Bringt der EuGH die ODbL in die Bredouille?

Liebe Mapper!

Wie die meisten von Euch ja mitbekommen habe, hat der EuGH kürzlich (nach Jaaaahren) bestätigt, dass (topographische) Karten - auch in gedruckter Form - analoge Datenbanken nach §87a (1) UrhG darstellen. Das OLG München hat dies bereits vor Jahren für eine TK25 entschieden, andere Gerichte und einige Publikationen sahen das anders.

Zum Hintergrund: Problem war - ähnlich wie damals bei CC-BY-SA - dass nicht alle gesammelten Daten einer Schöpfungshöhe entsprechen. Einige Gerichte meinten, dass das stumpfe Abdigitalisieren von Luftbildern einfach nicht kreativ genug ist, weil es ja nicht etwas ist, was nur wenige Menschen beherrschen (sonst gäbe es OpenStreetMap vermutlich überhaupt nicht). Aus diesem Grund hat OSM ja damals mit der ODbL die Daten abgesichert. Dies wurde nun für gedruckte Karten bestätigt - die Einführung einer Datenbanklizenz hat also Sinn gemacht.

Da das EuGH die höchste Instanz ist und die Frage vom Bundesgerichtshof (BGH) kam und schlussendlich die Richtline 96/9/EG im UrhG manifestiert sind, ergibt sich ein Problem für die ODbL.

Die ODbL kennt drei Arten von Dingen, die man aus den OSM-Daten machen kann (öffentlich oder nichtöffentlich lasse ich jetzt mal weg):

  1. eine abgeleitete Datenbank (derived database): z.B. eine osm2pgsql-Datenbank
  2. eine Sammeldatenbank (collective database): OSM-Daten in einer Tabelle, properitäre Daten ein einer anderen Tabelle
  3. ein Produkt (produced work): eine gedruckte Karte, ein T-Shirt oder ein Tattoo.

Gemäß Interpretation in den OSMF Community Guidelines, handelt es sich bei einer gedruckten Karte um ein “produced work”. Problem ist nun aber, dass unser höhstes Gericht entschieden hat, dass (topographische Karten) nun auch Datenbanken sind und zwar genau in dem Sinne, in dem es die ODbL schützen will. Huch. Verdammt.

Hier die Definition aus der ODbL:

Meiner Meinung nach muss die ODbL an einer Stelle nachbearbeitet werden.

Grüße
Tobias

Nachtrag:
Ich habe die inoffizielle deutsche Übersetzung an dieser Stelle nicht eingepfügt, da diese von einem “Werk” spricht. Der Begriff “Werk” ist im deutschen Urheberrecht jedoch mit einer Schöpfungshöhe versehen. Die reine Darstellung von OpenStreetMap-Daten würde sicherlich nicht Charakter eines Werkes entsprechen, ein stilisiertes Tattoo wohl eher. Darüberhinaus gibt es aber den Begriff eines “Datenbankwerks”. Das Datenbankwerk wurde ebenfalls von der ODbL nicht beachtet, sondern nur indirekt in den OSMF Community Guidelines behandelt - es soll aber nicht Bestandteil dieser Diskussion werden.

Welche Konsequenzen ergeben sich deiner Meinung denn daraus?

Gruß Klaus

Das dürfte auf jeden Fall einiges an Diskussion nach sich ziehen.

Wobei es immer noch die Frage ist, ob das Urteil es notwendig macht, etwas an der Definition bei OSM zu ändern.

Das Urteil ermöglicht es dem Copyrightinhaber definitiv, eine unerwünschte Wiederverwendung einer Topokarte zu unterbinden.

Die Frage ist ob OSM dennoch für Produced Works aus seinen eigenen Daten eine freizügigere Interpretation ansetzen darf. Die nächste Frage ist, ob dieses Urteil automatisch für alle bestehenden Datenbanklizenzen wirkt. Nach meinem Verständnis gelten Urteile für den konkreten Fall und machen es sehr wahrscheinlich daß eine entsprechende Klage in einem anderen Fall Erfolg hat. Aber solange niemand versucht etwas einzuklagen laufen bestehende Vereinbarungen und Interpretationen weiter.

Ansonsten wäre der ganze Sinn des Lizenzwechsel zur Trennung von Produced Work und Daten hinfällig und wir können den nächsten Lizenzwechsel durchführen. Brrr, grausige Vorstellung.

bye, Nop

Das habe ich in Legal Talk quasi auch gerade gefragt. Ich kann es nicht abschätzen und so sieht es auch die Kommentarliteratur. Viele dort sehen die Entscheidung übrigens als Fehler an.

Im Grunde ist eine gedruckte Karte ja jetzt eine “derived database” und kein “produced work” mehr. Da der EuGH davon ausgeht, dass man einzelne Elemente aus der gedruckten Karte entnehmen kann, würde dann analog für die ODbL gelten, dass auch eine “collective database” möglich sei - also eine Sammeldatenbank.

Das Schlimme daran ist, dass man die “Horizontalen Layer” der OSMF damit untergraben könnte. In der ODbL steht nämlich unter 4.5:

Man erzeugt ja jetzt kein Werk mehr, da die Karte laut unser höchsten Gesetzesinstanz eine Datenbank ist. Im schlimmsten Fall ist diese Regelung im Rahmen der salvatorische Klausel ungültig.

Du säumst das Pferd falschrum auf. Das war ja keine Neuregelung vom EuGH - also keine neue Direktive, sondern eine Bestätigung. Der BGH hat (bereits vor Jahren) beim EuGH angefragt, ob gedruckte Karten auch unter die Datenbankschutzrichtline fallen. Der EuGH hat dies bestätigt. Also war es von Anfang an und nicht nur für neue Datenbanken so. Habe meinen einführenden Post überarbeitet, danke.