$575,000 Investment für OpenStreetMap

Wohlgemerkt steht gleich unter der Schätzung auch der Hinweis, daß das verwendete Kostenmodell für OS-Projekte eher ungeeignet sei.

Weiteres Hintergrundmaterial zum Lesen: Pressemitteilung der Knight Foundation zur Preisvergabe. Aus der ausführlicheren Beschreibung geht eindeutig hervor, daß das Geld an Development Seed geht, und (implizit) daß OSM/OSMF nichts damit zu tun hat. In der kürzeren Zusammenfassung

liegt der Schwerpunkt auf OSM (bekannt aus Foursquare…?), während der eigentliche Preisempfänger Development Seed nur ganz am Ende erwähnt wird. Da könnte schon der Eindruck entstehen, OSM habe mit dem Vorhaben zu tun, was (bisher) nicht der Fall ist.

Der ursprüngliche Förderantrag liegt ebenfalls vor. Demnach geht es v.a. um die Entwicklung eines neuen Editors für “average citizens”, “task management tools” (wozu auch immer der “average citizen” derlei brauchen mag) und einfacheren Zugriff auf OSM-Daten.

Interessant ist, daß stets die Rede von Development Seed, nie von Mapbox ist. Das genaue Verhältnis der beiden ist mir unklar (abgesehen davon, daß president/CEO und Mitarbeiter auffällig identisch sind). Mag sein, daß “Development Seed” weniger kommerziell klingt und daher größere Förderaussichten eröffnet. In externen Artikeln wie “OpenStreetMap gets first major funding from Knight News” ist es genau umgekehrt, hier wird werbewirksam Mapbox genannt. Im genannten Artikel finden sich auch folgende Aussagen:

wo ich mich frage, ob das uneingeschränkt willkommen sein wird, wenn Mapbox die bestehende OSM-Website nach den eigenen Vorstellungen umkrempeln will. Auch

(aus dem Förderantrag) kann ich auch nicht wirklich nachvollziehen. Das scheint, wenn es tatsächlich geschieht, nicht über die öffentlichen Kanäle zu laufen - und angesichts der überraschten Reaktion auch führender OSM(F)-Mitglieder selbst bei denen nicht angekommen zu sein.

Aber ansonsten müssen wir wohl wirklich abwarten. Wenn am Ende tatsächlich ein Editor herumkommt, der hilft, Anfänger stärker an OSM zu binden [1], wäre das bei aller derzeitigen Skepsis gegenüber der bisherigen Vorgehensweise und Selbstdarstellung sehr begrüßenswert. Angekündigt sind erste Ergebnisse (s.o.) für das kommende Frühjahr.

[1] Zur Erinnerung: die aktuelle Situation sieht eher mau aus. Im zweiten Monat ihren ersten Bearbeitung nehmen nur 10 % der Anfänger mindestens eine weitere Bearbeitung vor, im sechsten Monat 5 %. Und diese Zahl bezieht sich nur auf diejenigen, die nach der Anmeldung mindestens ein Changeset aufgemacht haben - bekanntlich nur ein Bruchteil der im Förderantrag natürlich auch wieder erwähnten hunderttausenden vermeintlichen Mapper.

OT: ich halte das etwas für ein Irrweg. Einerseits ist es ja so, dass wir vermutlich “best of class” sind, sprich wir haben gar kein so schlechtes Verhältnis zwischen Anzahl Konten und aktiven Mappern, anderseits bringt es mindestens volumenmässig gar nichts wennn jetzt die 90’000 oder so Mapper die fast nichts gemacht haben, noch einen weiteren POI mappen, dass enspricht dann ein Nachmittag eines französichen cadastre Importeurs.

Was wir erreichen sollten, ist dass die Anzahl der “Senior Mappers” sich erhöht und ich vermute, dass wird vorallem durch geographische Expansion passieren. Noch so ein einfacher Editor wird da wahrscheinlich nichts bringen, denn die “Senior Mappers” sind die Leute die OSM zu einem ihrer ernsthafteren Hobbies gemacht haben und die können auch mit einigen Unzulänglichkeiten leben.

Und für die Sachen die wir von den Millionen von Leuten da draussen wollen, nämlich Adressen und ev. POIs ist alles was auch nur Editor ähnlich ist vermutlich schon eine Grössenordnung zu kompliziert.

Simon

Hallo Simon,
ich denke beides ist sehr wichtig. Zum einen braucht es die Heavy-Mapper, die man wohl kaum durch einen weiteren Anfänger-Editor gewinnt. Zum anderen braucht es aber auch gute Tools für Leute, die das nicht können/wollen/können wollen. Die einfach nur sagen, hier ist noch eine Tankstelle, oder die Tankstelle gibts nicht mehr, oder oder oder. Also alles, was mit dem aktuell halten der DB zutun hat.

Volumenmaessig bringt es vielleicht wirklich nicht viel sodas ein Importeur schnell mehr nodes anlegt. Es ist aber nicht das Volumen was hier wichtig ist sondern die Qualitaet, denn es sind die Stunden die diese Mapper durch die Staedte oder Doerfer laufen bis Ihnen auffaellt das ein POI der in OSM ist inzwischen geschlossen hat oder umbennant wurde oder das in dem gut gemappten Gebiet ein Hundekottuetenspender vergessen wurde.

Gerade die Datenpflege benoetigt wesentlich mehr Mapper als die erstmalige Erfassung und das ist wo die vielen “nicht senior Mapper” wichtig sind die es nicht als “vollzeit Hobby” betreiben, sondern einfach den Fehler der in Foursquare oder Craigslist, oder im Bayernatlas, oder in ihrem Navi oder … zu sehen ist beheben wollen da es sie stoert.

Das duerfte vermutlich in etwa 5 Entwickler / Designer Jahren entsprechen. Wenn davon ein guter Bruchteil in die Verbesserung der osm.org Seite gesteckt wird, zum Beispiel um ein leistungsfaehige Version von OpenStreetBugs zu entwickeln und integrieren, dann waere das im Verhaeltnis zu der derzeit in die Entwicklung von osm.org geschteckte Zeit eine signifikante Menge.

Nun ja, mancher fängt klein an und arbeitet sich dann zum “Senior Mapper” hoch. Wenn jemand ein paar Wochen lang immer wieder einmal mit einem Kindereditor Dinge einträgt, besteht zumindest die Chance, daß er irgendwann zum “Senior Mapper” mutiert. Wenn er gleich nach Tag 0 wieder aufhört, nicht.

Unglücklicherweise ist das nur eine Vermutung - ebenso wie die gegenteilige Hypothese, die Mapbox seinem Vorhaben zugrundelegt. Wirklich belastbare Erkenntnisse darüber, wie jemand zu OSM kommt, warum er bleibt bzw. wieder verschwindet oder wie man ihn zum “Senior Mapper” anfixt, gibt es meines Wissens nicht. Vielleicht hätte man vor der Entwicklung eines neuen Editors an diesem Punkt ansetzen sollen. (Böse Zungen könnten nun einwerfen, daß Mapbox sein Geld mit Software verdient und nicht mit Nutzerbefragungen.)

Auch Richard Fairhurst bastelt an einem neuen Noch-Einfacher-Editor namens iD (der ganz anders sein soll als Potlatch, nach meinem Empfinden aber genauso aussieht): http://www.geowiki.com/iD/ Ob es nun gleich zwei solche Editoren braucht, wenn schon der Nutzen von einem nicht sicher ist, sei mal dahingestellt. Erweckt aber ein wenig den Eindruck, daß Mapbox sein “Drittmittelprojekt” primär an den eigenen Fähigkeiten und weniger am tatsächlichen Bedarf seitens OSM ausgerichtet hat.

Moeglicherweise ist hierzu die derzeitige Diskussion auf der OSMF Liste interessant [1]. Dort planen einige eine “Welcome Wagon Working Group” die sich mit dem Thema beschaeftigen soll: was motiviert Leute an OSM teilzunehmen und wie kann man diese ueberzeugen “Senior Mapper” zu werden. Dazu werden wahrscheinlich auch Nutzerbefragungen zaehlen.

“Goals:
Test, record and learn what works best to encourage responsible
mapping in new mappers. Test, record and learn what non-mapping
social interactions improve mappers and mapping.”

Mal sehen ob und was daraus wird und ob man die Lehren die man daraus zieht umsetzen kann. Ein Hauptaugenmerk wird vermutlich auf verbesserter “sozialer Interaction” liegen (desshalb auch der Name “Welcome Wagon”) aber ein paar Dinge bezueglich Editoren faellt moeglicherweise auch davon ab.

[1] http://lists.openstreetmap.org/pipermail/osmf-talk/2012-September/001767.html

Moin Oli,

so sehe ich das auch und darum denke ich auch dass so etwas wie YAPIS noch einiges an Potential hat. Aus irgendwelchen Gründen wird es aber von der obersten Heeresleitung völlig ignoriert. Aufzählungen an Tools kennen immer nur die üblichen Verdächtigen. Hier könnte ich mir etwas Unterstützung wünschen und das kostet nicht mal was.

LG,

-moenk

Editor usage stats kennt ein paar Verdächtige mehr. Leg eine Wikiseite an, dann spendiere ich der Tabelle einen Link :wink:

Eigentlich nicht, denn es ist ein Tatsache, dass wir diese Senior Mappers haben, trotz den noch viel grottigern Editoren die wir früher hatten :slight_smile:

Simon

Glücklicherweise bin ich erst 2010 dazugekommen, als JOSM schon beeindruckend ausgereift war… Die Aussage zur Vermutung bezog sich aber in erster Linie auf den ersten Halbsatz:

oh, Oli. Vielen Dank für Deine Recherche (Post #21). Fand ich sehr gut.

Also die scheinen schon loszulegen. Ein Programmierer aus Polen, der eine für sie scheinbar interessante Funktion geschrieben hat, wurden von denen kontaktiert. Dabei kamen wir auf die Lizenz von Potlach zu sprechen. Potlach2 steht unter WTFPL (Do What The Fuck You Want To Public License) und hat es damit in die englische Wikipedia geschaft.

Aber klar, Beerware wäre bei so vielen Nutzern auch ungesund. Irgendwo im OSM Universum hab ich die neulich gesehen.

Was es nicht alles gibt

Es gibt eine erste Äußerung von Mapbox: Ein Blogpost zählt auf, was sie vorhaben. Nach einer Wiederholung der Oberbegriffe (Bearbeitung, Soziales, Datenzugriff) aus der ursprünglichen Ankündigung folgen Beteuerungen (offen, offen, offen) und schließlich was konkretes: sie wollen zunächst die API verbessern. JSON-Format, Filterung und “eine Taginfo-artige API für häufig gebrauchte Tags” sind die Stichworte. Ziel dabei ist, daß die Entwicklung von (spezialisierten) Editoren einfacher werden soll. Auf osm-dev wurde ihnen direkt vor Augen geführt, daß derlei teils schon existiert bzw. das Vorhaben mit größeren Schwierigkeiten verbunden ist als man bei Mapbox offenbar denkt.

Mein Eindruck verstärkt sich, daß Mapbox (bzw. Development Seed, wer auch immer) sich einfach mal ein paar Ziele ausgedacht und dafür die Mittel eingeworben hat, unabhängig vom tatsächlichen Bedarf. Ob, wie von Mapbox gewünscht, die Entwicklung neuer Editoren durch eine “bessere” API wesentlich einfacher wird, bezweifle ich. Das Hoch- und Herunterladen, also die Interaktion mit der API, ist ja fast noch der einfachste Teil der Aufgaben eines Editors.

Jups sehe ich ähnlich. Klar wäre ein wirklich guter aber simpel gehaltener Potlatch2-Nachfolger eine prima Sache. Nur dafür müsste sich ein Flash-Profi mal mit ein paar OSM-Profis und Einsteigern (“was mich an P2 stört, ist”) hinsetzen und loslegen. Mobile Editoren gibt es ja zu Hauf, aber die probieren für meinen Geschmack einfach zu viel abzudecken, was auf kleinen Displays einfach nicht hinhaut. Das einfache Ergänzen von Eigenschaften und vlt. noch das Anpassen von Geometrien ist ok, aber keiner will doch ein Gebäude mit nem Smartphone ergänzen? Ein Foto machen, um es später mit JOSM auf dem Desktop zu ergänzen, wäre schon wieder praktisch.

Naja was solls, lasst sie mal machen, und ich gönne ihnen ja auch den Spass :slight_smile: Allerdings befürchte ich, das für unsere gesammte Community, ähnlich wie beim GSOC nicht soooo viel dabei abfällt.

iD (in JavaScript): http://www.geowiki.com/iD/
Soll allerdings nicht P2 ersetzen, sondern ein weiterer Editor unterhalb von Potlatch werden.
Edit: Nach neuerer Lesart ist iD wohl doch ein Potlatch-Ersatz, da das Aussterben von Flash absehbar ist.

Auf osm-dev hat Andy Allan vorgeschlagen, Mapbox möge an P2 mitzuarbeiten. Mapbox scheint dafür zumindest aufgeschlossen - aber Flash-Profis sind das eben auch nicht (“lack of any experience in Flash & Flex”).

Ich gönne Mapbox den “Spaß” nur bedingt. Im Moment ist noch überhaupt nicht abzusehen, ob am Ende ein praktischer Mehrwert für OSM entsteht, der in einem halbwegs angemessenen Verhältnis zur Fördersumme steht. Wenn ja, prima, und das Geld der Knight Foundation ist sinnvoll angelegt. Falls aber nicht, ist das sehr ärgerlich. Klar kann man sagen: egal, ist ja nicht unser Geld. In gewissem Sinne ist es das aber doch: die Knight Foundation finanziert zwar technische Leistungen durch Mapbox; letztlich geht es aber darum, OSM voranzubringen - und nicht (nur) eine Firma zu alimentieren.
Immerhin sucht Mapbox inzwischen gezielt Input von den OSM-Entwicklern, wo diese gerne Hilfe hätten - das läßt hoffen.

Und genau daran - iD - will Mapbox sich erst einmal beteiligen: http://mapbox.com/osmdev/2012/10/23/welcome/
Auf der SOTM-US wurde zusätzlich zu Meldungen von der dev-Liste eine Wunschliste zusammengetragen, von der früher oder später wohl auch noch das eine oder andere drankommen soll (Links ibid). Unnütze “Verbesserungen” der API hat man ihnen offenbar erfolgreich ausgeredet. Dafür soll aus iD eine JavaScript-Bibliothek, die dann auch von anderen Editoren genutzt werden kann, abgespalten und darauf dann der eigentliche Editor aufgesetzt werden (siehe das ebenfalls bei Mapbox verlinkte Posting von Richard Fairhurst).
All das scheint mir nun weit sinnvoller als die ersten Verlautbarungen, nach denen Mapbox scheinbar einfach mal ins Blaue entwickeln wollte.

Also scheint sich das doch langsam in die richtige Richtung zu bewegen.

Möglicherweise, früher hatte man auch über die Übersetzung von Potlatch2 (ActionScript 3) in JavaScript nachgedacht:
http://www.jangaroo.net
Ob diese Überlegung zugunsten von iD verworfen wurde, ist mir nicht bekannt.

Gruß,
Mondschein