Zur Zeit debattiert die Gemeinschaft intensiv über eine rechtlich einwandfreie Umsetzung des Lizenzwechsels. Hauptproblem ist dabei das Urheberrecht. Urheberrechtlich geschützt sind allein persönliche geistige Schöpfungen, also keine einzelnen Punkte, Wege u.ä.
Der Changeset ist das einzige Objekt im OSM-Universum, dass alle Anforderungen für einen urheberrechtlichen Schutz erfüllt:
- Es stammt immer von einem einzigen Autor
- Es umfasst eine gewisse Schöpfungshöhe
- Es wurde mit großem persönlichen Aufwand erstellt.
- Es umfasst keine unveränderten Daten eines fremden Autors.
Alle übrigen Objekte des OSM-Universums sind immer von einem Changeset abgeleitet und deshalb als abgeleitetes Werk dieses Changesets zu betrachten. Wenn der Autor des Changesets dem Lizenzwechsel zugestimmt hat, so dürfen auch alle aus diesem Changeset abgeleiteten Werke (Nodes, Ways, Relations) unter dieser Lizenz veröffentlicht werden.
Changeset ok → alle darin enthaltenen Wege usw. ok
Der urheberrechtliche Schutz eines Knotenpunktes ergibt sich nicht aus dem Knotenpunkt selbst, sondern aus der Tatsache, dass er Teil eines Changesets und somit Teil eines urheberrechtlich geschützten Werkes ist. Würde man alle einzelnen Knotenpunkte wieder zusammenfügen, so ergeben sie ein urheberrechtlich geschütztes Werk, nämlich das Changeset.
Node → Urheberrecht gebührt dem Autor, der den Node auf seine jetzige Position verschoben hat
Way → Urheberrecht gebührt dem Autor, der diesen Weg zuletzt bearbeitet hat
Relation → Urheberrecht gebührt dem Autor, der diese Relation zuletzt bearbeitet hat
Was ist mit der Versionsgeschichte? Die Versionsgeschichte ist zunächst einmal ein Vergleich zwischen unterschiedlichen Objekten aus Changesets von unterschiedlichen Autoren, die jeweils das Urheberrecht an ihrem Changeset und demzufolge auch an ihrem Objekt (z.B. v2) besitzen. Die Versionsgeschichte hat eher einen praktischen Nutzen als einen rechtlichen Híntergrund. Wenn eine Stadtverwaltung 10.000 Knotenpunkte spendet und 500 Knotenpunkte später von Freiwilligen ersetzt werden, dann möchte die Stadtverwaltung gerne nachvollziehen, wo diese Knotenpunkte geändert wurden. Dazu dient die Versionsgeschichte. Gemäß Vertrag darf die Stadtverwaltung diese 500 Objekte, deren Urheberrecht nach wie vor dei den Erstellern liegt, in ihre Datenbank übernehmen und besitzt dann die Rechte an dieser Datenbank. Die Stadtverwaltung hat aber kein Recht, ein Urheberrecht an den Changesets zu beanspruchen oder deren Weiterverbreitung zu untersagen.
In der Regel kann man davon ausgehen, dass der im Changeset genannte Bearbeiter eines Objektes auch der Inhaber der Urheberrechte ist. Es gibt Ausnahmen, beispielsweise das Entfernen des created_by tags, das keine Urheberrechte begründet. Da es sich bei der Datenerfassung um eine Zusammenstellung von Fakten handelt, gebührt das Urheberrecht allein demjenigen Mapper, der den jetzigen Zustand des Objektes im Rahmen eines Changesets herbeigeführt hat.
Ein Urheberrechtsstreit müsste also zunächst einmal (unabhängig vom Lizenzstatus) zwischen dem v2-Mapper und dem v3-Mapper geführt werden. Kann der v2-Mapper dem v3-Mapper die Erstellung eines Changesets untersagen? Wohl kaum? Kann der v2-Mapper einwenden, dass die v3-Version sich nicht von der v2-Version unterscheidet? In diesem Fall müsste die urheberrechtlich belanglose Bearbeitung aus dem Changeset entfernt und einem anonymen Bot übertragen werden.
Die Changesets sind so angelegt, dass unveränderte Objekte nach wie vor dem ursprünglichen Ersteller zugeschrieben werden. Das könnte im Einzelfall dazu führen, dass ein Lizenzbefürworter den Weg eines Lizenzgegners bearbeitet, dessen Knotenpunkte aber unverändert lässt. In diesem Fall würden die aus dem Changeset des Lizenzgegners abgeleiteten Knotenpunkte automatisch gelöscht werden, so dass der Weg schlimmstenfalls zum Null-Punkte-Weg reduziert wird. Die Eigenschaften des Null-Punkte-Weges - man könnte ihn künstlich durch Einfügung von Mittelwerten zum Vier-Punkte-Weg umgestalten - werden nach wie vor vom Changeset des Lizenzbefürworters abgeleitetet und dürfen daher in die neue Datenbank übertragen werden.
Die Changesets sind die einzigen Objekte, die zweifelsfrei in sichere und unsichere Objekte aufgeteilt werden können. Ein urheberrechtlicher Anspruch ergibt sich allein aus dem Changeset, nicht aus der Versionsgeschichte. Jeder, der etwas anderes behauptet, kennt die Grundprinzipien des Urheberrechts (“individuelle Leistung” und “Schöpfungshöhe”) nicht.
Deshalb möchte ich die OSMF ausdrücklich auffordern, alle aus meinen Changesets abgeleiteten Werke unter beiden Lizenzen (CC und ODbL) zu veröffentlichen.
Auch bei den Changests gibt es rechtlich umstrittene Grauzonen. Hat ein Changeset mit einem Knotenpunkt ausreichend Schöpfungshöhe, um urheberrechtlich geschützt zu sein? Genießen Teile eines Changesets (z.B. 10%) urheberrechtlichen Schutz? Sind kleinere (Rechtschreib-)Korrekturen urheberrechtlich geschützt?
Ein Generalverdacht gegen alle Mapper ist jedenfalls nicht angebracht, zumal sich die gesamte Tätigkeit mit Hilfe der Changesets nachvollziehen lässt. Deshalb hoffe ich, dass der Lizenzwechsel, wenn er denn kommt, auf der Grundlage der Changesets und nicht auf der Grundlage der Versionsgeschichte erfolgt. Aus der v1 ergibt kein urheberrechtlicher Anspruch auf ein Vetorecht gegen die Relizenzierung aller zukünftigen Versionen nach dem Motto “ich habe die Mönckebergstraße in Hamburg erfasst und jeder, der in Hamburg noch einmal eine Mönckebergstraße einträgt, wird von mir wegen Verstoß gegen das Urheberrecht abgemahnt!” Stattdessen dürfte in diesem Fall das aus dem v2-Changeset abgeleitete Objekt rechtlich einwandfrei weiterverwendet werden.
Nicht nur für die OSMF, sondern auch für zukünftige Forks ist es ungemein wichtig zu erfahren, unter welchen Bedingungen die alten Daten aus der CC-Datenbank weiterverwendet werden können.
Gruß FK270673