen in Ihre Datenbanken schreiben, dann bekommen wir die Daten dort nicht mehr raus und haben IMO eine Chance vertan, ein Stück Open-Data umzusetzen.

Wie ich es oben beschrieben habe, Wien als Vorbild in meinem Projekt.

Ich stimme Dir insofern zu, dass “wir” uns überlegen bzw. auch entscheiden sollten, welche Daten man in OSM stehen haben will. Aber ich sehe eben auch eine Synergie und ein Zeitfenster, sich mit der Erfassung der Geodaten auseinander zu setzen. Wenn die Gelder erst einmal in Richtung einzell-Erfassung fließen und es keine Absprachen gibt, dann wird man die Daten nicht so leicht wieder heraus bekommen. Und aus dem Blickwinkel von Open-Data fände ich allein den Verlust der öffentlichen Geodaten (also auch ohne Namen und Geburts-/Sterbe-Datum) bedauerlich.

Vielleicht könnte man auch die Datenbank Find a Grave dazu nutzen.

Viele Grüße
Sinuhe20

Nein, ich nehme keine Wertung vor, sondern äußere meine Meinung zu dem Thema, was ja der Sinn einer Diskussion ist. Manche Fragen sind rein sachlicher Natur, andere beinhalten auch eine ethische Komponente. Man kann zu beidem eine persönliche Meinung haben.

Das ist absolut korrekt. Und ich habe einen Beitrag zu eben dieser Diskussion geleistet, nicht mehr und nicht weniger.

Ich habe mir die Wiener Seite angeschaut und denke, es ist einzig die Entscheidung jeder Stadt/Gemeinde, ob sie eine solche Seite bereit stellen wollen. Zu der Frage, ob diese Daten in OSM eingepflegt werden sollten, ist meine Meinung, dass OSM nicht die richtige Plattform dafür ist, wie zuvor begründet.

Ohne Namen und persönliche Daten bliebe nur noch die Information übrig, dass sich auf den Koordinaten xyz eine Grabstelle befindet. Das ist der Normalfall auf jedem Friedhof. Welchen Mehrwert beinhaltet die Information, dass sich auf einem Friedhof Hunderte oder Tausende von Grabstellen (mit den jeweiligen Koordinaten) befinden? Wäre das nicht mit dem Ansinnen vergleichbar, in einem Wald jeden einzelnen Baum mit seinen Koordinaten zu erfassen?

Wie auch immer, ich denke, das Thema ist nicht so ganz trivial … da wäre ein Proposal sicher angemessen.

Ich kann dir da nur in vollem Umfang zustimmen. Das Aufbauen von Insellösungen, die oft auch noch proprietär sind, ist ein Grundfehler der Digitalisierung in deutschen Behörden. Wenn OSM einen Beitrag leisten kann, diese Tendenz etwas zu verringern, bin ich persönlich absolut dafür.

Relevanzkriterien gibt es in OSM eigentlich nicht, solange es sich um vor Ort überprüfbare Daten mit einer gewissen Lebenszeit handelt. Insofern fände ich auch das Mappen einzelner Gräber ok, insbesondere wenn eine funktionierende Lösung für die Pflege der Daten existiert.

Warum “eigentlich”? Weil es eben doch einige in der Community gibt, die gerne welche hätten. Oder die das Erfassen der Daten z.B. wegen ihres Moralgefühls ablehnen. Und wenn du die Daten nicht von Hand erfasst, sondern per automatisiertem Mechanismus oder Import, musst du vorher die betroffene Community konsultieren. Das sollte zwar eigentlich primär dazu dienen, dass der Import ordentlich umgesetzt wird, aber du wirst bei dieser Gelegenheit trotzdem auch mit der genannten Kritik konfrontiert werden.

Womit sich OSM auch schwer tut sind verbindliche Entscheidungen. Gerade für so ein größeres Projekt hättest du ja vermutlich gerne vorher schon eine klare Zusage, dass das für OSM ok ist. Die ist aber leider aufgrund der eher chaotischen Communitystruktur nicht leicht zu bekommen.

Wegen dieser Faktoren denke ich, dass es auf jeden Fall nicht leicht wird, so ein Projekt mit OSM umzusetzen. (Auch die technischen Probleme müsstest du erst einmal lösen, aber das habe ich hier mal ausgeklammert.) Falls es eine andere geeignete Plattform gäbe, um das Ziel einer Open-Data-Veröffentlichung ohne Insellösungen zu erreichen, wären das Argumente, es dort zu versuchen. Ich befürchte aber, dass es da außer OSM vielleicht einfach nichts gibt. (Das genannte FindAGrave scheint mir leider proprietär zu sein.) Falls du es daher trotzdem mit OSM versuchen möchtest, hast du zumindest meine Unterstützung.