De jure vs. de facto

Grade mal nachgeschaut, die Krim ist in OSM noch in der Ukraine. Soso, on the ground Regel, aber nur, wenn es ins Weltbild passt, sonst spielt man die “von den meisten Staaten anerkannt” Karte. Oder liefert Nominatim mir ein anderes Ergebnis, wenn ich von einer russischen IP komme?

UPDATE: Evtl. ist die Krim in OSM auch sowohl in der Ukraine als auch in der Russischen Föderation, so ganz genau kann ich es am Handy und mit schlechter Internetverbindung derzeit nicht feststellen. Das allerdings wäre dann ein Widerspruch zur o.g. Erklärung der OSMF, dass man grundsätzlich nur eine Grenzversion haben will. Nominatim sagt mir jedenfalls, die Krim liege in der Ukraine, und dass dort die Russen Defakto die Kontrolle haben, wird wohl niemand bestreiten wollen. Übrigens schon seit 4 Jahren.

In OSM ist beides eingetragen. Gehört vollwertig zur Ukraine und zu Russland.
Ist imho nicht korrekt, da es nicht den Tatsachen entspricht. Russland übt dort die Kontrolle aus und die Ukraine könnte noch nicht mal nen Strafzettel dort zustellen. Das wird sich auch nicht mehr ändern.

Letztens wurde hier ein Mitschnitt/Interview vom SWR2-Radio gepostet, wo auch ein OSM-Vertreter anwesend war. “Vollmundig” wurde da aller Welt die “on the ground”-Regel erklärt und zwar genau am Beispiel Krim und dass diese de facto Russland sei, da ja vor Ort russische Soldaten seien und russische Gesetzgebung gelte. Ist ja korrekt, aber dann bitte nicht nur sowas in Radio-Interviews behaupten, sondern auch in OSM umsetzen. Gerade, wenn es sich um das “Paradebeispiel” der “on the ground”-Regel handelt.

Es sollte unbedingt eine de jure/de facto Regelung her, um sowas zu klären.
Und ja, es gibt de jure-Ansprüche, die sind völlig aus der Luft gegriffen. Die können dann auch gerne gelöscht werden. Es gibt aber auch Ansprüche, die bestehen seit Jahrhunderten und haben teilweise starke Implikationen auf das Leben der Leute in den betroffenen Ländern. Das lässt sich relativ leicht überprüfen.

Vermutlich war das mit der Krim ein Kompromiss im Edit-War zwischen den Mappern beider Seiten. Es sollte auf jedenfalls eine Erklärung hin, damit ein unbedarfter Tourist nicht plötzlich an einer grenze steht.
@dieterdreist Was für ein Weltbild soll es denn bei einer weltweiten Karte geben. Die Russen mappen genauso wie wir hier. Vielleicht einfach mal den Kopf frei von Vorurteilen machen.
PS. Bitte eine sinnige Überschrift

Wenn sich die Erwartungen an Vektor-Tiles zumindest ansatzweise bestätigen, kann jeder die"Wahrheit" sehen, die er sehen möchte. Die verschiedenen Namen werden ja oft als Beispiel angeführt. Wenn man noch die in der jeweiligen Blase für richtig befundenen Grenzen darstellen würde, wäre das eigene Weltbild perfekt bestätigt. Nur sollten diese alternativen Grenzdaten dann auch in OSM vorhanden sein. Ein wenig schwierig ist vermutlich noch das nicht an die multiplen Wahrheiten angepasste Tagging-Schema von Grenzen. Momentan gibt es ja -um beim Beispiel Krim zu bleiben- nur die Maximalforderung beider Staaten aber nicht die russische Version der ukrainischen Grenzen und vice versa.

Theoretisch wäre ein tagging-Schema für de jure/de facto gar nicht notwendig, da die OSM-Regeln (oben von @wambacher verlinkt) ziemlich eindeutig sind → Es gilt bei OSM die de facto-Grenze.

Leider sind Menschen nunmal Menschen und die OSM-Mapper gehören halt auch zu dieser Spezies. :slight_smile: Also führt das aktuelle Schema, das wie du so schön beschrieben hast nur die Maximalforderungen erfüllt, zu Edit-Wars. Oder zu inkonsistenten Daten, wenn man die perfekte Admin-Boundary-Welt als Ziel sieht, wo sich alle Grenzen perfekt aneinander schmiegen.

Um dem Umstand gerecht zu werden, dass die Menschen/Mapper auch ihre feuchten, politischen Träume erfüllen können, was sie sonst auf realen Karte tun würden und aktuell auch tun, halte ich eine Erweiterung des Schemas für angebracht. Selbst ein ukrainischer Mapper kann nicht leugnen, dass die Krim de facto zu Russland gehört bzw. von Russland kontrolliert wird. Aber er hätte die Möglichkeit für sich eine de jure-Karte zu erstellen und die entsprechend für sich zu rendern. Und wenn der kroatische Mapper unbedingt eine Karte mit dem Grenzverlauf entlang der alten Donau haben möchte, dann kann er auch das tun. Auch bei unserem Fall mit Holland kann dann die “neue” Grenze entsprechend dem Staatsvertrag als gültige Grenze eingezeichnet werden. Der Anspruch auf die beiden alten Grenzen wurde in dem Vertrag ja nicht zurückgenommen, somit könnten die dann weiter in der Datenbank bleiben, würden aber nicht mehr auf der Standardkarte gerendert.

Ich finde, dass das eine Lösung ist, die es sehr gut ermöglicht, die OSM-Prinzipien durchzusetzen und gleichzeitig den Menschen nicht vor den Kopf zu stoßen und Edit-Wars und schlechte Stimmung verhindert.
Edit: Auch OSM als “Instanz” selber könnte dadurch seine neutrale Position viel besser behaupten, da niemand OSM eine Positionierung für eine bestimmte Seite vorwerfen kann.

vermutlich war es ein Kompromiss, aber eben keiner, der der Erklärung der OSMF entspricht, dass im Zweifel die Situation on the ground Vorrang hat, und dass man nur eine Grenzversion haben wolle. In jedem Konflikt wird man abwägen müssen, ob man de-jure oder de-facto bevorzugen will, und wenn man das jedesmal individuell macht, kann man sich Grundlagenpapers prinzipiell sparen.